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Scheidung auf Bayerisch

Gabriele Pauli ist auf der Suche nach mehr Liebesfreuden in der Ehe durch Zeitlimit. Denn geht es nach ihrem Willen, soll schon nach sieben Jahren Schluss sein in der Ehe. Grund: Eine befristete Ehe spare Scheidungskosten. Doch halten Ehen heute überhaupt so lange?, muss man sich fragen. Und wenn sie keine sieben Jahre halten, steckt dann hinter der Ulk-Nummer von Pauli gar eine urkonservative Strategie für eine langfristige Ehe?

Von Arno Orzessek |
    Von Frau Doktor Pauli, der Ehrensenatorin der Karnevalsgesellschaft Blau-Rot Unterasbach, hören wir immer gern etwas Neues. Der Verdacht, dass die Karriere der Ducati-Fahrerin keinem politischen Drehbuch, sondern grellen Prinzipien der Selbstvermarktung folgt, steigert diese Neugierde immens. Am politischen Aschermittwoch von Stoiber-Anhängern in Passau als "Hexe" geadelt zu werden, das hätte selbst die taffe Ursula von der Leyen nicht hinbekommen - nicht einmal, wenn sie ihre letztlich puritanischen Haare grellrot gefärbt und Karin Stoiber "Muschi" gerufen hätte, wie es Edmund Stoiber gern tut.

    Wenn nun Ursula von der Leyen ihre eigenen sieben Kinder zum Anlass genommen hätte, allen deutschen Frauen sieben Kinder vorzuschreiben, dann hätte das die gleiche Kohärenz gehabt wie Paulis Vorschlag, die Ehe auf sieben Jahre zu begrenzen. Man hätte sagen müssen: Ja, gut, irgendwie nahe liegend, so persönlich betrachtet, und im Sinne einer Übersprungshandlung sicher auch irgendwo logisch, aber - hmmm! - vielleicht doch etwas zu kurz gesprungen?

    Die CSU unter Stoiber, Waigel, Strauss usw. entbehrte eines postmodernen Moments, das erst mit Gabriele Pauli Eingang in die Parteigliederungen fand. Wir sprechen vom blanken Trash als Mittel politischer Publicity. Der selige Strauss war ein echt großer Gauner, aber auch als solcher strikt konservativ, krachledern, pascha- und patronmäßig. Pauli ist Latex, Pauli ist rosa Schminke, Pauli hält sich auf ihrer Homepage ein "Heldin"-Trikot vor die Brust und zeigt in unzählbaren Bildern, dass sie die schärfste 50jährige Bikerin dieser Hemisphäre ist. Wenn Pauli mal richtig antritt, dann stehen all die selbsternannten Querköpfe und Unangepassten des Polit-Betriebs plötzlich ziemlich seriös da.

    Ein Sieben-Jahre-Limit für die gute alte Ehe, aber noch mehr für die schlechte alte Ehe, und dann das sprichwörtlich verflixte siebte Jahr als Argument: Das ist Trash, das kommt rotzig, das ist Horror für die CSU, das könnte, wenn Pauli auf dem kommenden Parteitag nur eine Stimme zuviel erhält, bis nach Rom dringen. Und überhaupt würde man nach seinen neuesten Entartet-Ausfällen gern den Kölner Kardinal Meisner zu Pauli und wie sie die Ehe sieht befragen. Von der Performance wäre das ein perfektes Gegensatzpaar: Anfang und Ende des Christlich-Katholischen hierzulande – der Heiligste und die Sündigste.

    Natürlich wird die Ehe längst flexibler gehandhabt, als Gabriele Paulis Vorschlag suggeriert. Fast jede zweite Ehe wird geschieden, jedes Ehejahr kommt gerade recht für eine Scheidung. Leicht könnte sich Paulis Sieben-Jahre-Frist – jetzt mal ins Blaue der Verwirklichung gedacht – als ziemlich striktes Sittengesetz erweisen. Aber ob die CSU bis zum Parteitag wohl zu dieser Erkenntnis kommt? Wir bezweifeln es und freuen uns auf die politische Hinrichtung der Landrätin, wozu sie, bitte schön, ein tief ausgeschnittenes Jean-d'Arc-T-Shirt tragen möge.

    Im Gästebuch der Pauli-Homepage trug sich übrigens ein T. Alcatel mit der Bemerkung ein: "Inhaltlich ist [Ihr Vorschlag] natürlich totaler Schwachsinn, aber das Zeug, das Sie zuvor geraucht haben müssen, das war bestimmt prima."