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Scheinjournale
Wie Raubverleger der Open-Access-Bewegung schaden

Raubverleger veröffentlichen gegen Geld alles, und versehen dies mit dem Schein der Wissenschaftlichkeit. Eine Prüfung der Fakten findet allerdings nicht statt. Das hat auch Folgen für die Open-Access-Initiative, deren Ziel es ist, wissenschaftliche Publikationen für alle frei zugänglich zu machen.

Von Frank Grotelüschen | 22.07.2018
    Auf einem Laptop in Berlin ist die Internetseite des Online-Netzwerks ResearchGate zu sehen, aufgenommen am 29.03.2011. In dem größten Netzwerk für Wissenschaftler tummeln sich u.a. Biologen, Chemiker aber auch Philosophen.
    Researchgate ist ein soziales Netzwerk im Internet für Forscher aus allen Bereichen der Wissenschaft (picture alliance / dpa / Tobias Kleinschmidt)
    Fachartikel sind die Währung der Wissenschaft.
    Möglichst viele Artikel in möglichst renommierten Fachzeitschriften – so lautet die Voraussetzung für das Gelingen einer Forscherkarriere.
    Hinter den Zeitschriften stecken – ähnlich wie bei Publikumsmagazinen – Verlage. Deren klassisches Modell: ein Abonnement.
    "Es gibt die klassischen Subskriptions-Verlage, wo die Unis für den Zugriff auf die Inhalte von den Zeitschriften jährliche Subskriptionsgebühren, manchmal auch Lizenzgebühren bezahlen."
    Sagt von der Unibibliothek der TU Hamburg. Die prominenten Fachjournale NATURE und SCIENCE arbeiten nach diesem Modell.
    Fachjournale sind ein Kosternfaktor für Bibliotheken
    Aber: Die Abos sind teuer – für einen Titel muss eine Uni oft fünfstellige Jahresgebühren aufbringen.
    Und: Die Gebühren steigen.
    "Da muss man von Preissteigerungen zwischen fünf und zehn Prozent im Jahr sprechen."
    Nicht zuletzt deshalb etabliert sich ein anderes Geschäftsmodell – der Open Access, der offene Zugang. Die Idee: Die Fachartikel sind für alle frei im Internet zugänglich. Finanziert wird das meist dadurch, dass die Wissenschaftler bzw. ihre Institutionen für die Veröffentlichung zahlen, einige hundert bis einige tausend Euro an den Verlag. Doch weil der Artikel frei verfügbar ist, steigert er die Sichtbarkeit eines Forschers, sagt Martin Köhler, Leiter der Bibliothek des Forschungszentrums DESY in Hamburg.
    "Gerade in Forschungseinrichtungen erzeugen wir Wissen mit Steuergeldern. Und dieses Wissen sollte dann anschließend der Gesellschaft zur Verfügung stehen und nicht hinter Schranken, die monetärer Art sind, verschlossen werden."
    Wissenschaftliche Erkenntnisse, frei zugänglich für alle – eine Entwicklung, die viele begrüßen. Aber sie hat auch ihre Schattenseiten:
    "Da gibt es eben auch diese schwarzen Schafe, wo nicht immer ersichtlich ist, wie die Qualität der Zeitschrift ist."
    Sagt Thomas Hapke. Raubjournale, englisch Predatory Publisher, sind zwar Open-Access-Verlage.
    Raubverleger bringen Open Access Modell in Misskredit
    Doch anders als seriöse Anbieter erbringen sie nicht die erwartete Gegenleistung: Zwar verlangen sie Geld für die Veröffentlichung eines Fachartikels, meist einige hundert Euro.
    Doch gibt es bei ihnen in der Regel kein Peer Review – also keine Gutachter, die die Qualität eines Artikels prüfen und dadurch die Einhaltung wissenschaftlicher Mindeststandards garantieren.
    Diese schwarzen Schafe bringen die Open-Access-Bewegung in Misskredit.
    "Es gibt da schon eine gewisse Skepsis gegenüber Open-Access-Journalen, wie gut das Peer-Review generell ist."
    Diese Skepsis droht aufgrund der Praktiken der Raubverleger nun zuzunehmen, befürchtet Martin Köhler. Die Folgen für eine offene, allgemein zugängliche Wissenschaft könnten beträchtlich sein.
    "Ich fände es sehr schade, wenn die Problematik dazu führen würde, dass die Entwicklung, die wir im Augenblick im Open-Access sehen, daran Schaden nehmen würde."