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Scheitern nach Berliner und Leipziger Vorbild?

Das Versprechen, die Olympia-Bewerbung Münchens ausschließlich aus Sponsorengeldern zu finanzieren, wird de fakto schon lange nicht mehr gehalten. Der Bewerbergesellschaft wird ihr desaströses Kommunikationsgebaren zum Verhängnis.

Von Jens Weinreich | 18.07.2010
    Im Prinzip präsentiert sich München ähnlich ungeschickt wie einst die Bewerber aus Berlin (Sommerspiele 2000) oder Leipzig (Sommerspiele 2012). Nach zweieinhalb Jahren Bewerbungsphase, seit dem Beschluss der DOSB-Vollversammlung, darf man sagen:

    Das Kommunikationsgebaren der Bewerbergesellschaft und ihrer Gesellschafter ist desaströs. Die betroffenen Bürger werden kaum oder zu spät in die Diskussion einbezogen. Es herrscht Intransparenz im Umgang mit Steuermitteln: Öffentlich nachprüfbare Etats liegen weder für die Bewerbungsphase noch für eine eventuelle Olympia-Austragung vor. Nicht einmal Volksvertretern in den beteiligten Gemeindeparlamenten erhalten Einblick.

    Der "Wirtschaftsplan” der Bewerber GmbH, der laut DOSB-Präsident Thomas Bach auf der Gesellschafterversammlung in dieser Woche "einstimmig” und "einvernehmlich” erhöht und beschlossen wurde, ist ebenfalls nicht öffentlich.

    Die Finanzierungsfrage rückte erneut in den Mittelpunkt, nachdem GmbH-Geschäftsführer Willy Bogner von den Gesellschaftern eine Etat-Erhöhung gefordert und gewissermaßen auch mit seinem Rücktritt gedroht hatte.

    Ein kurzer Rückblick, denn am Anfang stand ein Versprechen. Abgegeben von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude im Sommer 2008:

    "30 Millionen, die man ja auch in Kinderkrippen und Kindergärten umrechnen kann, dürfen nicht aus Steuermitteln aufgewendet werden. Unser Ziel ist ja, den Betrag vollständig aus Sponsorengeldern zu decken. Das ist eine Möglichkeit auch für unsere Sponsoren, international aufzutreten. Und die Bereitschaft mitzumachen, ist selbst für mich erstaunlich groß."

    Oft genug wurde behauptet, die Bewerbung werde komplett privat finanziert. Noch ein Jahr später verkündete der inzwischen verabschiedete GmbH-Geschäftsführer Richard Adam kryptisch:

    ""Zunächst ist der Plan, dass wir diese 30 Millionen aus privaten Mitteln einwerben sollen. Und der Plan gibt aktuell keinen Anlass, von diesem Plan abzuweichen.”"

    Tatsächlich hält sich das Interesse von Sponsoren in Grenzen, weil die Firmen wissen, dass die Vermarktungsmöglichkeiten gering sind und die Politik mit Steuermitteln ohnehin alle Rechnungen zahlt. Das ist die olympische Realität, wie zuletzt auch in Berlin und Leipzig, wo Buchprüfer und Rechnungshöfe stets eine "Unkultur im Umgang mit öffentlichen Mitteln” und haarsträubende Vergehen der Bewerber rügten.

    Willy Bogner forderte 37 Millionen Euro und eine noch stärkere Unterstützung durch die Politik. Dabei alimentiert die Politik – in Gemeinden, Land und Bund – schon über viele Kanäle die Bewerbung. Direkt und indirekt, offen und verdeckt. Die Bewerbergesellschaft musste sich von den Gesellschaftern mehrfach Darlehen geben lassen, um das Tagesgeschäft zu finanzieren. Etliche Millionensummen tauchen in keinem Etat-Ansatz auf, wie etwa jene 1,5 Millionen für die Ski-WM im kommenden Jahr, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) im Bundestag so verteidigte:

    ""Im Sommer 2011 entscheidet das Olympische Komitee, ob die Olympischen Winterspiele 2018 in München, Garmisch-Partenkirchen und anderswo stattfinden. Und deswegen, ich sage: Und nur deswegen, weil die Veranstaltung exakt dort stattfindet, wo wir uns um die Olympischen Spiele bewerben, sind in diesem Fall diese Mittel gerechtfertigt und gut ...”"

    Nach der jüngsten Gesellschafterversammlung erklärte nun Christian Ude:

    ""Wir sind der Überzeugung, dass die Bewerbungsgesellschaft damit planen und arbeiten kann und dass es keine Beanspruchung der Steuerzahler gibt.”"

    Der Bewerber-Etat wurde von 30 auf 33 Millionen Euro erhöht. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) behauptete, es befänden sich einige Projekte "in der Pipeline”, um "Sponsorengelder zu akquirieren”. Es blieb offen, was gemeint war.

    Und der viel kritisierte Geschäftsführer Willy Bogner erklärte kleinlaut:

    ""Die Politik ist eine Kunst des Kompromisses, wir gehen jetzt dran, einfach noch zu schauen, wo wir diese vier Millionen einsparen können.”"

    Vielleicht beim Bewerbungsfilm, den Bogner selbst drehen will, und der ausgesprochen teuer werden soll – 2,2 Millionen Euro. Ein Bewerbungsfilm sorgte bei deutschen Olympiabewerbungen übrigens schon einmal für einen Skandal: In Berlin wurde der Millionenauftrag einst ohne Ausschreibung und ohne Controlling vergeben – per Handschlag.