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Scherben in der Kreislaufwirtschaft?

"Die Rohstoffe kommen, über verschiedene Trichter und über diese Scherbenrutsche in die Wanne rein, das was über uns leuchtet ist die Strahlung von 1560 Grad Temperatur. Das bedeutet, wir können diese Maschine, diese Wanne nicht abschalten, sie läuft 360 Tage im Jahr rund um die Uhr, das heißt, wir arbeiten hier im Vier-Schicht-Betrieb - Früh, Spät und Nacht und die vierte Schicht frei - wir fahren eigentlich nur an höheren Feiertagen runter oder um Reparaturen durchzuführen."

Thomas Weinert |
    Eine Glashütte am Rhein, in Budenheim bei Mainz. 270 Menschen arbeiten hier und erwirtschaften etwa 120 Millionen DM Umsatz im Jahr. Unter der Schmelzwanne herrschen Temperaturen wie in einer Sauna und der Technischen Leiter des Standortes erzählt, dass sich so ein Glasofen nur schwer runterfahren lässt. Die Firma gehört zur Gruppe Gerresheimer Glas und somit zu den größeren Unternehmen der Branche, doch auch diesen Glasofen könnte es nun kalt erwischen. Nach eigenen Angaben schwebt die Glasbranche in allerhöchster Gefahr. Ein Gesetz soll geändert werden, das in seinen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht nur unter Schmelzöfen heiß diskutiert wird, sondern auch in seinen ökologischen Ableitungen umstritten ist. Auch die Medien sind aufgewacht und lassen nach der Berichterstattung verunsicherte Verbraucher zurück. Sie sind am unmittelbarsten betroffen, sie sollen das bezahlen, was am vergangenen Mittwoch das Bundeskabinett passierte: Die jüngste Novelle der Verpackungsverordnung soll in Zukunft verhindern, dass unser Land zugemüllt wird mit Einwegflaschen und -dosen:

    "Neulich in einer Fernsehsendung habe ich erfahren, dass dieser Anteil nur ungefähr ein Prozent ausmacht und dass die größte Umweltverschmutzung durch Papier und andere Sachen hergestellt wird und deswegen glaube ich nicht, dass diese neue Verordnung eine bessere, saubere Umwelt schafft."

    Der grüne Bundesumweltminister und der parteilose Wirtschaftsminister versteckten sich am vergangenen Mittwoch hinter einem neudeutschen Wort, das ein altes Problem beschreibt, aber nach Meinung der Kritiker auch dramatisiert: "Littering". Es geht um das achtlose Wegwerfen von Verpackungsmaterialien vor allem in den grossen Städten - ein Problem, mit dem sich in New York der Polizist beschäftigt und in Paris der Müllmann. In Berlin ist es der Umweltminister. Nach einschlägigen Untersuchungen - sogenannten Ökobilanzen - ist er gesetzlich angewiesen, gegen sogenannte "ökologisch bedenkliche Verpackungen" vorzugehen. Das schreibt die Verpackungsverordnung vor, die vor zehn Jahren dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft in Deutschland den Weg ebnen sollte: Hersteller und Verbraucher in gemeinsamer Verantwortung für Produktion und Konsum. Inzwischen haben wir den Gedanken der Kreislaufwirtschaft auch festgemacht etwa an der Altautoverordnung und den Regelungen über Elektronikschrott. Hier müssen alle Beteiligten den Umgang miteinander noch lernen. Bei der Verpackungsverordnung hat sich alles eingespielt, jetzt, nach einem Jahrzehnt, drohen Veränderungen. Das Duale System, in dem Handel und Industrie einen Grünen Punkt auf Verpackungen drucken, die Verbraucher diese brav wieder einsammeln, dieses Duale System kommt unter Kosten-Druck, bekommt möglicherweise Konkurrenz. Das Fatale daran: Bei Getränkeverpackungen funktioniert der Status Quo zu gut, zu viel Einwegverpackungen werden gekauft, das als ökologisch besser erachtete Mehrwegsystem kommt ins Hintertreffen. Die sogenannte "Mehrwegquote" wurde mehrmals unterschritten und jetzt greift das Zwangspfand als Sanktion. Frank Rainer Billigmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Entsorgungswirtschaft BDE:

    Frank Rainer: "Das Zwangspfand wird ja in der öffentlichen Diskussion an der Dose festgemacht, die in der Landschaft liegt. Und wenn man diese Dose erwischen will mit dem Zwangspfand, ist das möglicherweise noch Ok, aber mit dem Wandel, den die Umweltministerkonferenz durchgeführt hat, alle ökologisch nachteiligen Verpackungen mit Pfand zu versehen, erwischt man eben auch das Glas und beim Glas haben wir in den letzten zehn Jahren phänomenale Recyclingerfolge erzielt. Ich will nur sagen, dass wir innerhalb dieser zehn Jahre, so lange ist diese Verpackungsverordnung am Markt, das Recycling von 60 auf 80 Prozent steigern konnten an der Menge, die in den Verkehr gebracht wurde; keine Fraktion in der Verpackung hat so hohe Rücklaufquoten wie das Altglas!"

    Fassungslosigkeit also in einer Branche, die sich als Vorreiter der Kreislaufwirtschaft begreift. Zur Strafe soll nun Mehrweg gefördert werden, eine Mehrwegflasche landet folglich seltener in der Schmelze. Und wenn die Kundschaft in Zukunft auch die Einwegflasche zum Händler bringt, weil sie auch bei ihr das Pfand wieder haben will, dann fehlen diese Mengen tonnenweise dem Dualen System und somit der Recyclingbranche. Ihr zweiter Lobbyist neben dem BDE, bvse genannt, - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung - , dieser bvse rief in der vergangenen Woche seine Mitglieder zum ersten deutschen Altglastag in Mainz zusammen. Als Vertreter der deutschen Glashütten referierte Helmut Notemann. Die Recyclingquote von 86 Prozent beziehe sich auf alle Farben des gesammelten Glases, in den einzelnen Fraktionen seien sogar noch höhere Quoten erreichbar:

    Helmut Notemann : "Wenn man sich die Farben anschaut, dann sind das Mittelwerte, wenn man dazu vergleicht die Spitzenwerte einzelner Hütten, die ich Ihnen auch nennen will, um zu beschreiben, dass wir auch noch Potenzial haben - hatten vielleicht, da wollen wir mal schauen - die Scherbeneinsatzquote zu erhöhen, liegen wir in der Spitze bei Weiß bei 72 Prozent, bei Braun bei 85, bei Grün bei über 90 Prozent. Ich glaube sagen zu können, dass das eine vorbildliche Verwertungsquote ist, die seinesgleichen sucht."

    Dennoch bleibt der Vorwurf an die Entsorgungswirtschaft, trotz der drohenden Unterschreitung der Mehrwegquote jahrelang nicht gehandelt zu haben. Auch Frank Rainer Billigmann vom BDE wusste, was seinen Mitgliedsunternehmen blüht, wenn sie im Bereich Glas am Einweg verdienen und damit dem Mehrweg das Bier und Wasser abgraben:

    Frank Rainer Billigmann : "Wir haben seit Anbeginn diese Mehrwegquote kritisiert, weil das eine Schafott-Regelung in der geltenden Verpackungsverordnung ist. Und es ist richtig, dass sie seit 1991 eingeführt wurde, aber damals waren die Parameter anders. Die Verfehlung der Quote ist nicht eine Fehlleistung der Industrie, sondern sie beruht darauf, dass der Verbraucher im Regal, vor allen Dingen der Single-Haushalt, leichter zur Einwegverpackung greift und dann das Gefäß, wenn es leergetrunken ist, in die Container gibt als sich einen schweren Kasten Getränke-Sprudelflaschen Abends nach hause zu nehmen. Darin liegt die Ursache. Denn umweltpolitisch hat die Entsorgungswirtschaft mit den Recyclinganstrengungen die Vorgaben, die man 1991 in der Verpackung hatte, voll und ganz erreicht - das kann keiner bestreiten!

    Entsprechend deutlich formierte sich im vergangenen Herbst der Widerstand gegen das drohende Zwangspfand. Dabei bangt die Industrie vor allem um Glasverpackungen, mit ihr könnten ganze Getränkebranchen zu Bruch gehen. Wolfram Brück, der Chef des Dualen Systems:

    Wolfram Brück: "Natürlich wird ein so dramatischer Markteingriff zu Reaktionen in der Wirtschaft führen und ich gehe davon aus, dass Ministerien, die bestimmte Interessen zu vertreten haben, etwa die der Weinbauern, die unter dem Zwangspfand leiden würden, natürlich Einwände erheben werden - für mich ist die Frage politisch noch nicht entschieden."

    In der Tat formulierten Länderminister am vergangenen Mittwoch nach der Kabinettsvorlage aus Berlin Kritik an der geplanten Novelle der Verpackungsverordnung. Und einige Branchen haben das Zwangspfand schon abgewehrt: Die Schnapsabfüller etwa oder die Winzer, die zum Einweg keine Alternative haben, zu verschieden sind ihre Wein-Flaschen. Außerdem existieren um die deutschen Anbauflächen bereits regional funktionierende Rücknahmesysteme und dieser Sachverhalt verschaffte der wahlkämpfenden Landesregierung von Rheinland Pfalz einen Heimsieg: Nach einem Machtwort des Kanzlers bleibt die Weinflasche beim Zwangspfand außen vor. Die Mainzer Umweltministerin und das DSD in einer Phalanx. Klaudia Martini und Wolfram Brück:

    Klaudia Martini : "Es hat ökologisch keine Vorteile, es kostet die Menschen in unserem Land viel Geld, schlussletztlich wird die Verbraucherin und der Verbraucher dafür zu zahlen haben, die Rücklaufquoten der Verpackungen werden sich nur unwesentlich, wenn überhaupt erhöhen und vor allem im Bereich der Glas-Sammelbehälter werden wir einen enormen Einbruch haben, das heißt, was wir über Jahrzehnte hinweg gewohnt waren, das eben unsere Glassammelbehälter erreichbar in der Nähe standen, wo man seine Flaschen und Ähnliches hinbringen konnte, das wird in weiten Teilen zusammenbrechen, weil es nicht mehr finanzierbar sein wird."

    Wolfram Brück: "So, wie die Vorschläge zur Zeit aussehen, werden wir 500 Millionen Mark Einnahmen verlieren und wir werden, was dramatischer ist, über die Hälfte des erfassten Glases verlieren. Das wird zur Konsequenz haben, dass wir die Bedienungsdichte für das erfasste Glas nicht aufrecht erhalten können oder für das Konservenglas wesentlich höhere Preise werden verlangen müssen. Ich prognostiziere, dass der Schaden für die deutsche Glasindustrie unübersehbar sein wird."

    In kaum einer Branche sind die Fronten so unübersichtlich geworden wie in der Kreislaufwirtschaft. Ressorts verschwimmen in den Zuständigkeiten und Parteien wissen nicht mehr, was sie wollen. Ein Wirtschaftsminister sorgt sich um die Landschaft, eine Umweltministerin verbündet sich mit der Industrie und diese zitiert den B.U.N.D. Die Umweltschutzorganisation nämlich hat in Schweden eine Studie erarbeiten lassen, die klar belegt, dass der Mehrweganteil nach Einführung des Zwangspfands für Einweg nicht wesentlich steigt. Dies wiederum stellt der Beamte des grünen Umweltministers in Frage. Thomas Rummler gilt als Vater der Kreislaufwirtschaft im Hause Trittin:

    Thomas Rummler: "Die Quote wird sicherlich weiter steigen, dadurch, dass der Rücklauf optimiert wird, hinsichtlich der Gesamt-Masse denke ich, dass kein besonders großer Einbruch erfolgt, denn Glas, das dann nicht mehr bei DSD erfasst wird, wird an einer anderen Stelle - im Laden - erfasst werden und kann dann auch in die gleichen Recyclingwege in die Glashütten hineingehen. Man hat immer über mehr Wettbewerb in der Verpackungsverordnung gesprochen - hier gibt es eine neue Chance."

    Über die Kosten des Zwangspfands streiten sich die Experten ebenfalls - zwei Milliarden DM sind es mindestens. Vor dem Szenario wegbrechender Einnahmen besinnt sich die Recyclingbranche dann doch auf die Ökobilanzen der Verpackungen, also auf die Messung ihrer Umweltverträglichkeit: Gewicht etwa, Schadstoffe und Energieverbrauch. Frank Rainer Billigmann, der mächtigste Manager der Müll-Branche:

    Frank Rainer Billigmann : "Also zuerst muss man sehen, dass die Glasmenge, die wir seit 1991 in Verkehr gebracht haben, kontinuierlich abnimmt, weil auch die Bewandungen der Glasverpackungen dünner geworden sind. Das ist auch schon mal ein ökologischer Erfolg. Zum Zweiten: Das nur Festmachen an den schweren Transportkosten ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, denn, die Glasscherbe, die wir einschmelzen, hat einen sehr viel geringeren Energieverbrauch, als wenn ich aus neuem Material, aus Quarzsand, Glas aufschmelzen muss, das muss man ja Alles dabei berücksichtigen".

    An dieser Stelle zurück an die Glashütte am Rhein und den Technischen Leiter, der um seinen Job fürchtet. Wenn er beschreibt, wie er seine Schmelze dazu bringt, knapp 1600 Grad zu entwickeln, dann wird klar, wie schwer dieser Faktor in einer Ökobilanz wiegt. Wenn die Verpackung viel mehr Wert ist als der Inhalt, dann wird das Produkt als Ganzes absurd. Wasser kostet so gut wie nichts, die Energie für das Schmelzen der Flasche drumherum verglichen damit ein Vermögen:

    "Als Energieträger verwenden wir hier in unseren Wannen - das ist unterschiedlich - schweres Heizöl und in geringeren Anteilen auch Elektroenergie. Man kann auch mit Gas arbeiten, da wir hier aber von der Gasversorgung nicht genügend Mengen bekommen würden, sind wir hier auf schweres Heizöl angewiesen."

    Eigenartigerweise bleiben die Metall-Verpacker vergleichsweise ruhig in der aktuellen Diskussion um das Zwangspfand. Das liegt vor allem daran, dass die Dosenhersteller in der Ökobilanz noch viel schlechter wegkommen als die Kollegen aus den Glashütten und das Image der Dose ist ebenfalls nicht vergleichbar mit dem Reinheitsgrad des Glases. Die Dose ist das Schrecknis der Wegwerfgesellschaft schlechthin, die Flasche bleibt toleriert. Ob sie nun in Mehrweg oder Einweg auf der Parkbank steht, Glas ist Wertstoff, die Dose ist Müll. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn eine Dose beim Supermarkt-Automaten Geld bringt - 50 Pfennige sollen es sein. Die Kritiker des Zwangspfands lassen das Kriterium "Littering" nicht gelten als ernstzunehmenden Faktor in der Diskussion um die Verpackungsnovelle, es ist nicht einmal abzusehen, dass der Müll tatsächlich aus der Landschaft verschwindet. Auch jetzt schon bleiben Pfand-Mehrwegflaschen unbeachtet am Straßenrand stehen, in einer übersättigten Wohlstandsgesellschaft funktioniert das Zwangspfand nicht. Klaudia Martini, die Umweltministerin aus Rheinland-Pfalz, bringt es salopp auf den Punkt:

    Klaudia Martini: "Wer was wegwirft, der bleibt ein Schwein, mit oder ohne Zwangspfand."

    Hat sich die Umweltpolitik die Novelle der Verpackungsverordnung selbst eingebrockt und mit ihr das Zwangspfand? Frank Rainer Billigmann stellt das in Frage, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft:

    Frank Rainer Billigmann : "Ich weiß nicht, ob das eingebrockt ist. Auch die Umweltpolitik muss aus zehn Jahren Verpackungsverordnung nachlernen dürfen. Und dieses Nachlernen fordern wird nachhaltig. Die Mehrwegquote müsste eigentlich entfallen und der Bestandsschutz müsste sich auf die Mehrwegverpackung und auf die Abfüllmenge zurückziehen, damit man in der Relation zwischen Abfüllmenge und Getränkeverpackungsaufkommen das richtige Mittel findet. Aber man kann heute nicht nun unter anderen Erkenntnissen von der Wirtschaft, vom Bürger, der die ganze Sache ja eh bezahlen muss, Aufwendungen verlangen, die eigentlich volkswirtschaftlich totaler Unsinn sind. Man muss den treffen, der es verursacht hat oder aber auch mit Marketingaktionen den Bürger bewegen, dieses Wegwerfen von Dosen, was ja ohnehin nur sechs Prozent der Umweltverschmutzung ausmacht, dass man dieses dem Bürger vielleicht abgewöhnen kann."

    Aus Sicht des Bundes-Umweltministeriums ist die Flasche dagegen schon in den Brunnen gefallen: Ein Gesetz, das Sanktionen androht und dann nicht greift, das nimmt keiner mehr Ernst. Für Thomas Rummler geht es um den Kerngedanken der Kreislaufwirtschaft und somit um ein höheres Ziel. Die Bestrafung von Industrie und Verbraucher nach mehrmaligem Nicht-Erreichen der Quote, das ist für ihn so eine Art Hausaufgaben machen, es geht aber nicht darum, das Klassenziel zu verfehlen:

    Thomas Rummler : "Man kann auch über Automaten farbgetrennt zurücknehmen. Wir haben uns mit verschiedenen Automatenbauern zusammengesetzt und haben gefragt: Was ist denn da technisch möglich? Technisch kein Problem! Das kann man über den Barcode ablesen. Was kostet das denn bitteschön? Tausend Mark pro Schiene. Das heißt, wenn man bei einem Automaten zwei zusätzliche Schienen einbaut, kostet das 2000 DM. Wenn wir hingehen und uns mal die 80 Prozent Einwegs-Vertriebsschiene ansehen: Discounter, Verbrauchermärkte große, das sind 20.000 Outlets. Dann lass diese Veranstaltung eben 80.000 DM teurer sein. Dann möchte ich aber bitteschön auch mal dagegenrechnen - und das verstehe ich eigentlich nicht. Dass man hier immer nur die negativen, defensiven Positionen einnimmt. Orientieren sie sich vielleicht auch mal nach vorne. Wir haben heute ein System - sie sagen selbst - 300.000 DSD Sammelcontainer in ganz Deutschland, die sie anzufahren haben 14täglich. Wenn Sie jetzt diese 20.000 Outlets hinzunehmen, das ist doch weniger, diese 20.000 Stellen könnten durchaus optimiert angefahren werden. Vielleicht lässt sich für Glas eine eigenständige Schiene bauen und an der Stelle denke ich, dass man die Möglichkeiten noch nicht ausreichend für sich selbst überprüft hat."

    An dieser Stelle, betont die Gesellschaft für Glasrecycling, geht es nicht mehr um neue Vertriebswege für Wertstoffe und auch nicht um die Kostendiskussion. Es geht nach den Worten von Helmut Notemann um das Verständnis in der Bevölkerung:

    Helmut Notemann : "Also, ich glaube nicht, dass der Verbraucher letztendlich diese Entscheidungskompetenz hat, sich zu entscheiden für Einweg oder Mehrweg, nicht in jedem Falle, aber doch sehr häufig."

    Vor allem, wenn es um die Kostendiskussion des Zwangspfands geht, fragen Verbraucherinnen und Verbraucher nach der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme. Zumindest war der Gesetzgeber einsichtig und verschob das Zwangspfand um ein halbes Jahr, damit die Automatenindustrie die Einführung des Euro bei dieser Gelegenheit gleich mit abarbeitet. Doch kann man mit Milliardeninvestitionen nicht etwas mehr bewegen als Dosen aus Wald und Wiesen?

    "Man könnte sich fragen, ob wir keine anderen Problemen hätten oder diese hier heute und ob man die Getränkeverpackungsprobleme nicht einfach künstlich hochstilisiert."

    Und was müssen wir noch lernen neben Hausmüll, Grünschnitt, Gelber Tonne und Altpapier? Glasfraktionen nun noch getrennt nach Mehrweg und Einweg? Einweg nicht mehr zum Container, sondern in den Supermarkt?

    "Ich bin total im Brass, wenn ich mir meine Küche vorstelle, ich laufe also ständig hin und her um zu entsorgen, um das dann in die Behälter zu bringen. Außerdem will mir nicht in den Kopf, dass ich für etwas Geld zahlen muss, was verwertet wird und seinen Wert hat.....Bürokratie und Kosten entstehen. Ich denke, die decken diesen anderen angeblichen Vorteil nicht."

    Das Für und Wider in Sachen Zwangspfand spaltet nicht nur die Bevölkerung. Was bleibt ist eine skurril anmutende Diskussion, die uns dieses Jahr noch begleiten wird. Es geht um die Scherben in der Kreislaufwirtschaft und um die Frage, ob das Zwangspfand zum Showdown wird für das Glasrecycling. Noch steht keine Mehrheit im Bundesrat hinter der Umweltministerin aus Mainz. Und der Bund, der zieht das Zwangspfand jetzt durch:

    "Es macht ökologisch keinen Sinn, es vernichtet volkswirtschaftlich Geld, ohne dass ein Nutzen daraus entsteht und es hat - aufgezeigt am Beispiel Glas, sogar kontraproduktive ökologische Effekte. Und aus all den genannten Gründen kann ich mich mit dem Pflichtpfand nicht einverstanden erklären und ich hoffe, dass es schlussletztlich auch nicht so vom Gesetzgeber verabschiedet wird."

    "Die Novelle nimmt jetzt das Verfahren, das Verfahren geht durch den Bundestag und den Bundesrat und ich denke, dass das bei einem zustimmenden Verlauf bis Mai abgeschlossen sein kann."