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Schienentaxi RailCab im Testbetrieb

Verkehrswissenschaft. - Die persönliche Eisenbahn, das Taxi auf der Schiene bringt den Reisenden genau zum gewünschten Bahnhof auf direktem Weg und ohne Zwischenstopp. Diese Vision der Bahn von Morgen soll in Paderborn beginnen, wo am Mittwoch auf einer Versuchsstrecke das so genannte RailCab in Betrieb ging.

    Von Sönke Gäthke

    Das Test-Modell der Bahnzukunft ist gerade einmal hüfthoch. Der Wagen ist silbern und schwarz, rund drei Meter lang, vorn und hinten kantig und rollt auf zwei Achsen.

    Das Testgelände der Neuen Bahntechnik Paderborn liegt am Rande der Stadt auf einem ungenutzten Grundstück. Auf diesem liegen die schmalen Gleise. Die Strecke ist ein einfaches Oval mit Steigung und Gefälle, einer Brücke und einer Abzweigung, auf dem der Wagen seine Runden ziehen soll. Ein Testgelände fast wie bei der richtigen Eisenbahn. Aber eben nur fast, denn Gleise und Wagen sind stark verkleinert. und im Maßstab 1 zu 2,5 errichtet.

    An dem Projekt sind sechs Fachbereiche der Universität Paderborn und des Heinz Nixdorf Instituts beteiligen. Die Forscher haben sich viel vorgenommen, denn auch wenn die Schienen beinahe normal aussehen - hier ist nichts wie bei der Bahn.

    Die Techniker haben im Prinzip zwei Bahnwelten vereinigt: von der konventionellen Eisenbahn stammen die Schienen, auf denen das Fahrzeug rollt. Von der Magnetschwebebahn dagegen stammt der Motor: der Langstator-Linearmotor. Das ist im Prinzip ein aufgeschnittener Elektromotor, bei dem der eine Teil zwischen den Gleisen liegt. In diesem Teil wird ein elektromagnetisches Feld erzeugt, das die Strecke entlang wandert. Unter dem Wagen befinden sich zwei lange Kabelbahnen, die Anker. Mit diesen erzeugt der Wagen ein zweites Magnetfeld. Beide beeinflussen sich so, dass der Wagen vorwärts - oder rückwärts - fährt.

    Die Wagen steuern sich selbst, der Verkehr läuft automatisch. Ein Rechner im Fahrzeug regelt über Funk die Energieversorgung und kontrolliert mit Hilfe von Sensoren, ob die Schiene vor ihm frei ist.

    Das hüfthohe Gefährt biegt an dieser Stelle ab - auch das selbsttätig. Auf eine Weiche, die umgeschaltet wird, wenn ein Zug auf ein anderes Gleis fahren soll, haben die Paderborner verzichtet. Stattdessen treffen sich die Gleise ohne bewegliche Teile. Der Wagen lenkt sich selbst in die richtige Richtung, indem er seine Achsen verstellt.

    Die Wagen könnten sich ohne Geschwindigkeitsverlust in einen rollenden Zugverband einreihen und wieder ausscheren - wie Autos auf der Autobahn. Damit ist es nicht länger nötig, Güterzüge zu festen Zeiten zu fahren; der Kunde bestellt sich seinen Wagen so, wie es ihm braucht - und bekommt den Wagen für sich allein. Er belädt ihn, gibt das Ziel ein, die automatische Steuerung sucht sich im Gleisnetz die Strecke, fährt los und reiht sich in einen Zugverband ein, der in die richtige Richtung fährt. Gekuppelt wird dabei nicht, die Abstandssensoren sorgen dafür, dass sich die Wagen nicht zu dicht kommen.

    Das automatisch fahrende Schienentaxi ist also ein sehr langfristiges Projekt. Trotzdem ist es für die Bahn interessant: Eine individuelle, automatische Belieferung mit Güterwagen würde Kosten senken, und das Reisetempo von Fracht erheblich steigern und so vielleicht tatsächlich mehr Güter auf die Schiene holen. Ob dem Individualverkehr auf der Schiene allerdings die Zukunft gehört, wie es die Paderborner sich auch vorstellen können, bleibt abzuwarten.