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Schimmelpilze in Lebensmitteln

Der letzte Sommer war warm und verregnet. Und damit ganz nach dem Geschmack von Schimmelpilzen auf unseren Feldern. Das zeigt sich nun auch in verschiedenen Labor-Untersuchungen: Getreide aus der Ernte von 2002 ist demnach wieder höher als in den Jahren zuvor mit Schimmelpilz-Giften belastet. Die heißen auch "Fusarien-Toxine". Weil sie von Fusarien gebildet werden, den wichtigsten Acker-Pilzen.

Von Volker Mrasek |
    Ihre Giftspur hinterließen die Mikroorganismen zum Beispiel in Brandenburg. Proben von dort analysierte Ute Meister vom Institut für Getreideverarbeitung in Rehbrücke bei Potsdam. Die Chemikerin dazu in Gießen:

    Wir haben sowohl Weizen als auch Roggen jetzt über drei Jahre untersucht. Und in diesen drei Jahren hat sich also gezeigt, dass die Belastung mit Fusarien-Toxinen deutlich zugenommen hat. 2000 waren kaum einige Proben mit Fusarien-Toxinen zu finden. 2001 ist die Belastung etwas stärker geworden. Und 2002, da ist die Belastung doch deutlich höher gewesen als 2001.

    Ergebnisse aus Thüringen und aus Süddeutschland zeigen einen ganz ähnlichen Trend. Das heißt. Futtermittel-Hersteller und Lebensmittelwirtschaft müssen mit höheren Mykotoxin-Gehalten rechnen, wenn sie Getreide aus der Ernte 2002 verarbeiten. Verlässliche Rohstoff-Kontrollen seien deshalb gefragt, findet Wilfried Drochner, Professor für Tierernährung an der Universität Stuttgart-Hohenheim. Das Pilz-Gift stecke vor allem in den Randschichten des Korns:

    Wenn man diese Schalenanteile dann in Futtermitteln einsetzt, dann muss man besonders aufmerksam sein. Und in solchen Jahren beispielsweise die Kleien intensiv untersuchen. Untersuchungen sind teuer. Und Untersuchungen sind aufwändig. Aber auf jeden Fall ist die Zahl von Untersuchungen gegenüber früheren Jahren deutlich erhöht worden.

    Das scheint auch gerechtfertigt. Denn nicht nur Nutztiere, auch Verbraucher nehmen die Pilzgifte mit diversen Getreideprodukten ständig zu sich, wenn auch nur in Spuren. Manche der Toxine gelten als nierenschädlich, andere irritieren das Immunsystem. Zum Teil ist auch ein Krebsverdacht noch nicht ausgeräumt.

    Es sei falsch, der Bevölkerung deshalb Ängste einzujagen, so Drochner. Aber durchaus richtig, etwas zu unternehmen:

    Also, wir müssen dazu kommen, dass wir auch solche Stoffe, die nun in ihrer Toxizität nicht dramatisch sind - dass wir sie zurückdrücken in der Nahrungskette.

    Die EU-Kommission plant dazu gesetzliche Höchstwerte für bestimmte Fusarien-Toxine. Das zeigt offenbar schon jetzt Wirkung.

    In den letzten Jahren fielen immer wieder Nudeln aus Hartweizen durch besonders hohe Toxin-Gehalte auf. Hier gab es mittlerweile einen "drastischen Rückgang der Belastung". Zu diesem Schluss kommt jedenfalls das Chemische Untersuchungsamt Sigmaringen. Es schickte kürzlich Mitarbeiter zu Nudel-Herstellern in Baden-Württemberg. Dort nahmen sie den verwendeten Hartweizen unter die Lupe.

    Ergebnis: Der Rohstoff, oft aus Südeuropa, enthielt nur noch geringe Giftmengen; alle lagen schon jetzt unter dem geplanten Grenzwert. Fertignudel-Importe aus dem Ausland, Spaghetti etwa, haben die Sigmaringer dagegen noch nicht genauer untersucht.

    Dafür besteht nun allmählich Klarheit über Mykotoxine im Öko-Landbau. Aus älteren Studien war nicht so recht klar: Enthält Bio-Getreide weniger oder mehr Pilzgift als konventionelles? Aus neueren Untersuchungen ergebe sich heute ein einheitliches Bild, sagt Ute Meister, die selbst Vergleichsmessungen angestellt hat:

    Wir haben herausgefunden, dass nicht nur sowohl Weizen als auch Roggen seltener kontaminiert ist. Also, die Prozentzahl der kontaminierten Proben ist nicht nur geringer, sondern es sind auch deutlich geringere Gehalte. Was hier bisher auf den Mykotoxin-Workshops gezeigt wurde, belegt, dass das ökologische Getreide geringer belastet ist.

    Warum? Weil der Öko-Landbau pilzfeste Weizen-Sorten bevorzugt. Vor allem aber haben Bio-Bauern fast nie Mais in der Fruchtfolge. Das ist ein starker Trumpf im Kampf gegen die Feld-Pilze. Denn auf konventionellen Äckern überdauern die Gift-Produzenten am liebsten in den Ernte-Rückständen von Mais.