Wenn ein Wal stirbt und zum Meeresboden sinkt, verwandelt er sich in ein Schlaraffenland. Paul Tyler vom Meeresforschungsinstitut in Southampton:
" Verrottendes Aas erzeugt vor allem einen Geruch, der diese Tiere von weither anlockt, das gilt auch für einen toten Wal. Tiefseelebewesen haben einen feinen Geruchssinn. Es ist schon bemerkenswert, wie schnell sie da sind."
Zunächst sind die normalen Aasfresser dran: Nach wenigen Stunden wimmelt ein toter Wal von dünnen Schleimaalen. Tyler:
" Als zweite Gruppe kommen die Schläferhaie an und reißen sich große Stücke aus dem Aas heraus. Nach einer Weile beginnt es sich im Kadaver zu bewegen. Das kommt durch die großen Amphipoden, das sind Verwandte der Flohkrebse. Mit ihren messerscharfen Kiefern säbeln die Hyänen der Tiefsee den größten Wal in Rekordzeit auseinander. Wird das Fleisch knapp, beginnt eine Schlacht, es kann recht ungemütlich dort unten werden."
Sobald nach wenigen Wochen die Knochen frei liegen, schlägt die Stunde der Spezialisten, der Tiere, die nur auf Wal-Kadavern leben. Und jetzt wird er zu einem eigenen, ganz besonderen Ökosystem im Miniaturformat, so Tyler:
" Die Artenvielfalt, die auf Wal-Kadavern und in deren Nähe gefunden wird, legt nahe, dass dieser Lebensraum der artenreichste von allen auf chemischer Energie beruhenden Ökosystemen ist."
Artenreicher sogar als die berühmten Black Smoker, artenreicher als die Schlamm- und Teervulkane der Tiefsee. Nur ein Jahr dauert es, dann lebt auf den Knochen eine bunte Gemeinschaft aus Muscheln, Ringelwürmern, Krebsen. Inzwischen sind 29 Arten bekannt, die ausschließlich auf Wal-Kadavern vorkommen. Neben kleinen Ringelwürmern, die einen roten Teppich auf den Knochen bilden, zählt dazu auch Osedax, der Knochenfresser. Dieser Röhrenwurm wird zwei bis drei Zentimeter lang und sieht aus wie eine kleine Palme mit roten Wedeln, das sind die Tentakel - und mit grünen "Wurzeln", die in den Knochen hineinwachsen. Craig Smith von der Universität von Hawaii erklärt:
" Sie haben große Weibchen, das sind die palmartigen Würmer, die wir sehen, und sie haben zwergenhaft kleine Männchen, die wir nicht sehen: Die Weibchen dominieren die Wurmgesellschaft. Die Männchen sind mikroskopisch klein und manchmal leben bis zu 100 von ihnen in der Röhre des Weibchens."
Die Männchen werden mit Nährstoffen versorgt und dafür befruchten sie die Eier. In der Tiefsee sind parasitär lebende Männchen nicht ungewöhnlich: Denn in diesen endlosen düsteren Weiten trifft man schwerlich einen Partner - vor allem, wenn man auf eine so kleine Lebensinsel angewiesen ist wie einen toten Wal. Außerdem ist nach spätestens 100 Jahren selbst der größte Wal verspeist. Dann müssen die Larven eine neue Heimat finden, sagt Smith:
" Arten, die sich auf Wal-Kadaver spezialisiert haben, produzieren viele Larven. Die driften dann durch das Wasser, "hoffen", dass sie mit ihren Sensoren einen neuen Wal finden, auf dem sie sich niederlassen und aufwachsen. Weil das Habitat sehr energiereich ist, entstehen schnell neue Kolonien, die wieder viele neue Larven produzieren."
Heute lebt in den Weltmeeren durch die Waljagd nur noch ein Bruchteil der Wale, die noch vor 300 Jahren da waren. Bei den großen Arten wie den Blau- oder Finnwalen sind aus einst Hunderttausenden Tieren ein paar Tausend geworden. Craig Smith:
" Interessanterweise sieht es so aus, als beherberge der Lebensraum Wal-Kadaver ein breites Spektrum von Organismen, die sich ganz darauf spezialisiert haben. Eine der wichtigsten Konsequenz ist, dass durch den Walfang der Lebensraum für die Wal-Kadaverspezialisten verloren gegangen ist und wir diese Tiere ausrotten. Wenn wir die Wale herausnehmen, verschwinden auf dem Meeresboden Arten, von denen wir uns sie nie hätten träumen lassen, dass sie existieren."
" Verrottendes Aas erzeugt vor allem einen Geruch, der diese Tiere von weither anlockt, das gilt auch für einen toten Wal. Tiefseelebewesen haben einen feinen Geruchssinn. Es ist schon bemerkenswert, wie schnell sie da sind."
Zunächst sind die normalen Aasfresser dran: Nach wenigen Stunden wimmelt ein toter Wal von dünnen Schleimaalen. Tyler:
" Als zweite Gruppe kommen die Schläferhaie an und reißen sich große Stücke aus dem Aas heraus. Nach einer Weile beginnt es sich im Kadaver zu bewegen. Das kommt durch die großen Amphipoden, das sind Verwandte der Flohkrebse. Mit ihren messerscharfen Kiefern säbeln die Hyänen der Tiefsee den größten Wal in Rekordzeit auseinander. Wird das Fleisch knapp, beginnt eine Schlacht, es kann recht ungemütlich dort unten werden."
Sobald nach wenigen Wochen die Knochen frei liegen, schlägt die Stunde der Spezialisten, der Tiere, die nur auf Wal-Kadavern leben. Und jetzt wird er zu einem eigenen, ganz besonderen Ökosystem im Miniaturformat, so Tyler:
" Die Artenvielfalt, die auf Wal-Kadavern und in deren Nähe gefunden wird, legt nahe, dass dieser Lebensraum der artenreichste von allen auf chemischer Energie beruhenden Ökosystemen ist."
Artenreicher sogar als die berühmten Black Smoker, artenreicher als die Schlamm- und Teervulkane der Tiefsee. Nur ein Jahr dauert es, dann lebt auf den Knochen eine bunte Gemeinschaft aus Muscheln, Ringelwürmern, Krebsen. Inzwischen sind 29 Arten bekannt, die ausschließlich auf Wal-Kadavern vorkommen. Neben kleinen Ringelwürmern, die einen roten Teppich auf den Knochen bilden, zählt dazu auch Osedax, der Knochenfresser. Dieser Röhrenwurm wird zwei bis drei Zentimeter lang und sieht aus wie eine kleine Palme mit roten Wedeln, das sind die Tentakel - und mit grünen "Wurzeln", die in den Knochen hineinwachsen. Craig Smith von der Universität von Hawaii erklärt:
" Sie haben große Weibchen, das sind die palmartigen Würmer, die wir sehen, und sie haben zwergenhaft kleine Männchen, die wir nicht sehen: Die Weibchen dominieren die Wurmgesellschaft. Die Männchen sind mikroskopisch klein und manchmal leben bis zu 100 von ihnen in der Röhre des Weibchens."
Die Männchen werden mit Nährstoffen versorgt und dafür befruchten sie die Eier. In der Tiefsee sind parasitär lebende Männchen nicht ungewöhnlich: Denn in diesen endlosen düsteren Weiten trifft man schwerlich einen Partner - vor allem, wenn man auf eine so kleine Lebensinsel angewiesen ist wie einen toten Wal. Außerdem ist nach spätestens 100 Jahren selbst der größte Wal verspeist. Dann müssen die Larven eine neue Heimat finden, sagt Smith:
" Arten, die sich auf Wal-Kadaver spezialisiert haben, produzieren viele Larven. Die driften dann durch das Wasser, "hoffen", dass sie mit ihren Sensoren einen neuen Wal finden, auf dem sie sich niederlassen und aufwachsen. Weil das Habitat sehr energiereich ist, entstehen schnell neue Kolonien, die wieder viele neue Larven produzieren."
Heute lebt in den Weltmeeren durch die Waljagd nur noch ein Bruchteil der Wale, die noch vor 300 Jahren da waren. Bei den großen Arten wie den Blau- oder Finnwalen sind aus einst Hunderttausenden Tieren ein paar Tausend geworden. Craig Smith:
" Interessanterweise sieht es so aus, als beherberge der Lebensraum Wal-Kadaver ein breites Spektrum von Organismen, die sich ganz darauf spezialisiert haben. Eine der wichtigsten Konsequenz ist, dass durch den Walfang der Lebensraum für die Wal-Kadaverspezialisten verloren gegangen ist und wir diese Tiere ausrotten. Wenn wir die Wale herausnehmen, verschwinden auf dem Meeresboden Arten, von denen wir uns sie nie hätten träumen lassen, dass sie existieren."