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Schlaue Sechsbeiner

Biologie. – Honigbienen sind erstaunlich intelligente Tiere, das weiß man spätestens seit den nobelpreisgekürten Forschungen Karl von Frischs. Wissenschaftler der Universität Würzburg konnten jetzt zeigen, dass die Insekten aus Gelerntem sogar allgemeine Regeln ableiten können.

    Einen Hindernisparcours mit verschieden gemusterten Hürden hat die Würzburger Bienengruppe um Jürgen Tautz für ihre sechsbeinigen Versuchstiere aufgebaut. Die Tiere müssen durch eine mehrere Meter lange Holzröhre fliegen, die zunächst durch eine quergemusterte Wand mit engem Durchflugloch blockiert wird. Als nächstes kommt eine längsgemusterte Barriere. Am Ende der Röhre trafen die Bienen dann auf beide Muster, fanden aber nur hinter dem ersten eine Belohnung in Form von Zucker. Als die Forscher die Muster durch andere ersetzten, die Regel jedoch beibehielten, geschah Erstaunliches. Jürgen Tautz: "Die Bienen haben die abstrakte Regel sofort mitbekommen und voll bestätigt." Für die Zoologen keine geringe Überraschung, denn kognitives Lernen und Verallgemeinern spricht man üblicherweise nur Wirbeltieren zu.

    Allerdings fanden die Forscher auch Beschränkungen der Insektenfähigkeiten. Ereignete sich die Wiederholung innerhalb von fünf Sekunden, konnten die Bienen sie sich merken, bei längeren Intervallen hatte das Bienengehirn die Information bereits gelöscht. Wie Bienen überhaupt abstrahieren können, wissen die Zoologen nicht. Zwar beträgt bei ihnen der Hirnanteil an der Körpermasse zwischen drei und vier Prozent, das ist etwa so viel wie beim Menschen. Aber bislang konnten Tautz und seine Kollegen kein Hirnareal erkennen, das für eine solche Aufgabe prädestiniert wäre. "Aber eine ähnliche Situation haben wir ja beim Menschen auch", so Jürgen Tautz, "wenn man ein Stück Gehirn des Menschen mit einem niedrigen Wirbeltier vergleicht, hat man Schwierigkeiten anatomische Besonderheiten zu entdecken, an denen unsere geistigen Leistungen festzumachen sind." Die Forscher wollen ihre Erkenntnisse jetzt für die Gesundheitsforschung für Bienen nutzen. Tautz: "Wir wollen einen Katalog an Bienenkrankheiten und der damit verbundenen geistigen Einbußen aufstellen." Man hofft, mit entsprechenden einfachen Verhaltenstests Informationen über den Gesundheitszustand einzelner Bienen und ganzer Völker zu erhalten.

    [Quelle: Christoph Kersting]