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Schlechte Aussichten für Napster

Nachdem die Tauschbörse für Musiktitel "Napster" in letztem Moment ihre sofortige Schließung über eine einstweilige richterliche Verfügung verhindern konnte, soll ein US-amerikanisches Berufungsgericht in sechs Wochen endgültig darüber entscheiden, ob "Napster" seine Dienste endgültig einstellen muss. Der Verband der US-Musikindustrie (RIAA) hatte das Internet-Unternehmen wegen Verletzung von Urheberrechten verklagt und damit eine heftige Diskussion um Urheber- und Nutzungsrechte an Musiktiteln heraufbeschworen.

Peter Welchering |
    Schon im Dezember vergangenen Jahres hatte der Verband der US-Musikindustrie die Tauschbörse Napster und ihren Gründer Shawn Fanning wegen Verletzung von Urheberrechten verklagt. Nachdem die Auseinandersetzung zunächst schleppend verlaufen war, eröffnete die Verfügung zur Einstellung des Tauschdienstes durch US-Richterin Marilyn Patel den offenen Schlagabtausch zwischen den Kontrahenten. Kein geringerer als David Boies vertritt darin das US-Unternehmen Napster. Der US-Anwalt erlangte Bekanntheit durch die Abschmetterung eines Kartellverfahrens gegen IBM vor rund 20 Jahren und trat auch als Rechtsvertreter der US-Regierung im Monopolstreit gegen Microsoft auf.

    Boies erreichte sprichwörtlich in letzter Minute mit einer einstweiligen Verfügung, dass Napster Musikliebhabern vorerst erhalten bleibt. Seine Argumentation beruht auf dem so genannten "Home Recording Act"; der es Personen ausdrücklich erlaubt, Musiktitel zu persönlichen Zwecken aufzunehmen. Dass Hunderttausende Musiktitel über Napster für jeden Nutzer verfügbar sind, stört den Juristen wenig – Diese Stücke, so meint Boies, seien von den Napster-Teilnehmern im Internet hinterlegt worden, um von unterwegs ständig auf die eigenen Lieblingsschlager zugreifen zu können oder Freunden diese Titel zu Verfügung zu stellen. Das Gericht folgte dieser Ansicht immerhin soweit, dass die Schließung bis zum 18. August vertagt wurde, um Napster-Gründer Shawn Fanning Gelegenheit zu einer ausführlichen, schriftlichen Stellungnahme zu geben. Anschließend haben die Vertreter der Recording Industry Association of America, des Verbandes der Musikindustrie, für ihre Entgegnung dazu Zeit bis zum 12. September. Dann allerdings, so vermuten Beobachter, sei mit einer schnellen Entscheidung des Gerichtes, womöglich noch am selben Tag zu rechnen.

    Das Verfahren gegen Napster verdeutlicht, dass die Grenzen zwischen Musikproduzenten und Konsumenten, zwischen Urheber- und Nutzungsrechten im digitalen Zeitalter immer mehr verschwimmen. Weil die resultierenden Probleme nicht allein über Urhebergesetze geregelt werden könnten, forderte Andreas Schmidt, Vorstand der Bertelsmann E-Commerce-Gruppe, die Musikindustrie auf, ihre Produkte schnellstens in kopiersicheren, digitalen Formaten bereitstellen, um den Austausch von Musik im großen Stil unter Privatleuten effektiv zu unterbinden.