Freitag, 29. März 2024

Archiv


Schlechte Nachrichten für die Royal Mail

400 Millionen Pfund Gewinn im vergangenen Jahr, doch das reicht nicht, die Royal Mail weiter zu finanzieren. Großbritannien prüft Privatisierungsoptionen, denn gebraucht werden geschätzte zwei bis drei Milliarden Pfund zur Modernisierung. Die Belegschaft streikt - und senkt damit den möglichen Verkaufswert.

Von Jochen Spengler | 12.09.2013
    Nicht einmal Maggie Thatcher hat es gewagt. Sie sei, so sagte die eiserne Lady seinerzeit wörtlich, "nicht bereit, den Kopf der Königin zu privatisieren". Die jetzige konservativ-liberale Regierung ist bereit, doch auch künftig soll – gesetzlich vorgeschrieben - das Bild der Königin auf jeder Briefmarke prangen. Nach 497 Jahren in öffentlicher Hand dürfte die älteste Post der Welt privatisiert werden. Hauptgrund, so der zuständige Minister Michael Fallon, sei, dass dringend zwei Milliarden Pfund in das Unternehmen investiert werden müssten.

    "Royal Mail muss moderner werden, muss sich dem Wettbewerb mit anderen Paketdiensten stellen. Doch sie ist dazu nicht in der Lage, weil sie als öffentliches Unternehmen mit Schulen und Krankenhäusern um Regierungszuschüsse buhlen muss. Es gibt private Investoren, die bereit und in der Lage sind, in dieses Unternehmen zu investieren und heute ist der Tag, an dem wir Royal Mail die Freiheit geben, das Geld aufzutreiben, das sie benötigt."

    Von der Privatisierung betroffen sind nicht die Postämter, sondern der Brief- und Paketzustelldienst mit seinen 150.000 Mitarbeitern, die für einen jährlichen Umsatz von neun Milliarden Pfund sorgen. Der Unternehmenswert wird auf zwei bis drei Milliarden geschätzt.
    Wie viele Anteile des Unternehmens verkauft werden, steht noch nicht fest, sagt der Minister:

    "Wir hoffen, dass wir die Mehrheit der Unternehmensanteile verkaufen können, mehr als 50 Prozent, und was wirklich wichtig ist, dass zehn Prozent an die Beschäftigten der Royal Mail gehen; sie bekommen Aktien, für die sie nicht bezahlen müssen, und das ist bedeutend, dass die Mitarbeiter wirklich beteiligt sind."

    Das aber tröstet die keineswegs nicht. Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze. In einer Urabstimmung hat die Belegschaft zu fast 100 Prozent für Streik gestimmt. Schon früher sind Privatisierungsversuche der Royal Mail gescheitert, und es dürfte auf potenzielle Investoren abschreckend wirken, dass ein Unternehmen gerade in dem Moment verkauft werden soll, in dem es durch einen Streik lahmgelegt ist. Billy Hayes ist der Chef der Kommunikationsgewerkschaft.

    "Natürlich bereiten wir uns auf einen Streik vor, um die Menschen zu verteidigen, deren Interessen wir vertreten. Wir wollen nicht, dass unsere Arbeitsbedingungen von Leuten bestimmt werden, die nur einen schnellen Profit machen wollen und die die Postdienstleistungen zerstören. Die sehr altmodische Idee der Privatisierung wird die Dinge sehr viel schlechter machen."

    Nicht nur bei den Postlern selbst ist der Schritt umstritten. Auch die Mehrheit der Bevölkerung erinnert sich an manch verunglückte Privatisierung in der Vergangenheit und fürchtet um die Royal Mail, die zu den überaus geschätzten britischen Institutionen zählt.

    "Es ist nicht zu spät für die Regierung, den Stecker zu ziehen und zu sagen: 'Stopp, wir haben verstanden'. Doch sie hat die Pensionslasten der Post sozialisiert und nun will sie die Royal Mail privatisieren, gerade in dem Moment, wo sie profitabel ist und mehr als 400 Millionen Pfund Gewinn gemacht hat letztes Jahr."

    Sagt der Sprecher der oppositionelle Labour-Partei, Chuka Umunna. Der Verkauf der Royal Mail diene lediglich dazu, auf die Schnelle Haushaltslöcher zu stopfen.