Archiv


Schlechte Stimmung in Griechenland

In der vergangenen Woche streikten die Bankangestellten und die Hafenarbeiter und heute haben die griechischen Gewerkschaften zu einem vierstündigen Generalstreik aufgerufen. Weitere Streiks im Gesundheitswesen und im öffentlichen Dienst sind schon geplant. Zwei Jahre, nachdem die konservative Partei "Nea Demokratia" die Regierungsmacht übernommen hat, wird das soziale Klima in Griechenland rauer. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Inflationsrate sorgen für spürbaren Unmut in der Bevölkerung. Jerry Sommer hat sich für uns auf dem Großmarkt Athens umgehört.

    Auf dem Großmarkt in Athen unweit der Akropolis. Die Schlachter preisen ihr Lammfleisch und ihr Geflügel an. Der Verkauf von Hähnchen und Suppenhühner ist zwar auch in Athen wegen der Vogelgrippe zurückgegangen. Aber die wirtschaftliche Entwicklung macht den Menschen viel mehr Sorge. Die Geschäfte gehen nicht gut.

    " Die Wirtschaft ist einfach nur Scheiße, ich sehe schwarz. "

    Ein anderer ergänzt etwas vorsichtiger:

    " Na ja, es geht so, so, lala. "

    Neben der hohen Arbeitslosigkeit sind die Preissteigerungen das größte Problem für die griechischen Bürger. Mit 3,6 Prozent gehört die Inflationsrate Griechenlands zu den höchsten in der Europäischen Union. Das Land hat zwar immer noch eine hohes Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent. Aber im Geldbeutel merkt das die Mehrheit der Griechen nicht. Unternehmerverbände und die Regierung wollen in den anstehenden Tarifverhandlungen die Lohnerhöhungen sehr gering halten. Nur 2,8 Prozent mehr Lohn, also deutlich unter der Teuerungsrate, bieten die Unternehmer an. Damit sind viele Griechen nicht einverstanden.

    Im Zentrum Athens, am Syntagma-Platz versucht ein Polizist mit wilden Pfiffen den Verkehr zu regeln. Seine Aktionen wirken überflüssig, aber die Griechen haben sich längst daran gewöhnt. Auch hier, unweit des Parlamentes, überwiegt die schlechte Stimmung. Dabei hat die Mehrheit der Griechen vor zwei Jahren die Wahl des Konservativen Kostas Karamanlis zum Premierminister mit großen Hoffnungen verbunden.

    " Schlecht geht’s, vom Schlechtem zum schlechteren. "

    " Es ist besser geworden, aber alle wirtschaften nur in die eigene Tasche. "

    " Es ist nicht besser geworden, es ist schlechter geworden. Seit wir den Euro haben, geht es bergab. Die Löhne sind gleich geblieben, aber die Preise steigen. "

    Die Regierung befolgt einen strikten Sparkurs, weil der Schuldenstand des Staates enorm hoch ist. Gleichzeitig hat sie die Mehrwertsteuer von 18 auf 19 Prozent erhöht. Soziale Härten auf der einen Seite - eine andauernde hohe Arbeitslosigkeit von circa 11 Prozent auf der anderen Seite haben zu einer sinkenden Unterstützung für die konservative Regierungspartei geführt. Die sozialistische Opposition wittert Morgenluft und fordert schon Neuwahlen. Doch das ist Propaganda, meint der Politologe Prof. Theodoros Koloumbis. Die Regierung sitze ziemlich fest im Sattel.

    " In den ersten zwei Jahren der Legislaturperiode hat die Neue Demokratie laut den Meinungsumfragen ein paar Federn lassen müssen, aber die Unterstützung des Premierministers Karamanlis ist nicht zurückgegangen. Im Vergleich zu dem Vorsitzenden der sozialistischen Opposition Papandreou hat er nach wie vor einen großen Vorsprung. "

    Die Gewerkschaften fordern Lohnerhöhungen, die über einen Inflationsausgleich hinausgehen. Gleichzeitig wehren sie sich gegen einen Abbau von Arbeitnehmerrechten. Die Vereinigung der Banken hat es abgelehnt, einen nationalen Tarifvertrag für die Bankbediensteten abzuschließen. Die Banken wollen, mit mehr oder weniger offener Unterstützung der Regierung, dass mit jeder einzelnen Bank ein individueller Tarifvertrag ausgehandelt wird. Das lehnen die Gewerkschaften strikt ab. Dagegen haben schon die Bankbediensteten gestreikt. Dagegen richtet sich auch der heutige vierstündige Generalstreik.

    "Drei Artischocken für einen Euro", ruft der Verkäufer auf dem Athener Gemüsemarkt. Er hält nichts von den Streikaktivitäten - bei den Wahlen vor zwei Jahren hat er den Konservativen Karamanlis gewählt. Und er unterstützt ihn weiterhin.

    " Karamanlis hat viele Dinge besser gemacht. Unserer Wirtschaft geht es gut, die Griechen leben doch viel besser als alle anderen Völker. "

    Die Streikenden heute dürften das anders sehen.