Archiv


Schlechte Zeiten für Allergiker?

Der Klimawandel hat Auswirkungen auf die Vegetation. Wenn Pflanzen früher blühen, haben Menschen zu leiden, die allergisch auf Pollen reagieren. Ob bereits jetzt eine Veränderung des Pollenflugs festgestellt werden kann, das hat das Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin untersucht und zwar für die Region Berlin, wo seit 20 Jahren Pollen gezählt werden. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden heute veröffentlicht.

Von Markus Rimmele |
    Die Berliner Daten bestätigen die Befürchtungen. Es sind jedenfalls schlechte Nachrichten für die 18 Millionen Pollenallergiker in Deutschland. Die Wissenschaftler haben die Phase des Birkenpollenflugs 25 Jahre lang beobachtet und einen deutlichen Zusammenhang zwischen Temperaturanstieg und Beginn der Ausstäubung festgestellt. Bei der Birke kommt es hier vor allem auf die Märzmitteltemperatur an. Die bestimmt, wann es losgeht mit dem Pollenflug. Thomas Dümmel vom Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin.

    " Die Märzmitteltemperatur hat sich in Berlin zumindest in den letzten 25 Jahren um 0,6 - 0,7 Grad im Mittel angehoben, also es ist wärmer geworden. Das haben wir also festgestellt. Und zwar hat sich der Start der Birkensaison um zehn Tage in diesen 25 Jahren nach vorne verschoben. Das Ende hat sich auch etwas nach vorne geschoben, aber nicht genau auch um die zehn Tage, sondern nur um zwei Tage. So dass insgesamt die ganze Saison sogar um acht Tage länger geworden ist. Also die Allergiker müssen acht Tage länger leiden quasi."

    Natürlich schwankt der Beginn des Pollenflugs von Jahr zu Jahr je nach Witterung beträchtlich. Und 25 Jahre sind für eine solche Langzeitbeobachtung auch eher knapp bemessen. Ein Trend ist aber wohl doch deutlich erkennbar.

    Die Daten stammen von der Pollenfalle auf dem Dach des FU-Instituts. Mit einer kleinen Pumpe saugt sie Luft an, führt diese über einen Klebestreifen. Die haftenden Pollen können dann im Labor gezählt werden. Der Klebestreifen bildet ab, was so alles in der Luft herumfliegt. Und dabei haben die Forscher in den letzten Jahren noch eine weitere beunruhigende Entdeckung gemacht. Immer häufiger identifizieren Sie Pollen der Ambrosia-Pflanze unter dem Mikroskop. Die Ambrosia ist ein Unkraut, das aus Amerika stammt. Sie gelangte in den 70er Jahren über verunreinigtes Saatgut vor allem nach Ungarn und verbreitet sich seither über Europa. In Deutschland konnte sie sich bislang aus klimatischen Gründen nicht dauerhaft ansiedeln. Das scheint sich mit den höheren Temperaturen jetzt zu ändern - mit unangenehmen Folgen.

    " Diese Ambrosia-Pflanze gehört zu den allergisch aggressivsten, die wir überhaupt kennen. Da reicht schon das bloße Anfassen, dass Sie merken, oh, da ist was nicht in Ordnung. Und das ist auch eine Pflanze, die sehr massiv ausstäubt. Und Länder, die, zum Beispiel Frankreich im Rhone-Tal und auch in Italien, die das vernachlässigt haben dieses Problem, die werden der Sache jetzt nicht mehr Herr. Die haben sich so ausgebreitet. Und das Gesundheitssystem ist extrem belastet durch die medizinische Behandlung dieser Allergiker dann."

    Die Wissenschaftler fordern eine konzertierte Bekämpfung der Ambrosia. Noch ist die Belastung in Deutschland eher gering. Ein Ausbreiten müsse aber dringend verhindert werden. Neue allergene Pflanzen, früherer Pollenflug. Das sind also die Folgen des Klimawandels für Allergiker. Was die Birkenpollen angeht, rechnen die Forscher mit einer weiteren Verschiebung des Ausstäubens. Allerdings keiner grenzenlos. Thomas Dümmel.

    " Es wird eben weiter nach vorne unter Umständen gehen. Bisher haben wir eine natürliche Schwankungsbreite von - sagen wir mal - Mitte März bis Mitte April. Und es wird sich halt immer mehr zu Mitte März halt hin bewegen. Aber viel weiter nach vorne wird's nicht gehen, das ist klimatisch nicht machbar hier in unseren Breiten."

    Doch das gilt erst einmal nur für die Birke. Es gibt da ja auch noch Haselnuss, Erle, Gräser, Roggen und Beifuss.