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Schlechtere Umweltbilanz trotz schrumpfender Bevölkerung?

Im Jahr 2025 werden in Deutschland rund 40,5 Millionen Haushalte bestehen, etwa eine Million mehr als bisher, so die Erwartung des Statistischen Bundesamtes. In vielen Regionen hat allerdings bereits ein dramatischer Bevölkerungsrückgang eingesetzt. Was das für den Verbrauch an Umwelt-Ressourcen in Zukunft bedeutet, damit hat sich das Leibniz-Institut für ökologische Raumplanung in Dresden beschäftigt.

Von Christian Forberg |
    Es scheint logisch, auf den ersten Blick zumindest: Deutschlands Bevölkerung schrumpft bis zur Mitte des Jahrhunderts, braucht weniger Wohnraum und wird älter. Für die Umwelt scheint das gut zu sein. Den zweiten Blick vermittelt das IÖR, das Dresdner Institut für ökologische Raumplanung. Der sagt: Es ist bei weitem nicht so einfach, und die Veränderungen liegen auch nicht in ferner Zukunft. Wir stehen bereits an der Schwelle jener Prozesse, die uns erst noch richtig Kopfschmerzen bereiten können. Die Zahl der kleinen Single- und Rentnerhaushalte steigt, ebenso wie Energiepreise und Betriebskosten. Für den Klimaschutz ist das fatal, sagt Clemens Deilmann, Abteilungsleiter Wohnungswesen und Bauökologie:

    "Es werden Einfamilienhäuser gebaut, man leistet sich, weil die Mieten günstig sind, eine ein bisschen größere Wohnung, so dass der Konsum pro Kopf an Wohnfläche steigt. Und das frisst im Grunde genommen das auf, was wir an Effizienzgewinn auf der Gebäudeseite haben, und dann bleibt unterm Strich die CO2-Bilanz pro Einwohner gleich. "

    Und damit könne man schon zufrieden sein, meint Deilmann, und bezieht sich auf eine Sachsen-Studie, die bis ins Jahr 2030 reicht.

    Bitter wird der Blick ins Jahr 2050, wenn man die Zukunft vieler sanierter Wohngebiete betrachtet: Wenn man die aktuelle Leerstandsquote von einem Sechstel der sächsischen Wohnungen nur halten will, müssten bei dem kommenden Bevölkerungsrückgang bald 40 Prozent aller Wohnungen in Sachsen abgerissen werden. Auch schöne Gründerzeitwohnungen:

    "Wir haben gar nicht so viel Plattenbau, wie wir abreißen sollten. Also da ist im Jahre 2050 sowieso nur noch 30 Prozent da von dem, was wir heute hier sehen. "

    Wenn umgestaltet werden muss, dann sollte auch neu gebaut werden, mindestens nach Maßstäben wie dem Passivhaus. Das sei langfristig ökologischer und ökonomischer, als krampfhaft an den schönen Fassaden festzuhalten, besagt eine Schweizer Studie:

    "Wir kriegen die Gebäude nie auf solch ein energetisches Niveau. Und diese Schweizer Studie kommt zum Schluss, dass langfristig - jetzt sprechen wir aber auch über einen Zeitraum der nächsten 30 bis 40 Jahre, falls sich die Energiepreise verzehnfacht haben sollten - auf einmal der Gebäudebestand, den wir haben, überaltert ist - technisch. Und die Nutzer die Zeche zahlen, dass wir diese Strategie der Bestandserhaltung gefahren haben."

    Nicht viel anders ist es in Bezug auf neue Einfamilienhäuser: in einigen ostdeutschen Wohngebieten gelten sie schon jetzt als kaum wiederverkaufbar. Man kann es recht verlässlich berechnen, sagt Monika Meyer-Künzel, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung und Stadtökologie, wie sich eine geringe Wohndichte oder Dispersität auswirkt:

    "Diese Dispersität birgt natürlich das Problem in sich, dass ich kleine Siedlungen von 3-5 Häusern mit Riesenleitungen versorgt habe, weil da vorher 15 Häuser standen, es aber enorme Kosten verursachen würde, diese Leitungskosten zurückzunehmen. "

    Aber es ist auch teuer, sie zu erhalten: Die Kosten hätten die verbliebenen Bewohner zu tragen. Ein Rückzug in die Stadt, ihre sinnvolle Verdichtung wäre gut, um die "breiige Art des deutschen Wohnens", wie es Deilmann nennt, und künftig den Flächenverbrauch zu beenden.

    Je weiter der Blick in die Zukunft gerichtet ist, desto mehr Unsicherheiten kommen in Prognosen, weshalb man sich im IÖR mit einem Analyse-Instrument auf das recht sichere Jahr 2020 bezieht: Der Wohnungsrechner, den Irene Iwanow erklärt:

    Wir differenzieren nach Eigentums- und Mietwohnung, nach Bestands- oder Neubauwohnung, und wir differenzieren nach Einfamilien-, Zweifamilien-, Mehrfamilienhäusern, zum Teil die Mehrfamilienhäuser differenziert nach Gebäudegröße. Auch zum Teil nach Wohnlage. Das hängt von der Größe der Kommune ab, wie tief wir in der Regionalisierung gehen.

    Gut hundert Kommunen in Ost- wie Westdeutschland haben das Internetprogramm bislang genutzt. Für Baden-Württemberg kam ein zunehmender Wohnungsbedarf in den Städten und an den Rändern des Bundeslandes heraus. Es lohnt sich dort weiter zu bauen. Aber nur bis etwa 2020, danach wird auch hier die Bevölkerung schrumpfen. Und dann?