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Schleswig-Holstein
Koalition hält an Bildungsministerin Wende fest

Von Uwe Nieber |
    Schleswig-Holsteins Bildungsministerin hält Kurs und die Kieler Küstenkoalition an ihr fest. Für SPD, Grüne und dänisch-orientierten SSW geht es längst um mehr als nur Wara Wende und ihre vermeintlichen Verfehlungen um eine einkassierte Rückkehroption auf eine Professur an der Universität Flensburg. Dafür soll sie den Kanzler der Uni mit dem Versprechen seiner Wiederwahl bestochen haben.
    Die Regierungsparteien wittern eine Kampagne gegen die Kehrtwende in der Bildungspolitik. Deshalb versuchten CDU und FDP, Regierungshandel zu skandalisieren und die Bildungsministerin zu zermürben; denn die setze tatkräftig und ergebnisorientiert linke Schul- und Hochschulpolitik um - eingestandenermaßen nicht fehlerfrei. Mit voller Rückendeckung der Koalitionsparteien. SPD-Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner:
    "In der Sache können sich die Ergebnisse sehen lassen. Sie stehen gegen eine fortschrittliche, moderne und soziale Bildungspolitik. Wir von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW sehen darin das Fundament unserer Regierungskoalition."
    Und in Wende eine Art Galionsfigur zeitgemäßer Bildungspolitik.
    Rücktrittsforderungen an ihre Adresse stoßen deshalb beim Regierungsbündnis auf taube Ohren. Dass jetzt Staatsanwälte ermitteln, ist für SPD, Grüne und SSW kein Grund, der Ministerin den Laufpass zu geben. Das Ergebnis bleibe abzuwarten. Frau Wendes Kritiker sehen das weiter anders. Oppositionsführer Johannes Callsen von der CDU:
    "Eine Ministerin, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen derart schwerer Vorwürfe ermittelt, kann ihre Amtsgeschäfte nicht mehr ausüben. Daran kann es doch nicht den geringsten Zweifel geben."
    Wara Wende allerdings hat davon nach eigenen Worten bislang nichts gemerkt. Bei Schulbesuchen sind die Vorgänge kein Thema, obwohl sie dazu freimütig Rede und Antwort stehen würde. Die Ministerin geht unverdrossen den Amtsgeschäften nach und arbeitet ihren Terminkalender ab. Die Kampagne der Opposition lässt die politische Seiteneinsteigerin Wende beileibe nicht kalt, doch es gelingt ihr weitgehend, die Façon zu wahren. Nur bei der Auswahl ihrer Gesprächspartner ist Frau Wende wählerischer geworden: Sie gibt nicht mehr jedem Interviewwunsch nach. Zumal ihre Position seit Monaten unverändert ist. Sie habe sich nichts vorzuwerfen und deshalb gebe es keinen Grund zurückzutreten:
    "Ein Ermitteln einer Staatsanwaltschaft ist ein Verdacht. Und auf einen Verdacht hin muss niemand zurücktreten. Die Unschuldsvermutung ist aus meiner Sicht ein hohes und keineswegs ein abstraktes Gut. Was machen Schüler damit? Dann lernen die daraus, ich brauche nur jemanden öffentlich an den Pranger zu stellen, ich muss einen Verdacht über ihn äußern und dann ist der gezwungen, sein Amt aufzugeben."
    Wendes oberster Dienstherr, Ministerpräsident Torsten Albig, teilt diese Argumentation ausdrücklich - nach quälendem Lernprozess im Gefolge der Causa Wulff. Die inzwischen bestätigte Unschuldsvermutung konnte den vehement geforderten Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff nicht abwenden, damals ganz im Sinne von Albig. Heute ein von ihm öffentlich eingestandener Fehler, den er im Fall seiner Bildungsministerin nicht wiederholen will:
    "Meine Aussagen, die ich bei Herrn Wulff geäußert habe – vor einem Jahr denkend: Na ja, irgendwie gilt doch was anderes für einen Bundespräsidenten -, die waren falsch. Die waren falsch vor dem Hintergrund dessen, was am Ende dieses Verfahrens rausgekommen ist und es ärgert mich, sie so gesagt zu haben – noch so denkend, wie sie heute auch scheinbar denken."
    Das ist auch der wahre Grund für Albigs Nibelungentreue zu Wende, der ihn seine politische Zukunft an deren Weiterarbeit knüpfen lässt - bis hin zu einer verkappten Rücktrittsdrohung, ausgesprochen hinter verschlossenen Türen im Kreis von Koalitionspolitikern.