Donnerstag, 28. März 2024

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Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag
Erst versetzt, dann gekündigt

Im vergangenen Jahr klagte der Leiter der Stadtredaktion des "Flensburger Tageblatts" gegen eine Versetzung und bekam Recht. Nun wird er allerdings nicht, wie vom Gericht angeordnet, auf seine alte Stelle zurückversetzt. Stattdessen hat ihm sein Verlag gekündigt.

Peer-Axel Kroeske im Gespräch mit Stefan Fries | 31.01.2019
    Eine Ausgabe der Tageszeitung "Flensburger Tageblatt" liegt zwischen mehreren Ausgaben der Tageszeitung "Neue Osnabrücker Zeitung".
    Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ) begründete die Versetzungen der Stadtredakteure mit einer "Modernisierung" beim "Flensburger Tageblatt" (picture alliance / dpa / Marcus Brandt)
    Im vergangenen Jahr wurden mehrere Mitarbeiter der Stadtredaktion des "Flensburger Tagblatt" in kleinere Orte im Umland versetzt. Darunter war auch der Leiter der Redaktion, Carlo Jolly. Dieser klagte daraufhin vor dem Flensburger Arbeitsgericht gegen seine Versetzung und bekam Recht.
    Vor Gericht hatte Chefredakteur Stefan Kläsener, der die Position des hinter der Zeitung stehenden Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (SHZ) vertritt, mit einer Modernisierung argumentiert: Um sich stärker auf digitalen Journalismus fokussieren zu können, habe man die Redaktion auch personell umgestaltet.
    Diese Begründung spielte für das Arbeitsgericht allerdings nur eine untergeordnete Rolle. In seinem Urteil stützte sich das Gericht vor allem auf den Arbeitsvertrag Jollys, in dem Arbeitsort und Aufgabe klar definiert waren. Demnach habe der Redakteur nicht versetzt werden dürfen.
    SHZ kritisiert Jollys Verhalten
    Statt nach der Urteilssprechung in die Flensburger Stadtredaktion zurückversetzt zu werden, erhielt Jolly jedoch eine Kündigung. Der SHZ begründete diese mit Jollys Verhalten. Jolly hatte dem NDR-Medienmagazin "Zapp" im Oktober ein Interview zu seiner Versetzung gegeben.
    Arnold Petersen vom "Deutschen Journalisten-Verband" in Schleswig-Holstein kritisierte das Vorgehen des Zeitungsverlags. Dass der Fall bundesweit für Aufsehen gesorgt habe, habe sich der SHZ selbst zuzuschreiben. Man müsse sich in Jollys Situaion hineinversetzen. "Es ist viel über ihn gesprochen worden. Und wenn er sich zu Wort meldet, kann ich nichts Anstößiges daran erkennen", so Petersen.
    Fehlende Distanz zur lokalen Politik und Wirtschaft?
    Vor Gericht versuchte der SHZ noch etwas anderes gegen Carlo Jolly auszulegen: Nach seiner und der Versetzung der anderen Redakteure hatten vier Pressesprecher in Flensburg - aus dem Rathaus, vom städtischen Technischen Betriebszentrum, von der Universität und einer Wohnungsbaugenossenschaft - als Privatpersonen einen offenen Brief verfasst, mit dem sie sich für die versetzten Redakteure einsetzen wollten.
    Das Schreiben beweise, so der SHZ, dass die Distanz zu denjenigen fehle, über die die Redakteure berichten sollen. Das habe eine Rückkehr in die Stadtredaktion unmöglich gemacht. Dass sich darüber hinaus Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) sowie grüne Landespolitiker ebenfalls irritiert gezeigt hatten, wertete SHZ-Chefredakteur Kläsener gegenüber dem Deutschlandfunk als "einen beispiellosen Vorgang". Politische Parteien versuchten so Einfluss auf die Pressearbeit zu nehmen.
    Weil der SHZ eine Beschäftigung Jollys nach wie vor ausschließt, will dieser nun gegen seine Kündigung vorgehen. Mitte Februar soll außerdem die Klage eines weiteren betroffenen Kollegen der Flensburger Stadtredaktion verhandelt werden.