Größenwahn – so mein erster Gedanke vor der prunkvollen Fassade des riesigen Schlosses. Den weiten Ehrenhof begrenzen die nicht weniger prächtigen Kavaliershäuser, Verwaltungs- und Wirtschaftsbauten. Der Sohn von August dem Starken, der sächsische Kurfürst und polnische König August III. hat sich ein zweites Versailles bauen lassen.
"Da sollte im Prinzip der gesamte europäische Hochadel beeindruckt werden. Von August/September bis in den November hinein war Dresden leer gefegt. Die Königsfamilie selber war hier, aber damit auch alle Botschafter aus anderen Ländern, die am Hof waren, auch alle höheren Hofbeamten. Ja, in Dresden war niemand mehr, alle waren hier. Und deshalb Residenzschloss. Es ist die Sommer- oder in dem Fall Herbst-Residenz, weil es eben für die Jagdzeit genutzt wurde."
Das berühmte Jagdschloss Moritzburg bei Dresden ist klein dagegen. Die Gemahlin August des III. kam aus dem Hause Habsburg und der Sachsen-Herrscher rechnete sich Chancen aus auf den Kaiser-Thron. Doch dazu kam es nicht und sein prächtiges Schloss fiel im 7-jährigen Krieg in den Zustand eines Rohbaues. Es wurde jedoch nicht zerschossen.
"Entgegen den damaligen Gepflogenheiten, dass Besitztümer des Herrschers auf der anderen Seite nicht angegriffen und auch nicht geplündert werden, hat Friedrich II., wie wir ihn hier nennen, "der Große" versuchen wir in dem Zusammenhang zu vermeiden, den Befehl gegeben, alles aus dem Schloss heraus zu holen und zu veräußern, um die Kriegskasse wieder aufzufüllen. Offiziell war es die Rache für die Plünderung von Schloss Charlottenburg 1-1/2 Jahre vorher. Es gibt aber Berichte von der Plünderung von Schloss Charlottenburg, da sind einige Freischärler eingedrungen, haben drei Spiegel kaputt gemacht und sicher ein wenig Schaden angerichtet. Während das Plünderungsprotokoll hier auf Hubertusburg einige Seiten umfasst. Es ist sogar der Stuck von den Decken geschlagen und veräußert worden."
Nicht nur Möbel und Kunstwerke verschwanden. Fenster und Spiegel wurden ausgebaut, Türklinken abgeschraubt, das Dach abgedeckt. Die Unterhändler der Friedensverhandlungen mussten in einem Kavaliershaus tagen. Das Schloss war dann Militär-Lazarett, Getreidelager, Zuchthaus, Krankenhaus. Der Wermsdorfer Bürgermeister Matthias Müller ist in einem der Kavaliershäuser aufgewachsen, die sind zum Teil heute noch bewohnt.
""Wir haben hier auf den Wiesen Fußball gespielt, Verstecken und Hasche. Wir haben das so als Schloss gar nicht wahrgenommen, sondern das war halt unser Lebensraum. Ja, Kinder schauen nicht so weit und auch viele Erwachsene haben das gar nicht so wahrgenommen damals.""
Vor 250. Jahren beendete der Frieden zu Hubertusburg den 7-jährigen Krieg, jedenfalls für Preußen, Sachsen und Österreich. Aus diesem Anlass ist der Hauptflügel des Schlosses erstmals für Besucher geöffnet. Einzig unversehrt und nicht geplündert blieb die Schlosskapelle. Sie ist immer noch katholische Kirche und strahlt in barockem Glanz. Die königlichen Wohn- und Repräsentationsräume hat man bewusst nicht restauriert. In einem Raum zeigt eine großflächige Computersimulation, wie er wohl einst ausgesehen hat.
"Wir haben alles, was wir wissen, eingegeben, also die Art und Weise, wie der Stuck geformt ist, die Ausmaße. Man kennt ja noch die Baubefunde, also, wo sich Türen befunden haben, Spiegel und Kamine. Und so ist dieses Bild entstanden, was einen Eindruck davon gibt, wie es hier ausgesehen hat. Also an der Stelle, das wissen wir aus den Plänen, hat der Thronsessel der Maria Josepha oder der Audienzstuhl gestanden. Es gab hier den Kamin mit den wunderbaren Jagdvasen. Das ist auch in den Berichten verbürgt, dass diese in gelbblau gehaltenen Vasen auf den Kaminsimsen gestanden haben. Und wenn Sie in diese Vitrine schauen: Eine dieser schönen Vasen, die ja alle Jagdmotive zeigen, haben wir hier ausgestellt. Das ist eines der wenigen Stücke, die hier wieder an ihren Ursprungsort zurückgekommen sind."
Dr. Claudia Brink ist Kuratorin der Ausstellung über eben das Schloss, die königliche Jagd und den Frieden zu Hubertusburg.
""Ungefähr 200 Exponate kommen aus den staatlichen Kunstsammlungen, und zwar aus den ganz verschiedenen Bereichen. Möbel gibt es, also das Kunstgewerbemuseum ist gefragt gewesen. Dann natürlich die Rüstkammer mit den meisten Objekten, Gemäldesammlung, Münzkabinett, verschiedene Porzellansammlungen. Wir haben die Stücke ausgesucht, die besonders gut hier her passen und die Geschichte des Schlosses, die Nutzung und natürlich auch die Zeit August III. wunderbar dokumentieren können. Wir haben z.B. seltene Exemplare von Jagdlappen ausgestellt. Es war ja so, dass man diese Areale mit Lappen abzäunte und das Wild dort zusammentrieb und dann ging mal eins durch die Lappen. Daher der Ausdruck. Wir haben Waffen, wunderbar geschmückt zum Teil, aber auch Gemälde.""
Die Ausstellung ist bis zum 5. Oktober zu sehen. Ein Samstag, ungewöhnlich um zu schließen. Doch das hat seinen Grund.
""Am 5. Oktober 1763 starb August III. und nur wenige Wochen später im Dezember starb dann auch sein Sohn, also der Nachfolger. Brühl war auch gestorben. Also man kann sagen, das Augusteische Zeitalter endete in diesem Jahr.""
Lange schnurgerade Alleen durchziehen die Wermsdorfer Wälder. Extra angelegt für die Parforce-Jagd. So konnten die Kutschen durch den Wald preschen.
"Die königliche Familie hat nicht richtig selber gejagt, sondern eine Hundemeute und Reiter haben für den König kapitale Hirsche, kapitale Schweine über Kilometer hinweg gehetzt. Der jeweilige Gekrönte hat dann nur noch den Fangschuss oder den Fangstich gesetzt, nachdem das Tier letztendlich völlig kraftlos war."
Immer Ende August, in diesem Jahr am 31. veranstaltet der Wermsdorfer Reit- und Fahrverein eine Parforce-Jagd. Doch heutzutage wird kein Hirsch getrieben, nein, ein Reiter legt eine Duftspur, der dann die Hundemeute und viele Reiter folgen. Mit dabei sind auch Bläser mit Parforce-Hörnern. Diese haben französische Tradition und sind größer als die handlichen Jagdhörner hierzulande. Aus allen möglichen Richtungen schallen die Signale. Wie zu Augusts Zeiten.
Wermsdorf hat nicht nur das riesige Schloss und weite Wälder, auch eine ausgedehnte Teichlandschaft. Seit 500 Jahren.
"Schon als damals das Adelsgeschlecht der Wettiner Wermsdorf, den Wermsdorfer Wald übernommen und alles, was dazugehörte, gekauft hat, hat man angefangen hier in Wermsdorf Teiche künstlich zur Fischzucht anzulegen. Dadurch, dass es hier viele Bachniederungen gab, konnte relativ leicht angestaut werden und die Teiche eben eingerichtet werden. Es gibt auch etliche natürliche Teiche im Wermsdorfer Wald. Da hat man dann das eine mit dem anderen gut verbunden."
Susann Müller war als Fischkönigin Susann die I., gewählt wird Mitte Oktober zum großen Abfischen. Das zweite Wermsdorfer Großereignis. In den Teichen tummeln sich die Karpfen tonnenweise. Zum Abfischen wird das Wasser abgelassen.
"Und dann sieht man schon bis auf den Teichgrund. Es bleibt immer so – man bezeichnet das als Fischgrube – ein bisschen Wasser stehen, wo man dann die Fische halt abfischen kann. Zu unserem Horstsee-Fischen, das ist hier das größte Abfischen, Schaufischen, da sieht man, wie die Fischer große Netze auslegen und zum Randeinziehen. Und da sind dann die Fische drin. Und das muss man dann mehrmals machen, bis der Hauptbestand abgefischt ist."
Viele Wanderwege führen durch Teichlandschaft und Wälder. Im Wald tun sich immer wieder Sichtachsen auf mit Blick auf den Barock-Turm des Schlosses. Von den Teichen aus sieht man es über dem Ort thronen. Und die Einheimischen hoffen, dass nach Ende der Ausstellung die Türen von Hubertusburg nicht wieder fast ewig geschlossen bleiben.
"Früher war es halt einfach nur da, manchmal mehr Last als Lust. Und jetzt wird es von vielen wieder als ihr Schloss, als unser Schloss wahrgenommen."
"Da sollte im Prinzip der gesamte europäische Hochadel beeindruckt werden. Von August/September bis in den November hinein war Dresden leer gefegt. Die Königsfamilie selber war hier, aber damit auch alle Botschafter aus anderen Ländern, die am Hof waren, auch alle höheren Hofbeamten. Ja, in Dresden war niemand mehr, alle waren hier. Und deshalb Residenzschloss. Es ist die Sommer- oder in dem Fall Herbst-Residenz, weil es eben für die Jagdzeit genutzt wurde."
Das berühmte Jagdschloss Moritzburg bei Dresden ist klein dagegen. Die Gemahlin August des III. kam aus dem Hause Habsburg und der Sachsen-Herrscher rechnete sich Chancen aus auf den Kaiser-Thron. Doch dazu kam es nicht und sein prächtiges Schloss fiel im 7-jährigen Krieg in den Zustand eines Rohbaues. Es wurde jedoch nicht zerschossen.
"Entgegen den damaligen Gepflogenheiten, dass Besitztümer des Herrschers auf der anderen Seite nicht angegriffen und auch nicht geplündert werden, hat Friedrich II., wie wir ihn hier nennen, "der Große" versuchen wir in dem Zusammenhang zu vermeiden, den Befehl gegeben, alles aus dem Schloss heraus zu holen und zu veräußern, um die Kriegskasse wieder aufzufüllen. Offiziell war es die Rache für die Plünderung von Schloss Charlottenburg 1-1/2 Jahre vorher. Es gibt aber Berichte von der Plünderung von Schloss Charlottenburg, da sind einige Freischärler eingedrungen, haben drei Spiegel kaputt gemacht und sicher ein wenig Schaden angerichtet. Während das Plünderungsprotokoll hier auf Hubertusburg einige Seiten umfasst. Es ist sogar der Stuck von den Decken geschlagen und veräußert worden."
Nicht nur Möbel und Kunstwerke verschwanden. Fenster und Spiegel wurden ausgebaut, Türklinken abgeschraubt, das Dach abgedeckt. Die Unterhändler der Friedensverhandlungen mussten in einem Kavaliershaus tagen. Das Schloss war dann Militär-Lazarett, Getreidelager, Zuchthaus, Krankenhaus. Der Wermsdorfer Bürgermeister Matthias Müller ist in einem der Kavaliershäuser aufgewachsen, die sind zum Teil heute noch bewohnt.
""Wir haben hier auf den Wiesen Fußball gespielt, Verstecken und Hasche. Wir haben das so als Schloss gar nicht wahrgenommen, sondern das war halt unser Lebensraum. Ja, Kinder schauen nicht so weit und auch viele Erwachsene haben das gar nicht so wahrgenommen damals.""
Vor 250. Jahren beendete der Frieden zu Hubertusburg den 7-jährigen Krieg, jedenfalls für Preußen, Sachsen und Österreich. Aus diesem Anlass ist der Hauptflügel des Schlosses erstmals für Besucher geöffnet. Einzig unversehrt und nicht geplündert blieb die Schlosskapelle. Sie ist immer noch katholische Kirche und strahlt in barockem Glanz. Die königlichen Wohn- und Repräsentationsräume hat man bewusst nicht restauriert. In einem Raum zeigt eine großflächige Computersimulation, wie er wohl einst ausgesehen hat.
"Wir haben alles, was wir wissen, eingegeben, also die Art und Weise, wie der Stuck geformt ist, die Ausmaße. Man kennt ja noch die Baubefunde, also, wo sich Türen befunden haben, Spiegel und Kamine. Und so ist dieses Bild entstanden, was einen Eindruck davon gibt, wie es hier ausgesehen hat. Also an der Stelle, das wissen wir aus den Plänen, hat der Thronsessel der Maria Josepha oder der Audienzstuhl gestanden. Es gab hier den Kamin mit den wunderbaren Jagdvasen. Das ist auch in den Berichten verbürgt, dass diese in gelbblau gehaltenen Vasen auf den Kaminsimsen gestanden haben. Und wenn Sie in diese Vitrine schauen: Eine dieser schönen Vasen, die ja alle Jagdmotive zeigen, haben wir hier ausgestellt. Das ist eines der wenigen Stücke, die hier wieder an ihren Ursprungsort zurückgekommen sind."
Dr. Claudia Brink ist Kuratorin der Ausstellung über eben das Schloss, die königliche Jagd und den Frieden zu Hubertusburg.
""Ungefähr 200 Exponate kommen aus den staatlichen Kunstsammlungen, und zwar aus den ganz verschiedenen Bereichen. Möbel gibt es, also das Kunstgewerbemuseum ist gefragt gewesen. Dann natürlich die Rüstkammer mit den meisten Objekten, Gemäldesammlung, Münzkabinett, verschiedene Porzellansammlungen. Wir haben die Stücke ausgesucht, die besonders gut hier her passen und die Geschichte des Schlosses, die Nutzung und natürlich auch die Zeit August III. wunderbar dokumentieren können. Wir haben z.B. seltene Exemplare von Jagdlappen ausgestellt. Es war ja so, dass man diese Areale mit Lappen abzäunte und das Wild dort zusammentrieb und dann ging mal eins durch die Lappen. Daher der Ausdruck. Wir haben Waffen, wunderbar geschmückt zum Teil, aber auch Gemälde.""
Die Ausstellung ist bis zum 5. Oktober zu sehen. Ein Samstag, ungewöhnlich um zu schließen. Doch das hat seinen Grund.
""Am 5. Oktober 1763 starb August III. und nur wenige Wochen später im Dezember starb dann auch sein Sohn, also der Nachfolger. Brühl war auch gestorben. Also man kann sagen, das Augusteische Zeitalter endete in diesem Jahr.""
Lange schnurgerade Alleen durchziehen die Wermsdorfer Wälder. Extra angelegt für die Parforce-Jagd. So konnten die Kutschen durch den Wald preschen.
"Die königliche Familie hat nicht richtig selber gejagt, sondern eine Hundemeute und Reiter haben für den König kapitale Hirsche, kapitale Schweine über Kilometer hinweg gehetzt. Der jeweilige Gekrönte hat dann nur noch den Fangschuss oder den Fangstich gesetzt, nachdem das Tier letztendlich völlig kraftlos war."
Immer Ende August, in diesem Jahr am 31. veranstaltet der Wermsdorfer Reit- und Fahrverein eine Parforce-Jagd. Doch heutzutage wird kein Hirsch getrieben, nein, ein Reiter legt eine Duftspur, der dann die Hundemeute und viele Reiter folgen. Mit dabei sind auch Bläser mit Parforce-Hörnern. Diese haben französische Tradition und sind größer als die handlichen Jagdhörner hierzulande. Aus allen möglichen Richtungen schallen die Signale. Wie zu Augusts Zeiten.
Wermsdorf hat nicht nur das riesige Schloss und weite Wälder, auch eine ausgedehnte Teichlandschaft. Seit 500 Jahren.
"Schon als damals das Adelsgeschlecht der Wettiner Wermsdorf, den Wermsdorfer Wald übernommen und alles, was dazugehörte, gekauft hat, hat man angefangen hier in Wermsdorf Teiche künstlich zur Fischzucht anzulegen. Dadurch, dass es hier viele Bachniederungen gab, konnte relativ leicht angestaut werden und die Teiche eben eingerichtet werden. Es gibt auch etliche natürliche Teiche im Wermsdorfer Wald. Da hat man dann das eine mit dem anderen gut verbunden."
Susann Müller war als Fischkönigin Susann die I., gewählt wird Mitte Oktober zum großen Abfischen. Das zweite Wermsdorfer Großereignis. In den Teichen tummeln sich die Karpfen tonnenweise. Zum Abfischen wird das Wasser abgelassen.
"Und dann sieht man schon bis auf den Teichgrund. Es bleibt immer so – man bezeichnet das als Fischgrube – ein bisschen Wasser stehen, wo man dann die Fische halt abfischen kann. Zu unserem Horstsee-Fischen, das ist hier das größte Abfischen, Schaufischen, da sieht man, wie die Fischer große Netze auslegen und zum Randeinziehen. Und da sind dann die Fische drin. Und das muss man dann mehrmals machen, bis der Hauptbestand abgefischt ist."
Viele Wanderwege führen durch Teichlandschaft und Wälder. Im Wald tun sich immer wieder Sichtachsen auf mit Blick auf den Barock-Turm des Schlosses. Von den Teichen aus sieht man es über dem Ort thronen. Und die Einheimischen hoffen, dass nach Ende der Ausstellung die Türen von Hubertusburg nicht wieder fast ewig geschlossen bleiben.
"Früher war es halt einfach nur da, manchmal mehr Last als Lust. Und jetzt wird es von vielen wieder als ihr Schloss, als unser Schloss wahrgenommen."