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Schlüsselfigur des Dopings in Österreich

Vor dem Wiener Landgericht für Strafsachen wird der Doping-Prozess gegen Walter Mayer eröffnet. Der 54-Jährige hatte von 1999 bis 2006 die Langläufer und Biathleten des Österreichischen Ski-Verbandes trainiert. Er galt auch beim Dopingskandal während der Winterspiele 2006 in Turin als eine der Schlüsselfiguren.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Das Verfahren gegen Walter Mayer ist einer von vielen Doping-Prozessen, die seit der Einführung des Anti-Doping-Gesetzes in Österreich am 1. August 2008 eingeleitet wurden. Die Anzeigen haben sich von 30 im Jahr 2008 auf 107 im Jahr 2010 mehr als verdreifacht. Dagmar Allbegger, Sprecherin im Justizministerium:

    "Es zeichnet sich eine Erhöhung der gerichtlichen Verurteilungen ab, wenn man jetzt vergleicht das Jahr 2009 mit dem Jahr 2010. Im Jahr 2009 hat es sieben gerichtliche Verurteilungen gegeben und im Jahr 2010 hat es schon 12 gerichtliche Verurteilungen gegeben."

    Hauptanklagepunkt im Prozess gegen Walter Mayer ist laut Staatsanwältin Nina Weinberger, gemeinsam mit vier weiteren Personen ein Doping-Netzwerk betrieben zu haben. Dabei sollen die Angeklagten sowohl gegen das seit August 2008 geltende Anti-Doping-Gesetz als auch gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen haben. Die Staatsanwältin geht davon aus, dass sich Mayer mit dem Handel von verbotenen Substanzen eine fortlaufende Einnahmequelle verschafft habe. Bei einem Schuldspruch drohen Mayer bis zu drei Jahre Haft. Seine Anwältin Barbara Sattinger hält die Anklage für haltlos. Aber auch Walter Lilge, Leichtathletik-Trainer und ein engagierter Anti-Doping-Kämpfer in Österreich, ist nicht vom Erfolg des Prozesses überzeugt:

    "Dieser Prozess hat den Charakter eines Meilensteins in der Dopingbekämpfung in Österreich. Aber ich fürchte, leider nicht im positiven Sinne. Ich denke, der Herr Mayer wird der sein, der dem Prozess gelassen entgegensieht. Zittern werden eher andere, hochrangige Sportfunktionäre bis hinauf in die höchste Politik, die dem Herrn Mayer jetzt auch vermutlich eine gesundheitlich bedingte Frühpension verschafft haben. Der Herr Mayer lebt jetzt bis zum Lebensende auf Steuerzahlerkosten."

    Was Lilge damit sagen will: Der erst 54-jährige Mayer ist von seinem früheren Arbeitgeber, dem österreichischen Bundesheer, in Frühpension geschickt worden. Dahinter stecken wohl übergeordnete Interessen, etwa, dass er vor Gericht nicht zu viel redet über Hintergründe und Hintermänner der österreichischen Dopingskandale. 2002 bei den Olympischen Winterspielen von Salt Lake City war Mayer ebenso in die Blutbeutel-Affäre verstrickt wie in die Dopingaffäre bei den Turiner Winterspielen 2006.

    Trotz seiner angeblichen angeschlagenen Gesundheit hält Mayer Laufseminare ab, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Eva-Maria Gradwohl, einer Langstreckenläuferin, die pikanterweise seit einer verweigerten Dopingkontrolle im Februar dieses Jahres gesperrt ist. Anti-Dopingkämpfer Lilge glaubt nicht an Mayers Verurteilung:

    "Wenn die Informationen stimmen, die mir zugetragen wurden, dürfte die Staatsanwaltschaft gelinde gesagt, schlampig ermittelt haben. Weil also in der Anklageschrift angeblich, ich hab jetzt nicht das Original in den Händen, aber angeblich unter anderem drinnen steht, dass seine Frau die Blutbeutel, die berühmten, zur Tour de France geliefert haben soll, was natürlich Unsinn ist. Dann wurde dezidiert ein Apotheker in Radstadt mit einem Apotheker in Wien verwechselt, es sind also sachliche Fehler drinnen enthalten in der Anklageschrift."

    Für Anti-Doping-Kämpfer Lilge sind diese gravierenden Mängel keine Überraschung, denn die Justiz sei mit den Doping-Prozessen überfordert.

    "Es ist halt einfach so, dass sowohl Richter wie auch Staatsanwaltschaft sich mit der Materie des Dopings, der ganzen Dopingszene gar nicht ausreichend beschäftigen können, dass sie da so viel Einblick haben um Zusammenhänge ausreichend zu erkennen."

    Mit Interesse wird auch die Nationale Anti-Doping-Agentur Österreichs den Prozess verfolgen. Dabei gilt die Aufmerksamkeit nicht nur Mayer, sondern den prominenten Sportlern, die der Trainer zwischen 2005 und 2008 mit Anabolika, Hormonen und Stimulanzmitteln versorgt haben soll. In der Anklageschrift werden Athleten wie der unter Blutdoping-Verdacht geratene Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann, seine Mannschaftskameraden Jürgen Pinter und Roland Diethart sowie Ex-Biathlon-Vizeweltmeister Ludwig Gredler und dessen Teamkollege Wolfgang Perner genannt. Sie alle müssen als Zeugen aussagen. im Fokus steht jedoch Langlauf-Ex-Vizeweltmeister Alois Stadlober. Der ist jetzt Leiter des Nordischen Skizentrums des ÖSV in Ramsau. Das heißt: Wird Stadlober stark belastet, könnte es ihn seine Stellung im österreichischen Sport kosten.