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Schluss mit dem BAföG-Betrug

Lange Jahre galt die BAföG-Schummelei als Kavaliersdelikt: Viele Studierende verschwiegen ihre Bausparverträge oder das Geld auf dem Sparbuch, um mehr BAföG zu erhaschen. Jetzt aber sollen per Datenabgleich BAföG-Schummler ermittelt werden. Sie müssen mit Bußgeldern und einer Anklage der Staatsanwaltschaft rechnen. Die Uni Köln hat deshalb eine Beratung für die Betroffenen veranstaltet.

Von Britta Mersch |
    "Erstmal ist das natürlich ein Schock. Weil, braves Mädchen, noch nie irgendwas gehabt mit irgendwelchen Straftaten, und dann fühlt man sich natürlich irgendwie schuldig und weil man auch keine Ahnung hat, was da passieren kann und wenn man dann natürlich Lehrer werden will, bekommt man Angst und ja."

    Katrin ist 26, studiert in Bochum Anglistik und Germanistik auf Lehramt und ist in gut einem Jahr mit ihrem Studium fertig. Schon im ersten Semester hat sie beim BAföG-Amt einen Antrag auf Ausbildungsförderung gestellt.

    "Ich hatte angefangen zu studieren und meine Eltern verdienen beide wenig, also kann ich Bafög beantragen und da gab es Geld auf meinen Namen. Aber man hat mir erzählt, dass ich das nicht angeben muss, weil eigentlich kommen die da nicht hinter. Was ich nicht wusste ist, dass man über die Freistellungsaufträge eben doch sehen kann, was man hat."

    Diese Freistellungsaufträge gibt es für Sparbücher oder Bausparverträge, um die Zinsabschlagssteuer zu vermeiden. Beim Bundesamt für Finanzen wird die Höhe der Freistellungsbeträge gespeichert. Diese Daten bekommen die BAföG-Ämter und können dann überprüfen, wie viel Geld die Studenten bei ihren Bafög-Anträgen verschwiegen haben. Und ob sie zuviel BAföGkassieren.

    "Es ging nicht um hohe Summen. Es ging insgesamt so um 4.000 Euro ungefähr, das ist insgesamt noch ziemlich wenig. Dabei war einiges Geld von meinen Großeltern angelegt, einiges Geld hatte mein Vater auf meinen Namen angelegt. Deswegen konnte ich das auch ganz gut begründen, warum ich das nicht angegeben hatte."

    Katrin ist bislang noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Sie musste einen Teil ihres Bafögs zurückzahlen und hat von der Staatsanwaltschaft keine Anklage bekommen. Die hätte für die angehende Lehrerin auch das Karriere-Aus bedeuten können. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Eintrag ins Bundeszentralregister kommen, sagt die Rechtsanwältin Danaë Hartmann, die Bafög-Schummler bei ihren Verfahren berät.

    "Wenn man eine Eintragung ins Bundeszentralregister bekommt und diese Eintragung eine Strafe enthält, 91 Tagessätze oder aufwärts oder drei Monate Freiheitsstrafe oder aufwärts, dann gilt man als vorbestraft im Rechtssinne, d.h. man muss das angeben bei z.B. einer Einstellung in den öffentlichen Dienst und das ist natürlich beim öffentlichen Dienst ein sehr starker Faktor, der gegen eine Einstellung spricht, weil dann gesagt wird, wenn man Beamter werden möchte, die Eignung der Person ist nicht vorhanden. Das gilt speziell für Lehrer, die für die Kinder ja auch eine Vorbildfunktion haben."

    Und nicht nur Lehrer müssen um ihren Job bangen. Rechtsanwälten kann die Zulassung verweigert werden, Ärzten ihre Approbation.

    "Man kann natürlich versuchen, mit dem Gericht über eine Einstellung zu sprechen, insbesondere deshalb, weil es für viele Akademiker, die auch in eine verantwortungsvolle Position möchten, (knackt) von immenser Wichtigkeit ist, dass es nicht zu einer Verurteilung kommt. D.h. viele Gerichte zeigen sich dem gegenüber auch aufgeschlossen."

    Sieben Prozent aller BAföG-Bezieher, sagt Danaë Hartmann, schummeln beim BAföG. In Köln werden zur Zeit 2000 Fälle bearbeitet, in Bayern um die 8.000. Und das sind noch längst nicht alle. Doch der Abschreckungseffekt ist gering. Trotz der laufenden Verfahren lügen viele Studenten fleißig weiter. Selbst die 26jährige Katrin, die ja schon einmal erwischt wurde.

    "Im Grunde habe ich dann ein paar Konten angegeben und ich musste eben das zurückzahlen, was ich zuviel überwiesen bekommen habe, das waren ungefähr eben 4.000 Euro und danach war es aber auch gut. Und ich hab trotzdem weiter Bafög bekommen, obwohl ich immer noch betrüge."

    Und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie ein zweites Mal erwischt wird.