Campus & Karriere: Hans-Werner Rückert ist Diplom-Psychologe und der Leiter der Studienberatung an der FU Berlin, grüße Sie, Herr Rückert.
Rückert: Hallo, Frau Maleike.
Campus & Karriere: Wann muss man sich denn eigentlich richtig Sorgen machen, wann wird das Aufschieben wirklich zum Problem?
Rückert: Es gibt, glaube ich, mindestens drei Formen des Aufschiebens. Das eine hatten Sie schon gesagt, das tun wir alle. Wir alle entrümpeln unsere Festplatte nicht so häufig, wie wir sollten. Das ist völlig okay, da muss man sich keine Sorgen machen. Dann gibt es die Phänomene, dass man Dinge auf die Bank schiebt, die man eigentlich sogar gerne machen würde, also vielleicht Urlaubsreisen oder einmal seine eigene Karriere zu planen und zu basteln. Da drohen dann schon einmal Nachteile und Verluste. Das ist vielleicht eine Frage der Kosten-Nutzen-Abwägung, ob man hier etwas ändern möchte und definitiv sollte man etwas ändern, wenn die eigene Selbstachtung darunter schon Schaden genommen hat, dass man sich immer wieder Dinge verspricht, die man dann doch nicht einhält und auf die Weise eben seine Glaubwürdigkeit untergräbt.
Campus & Karriere: Was verursacht denn eigentlich das Aufschieben? Ist das eher eine Typenfrage oder kommt das mit Überlastungen, wenn man einfach zu viel auf dem Tisch liegen hat?
Rückert: Also, das im harmlosen Aufschieben häufigste Motiv ist eben einfach, dass diese Dinge Unlust erzeugen, die anstehen, und dass andere Aufgaben schneller zu Ergebnissen führen, schneller vielleicht einen Erfolg signalisieren oder einfach mehr Spaß machen. Beim wirklich harten Aufschieben ist das allerdings nicht der Hauptgrund dafür, dass man herumtrödelt, sondern hier gibt es häufig, gerade im Bereich von Studienleistungen beispielsweise den Befund, dass diejenigen, die trödeln, schlechte Arbeitstechniken haben oder gar keine, also gar nicht wissen, wie sie eine Aufgabe konsequent angehen können, so dass die auch Spaß macht und Erfolg winkt und als noch wichtigeres Motiv aus meiner Sicht findet sich das Aufschieben als ein Element dabei, im Grunde genommen das eigene Selbstwertgefühl zu schützen, denn wenn Sie an Examensarbeiten beispielsweise denken, viele Studierende gehen mit übertriebenen Ansprüchen an solche Aufgaben heran und dann die wirklich konsequent und zeitnah zu erledigen, ist eigentlich immer verbunden mit einer Enttäuschung. Man kann nicht so schnell so gut formulieren wie man möchte. Man muss die Texte mehrfach überarbeiten. Das alles kann den eigenen Anspruch kränken und wenn man die Aufgabe dann vor sich herschiebt, vor allen Dingen wenn man perfektionistisch ist, dann bleibt man im Grunde genommen doch noch ein großes Versprechen an die Welt, es könnte, wenn die Umstände nur richtig sind, klappen oder schneller klappen oder besser klappen. Und das ziehen manche Menschen als Idee wirklich der Frustration vor, die sich dann einstellt, wenn sie entdecken, ich muss leider etwas kleinere Brötchen backen, als ich erwartet habe.
Campus & Karriere: Wenn man für sich jetzt entdeckt hat, dass man Aufschieber ist, und damit sehr unzufrieden ist, wie geht man am besten vor? Sie haben gesagt, die Analyse ist das Wichtigste und dann eben sukzessiv sich Erfolgserlebnisse suchen. Soll man das in Etappen machen? Sie sagen in Ihrem Buch ja auch, dass man Aufschieben gelernt hat und es entsprechend auch wieder verlernen kann.
Rückert: Ja, das ist so. Deswegen ist das Wichtigste, wenn man sich das ernsthaft vornimmt, dass man nicht erwartet, dass alles sich sehr schnell zum Positiven verändern wird, das ist ja wiederum gerade ein Motiv für das Aufschieben, sondern dass man sich darauf einrichtet, dass man also vielleicht ein Vierteljahr, ein halbes Jahr möglicherweise sich selber konsequenter als bisher beobachten muss. Dazu braucht man eine Art Logbuch, in dem man systematisch Aufzeichnungen macht darüber, wo zum Beispiel die eigene Zeit eigentlich bleibt, wann man arbeitet, wann man nicht arbeitet. Es ist meistens auch klar, dass man zunächst einmal mit mehr desselben an die Sache herangehen muss, das heißt, man muss mehr Anstrengung, mehr Konzentration und mehr Sorgfalt in Aufgaben investieren und weniger Zeit verbringen mit Dingen, mit denen man die Zeit einfach nur vertrödelt. Aber wenn man das tut, dann, glaube ich, landet man dabei, dass man eben auch die Aufgaben, die vor einem stehen, noch einmal durchgeht, dass man vielleicht die Hälfte dessen, was auf dieser Liste steht, streicht, weil man es ohnehin nie machen kann oder nicht machen will, und dass man bei den Aufgaben, die übrig bleiben, vielleicht auch den Zeitaufwand verdoppelt und dass man bessere Methoden lernen kann.
Campus & Karriere: Herr Rückert, welche Rolle spielt denn das Bild, das andere von einem haben, zum Beispiel das Bild, dass die Kollegen von einem haben, bei diesem Aufschiebeproblem, sagen wir es einmal so?
Rückert: Also, Menschen, die hartnäckig in Betrieben beispielsweise in Unternehmen aufschieben, versuchen natürlich ein Image zu pflegen, um ihre tatsächlichen Defizite in der Leistung zu kaschieren. Es gibt erschreckende Untersuchungen, die sagen, das funktioniert in der Regel sogar, Karriere und Aufstieg sei zu einem wesentlichen Teil auch Ergebnis der Imagepflege, aber ich glaube, auf lange Sicht haben nur diejenigen Erfolg in der Arbeit und auch nur selbst eine Befriedigung, die nicht nur ihr Image pflegen, sondern die auch Leistung bringen. Ganz allgemein sind Menschen, die aufschieben, Leute, die häufig zu spät kommen, unvorbereitet sind, schlecht organisiert sind und demnach entsprechend letzten Endes auch eher schlechte Beziehungen zu ihren Arbeitskollegen haben und der Versuch, das positive Bild, das die haben sollen, zu manipulieren, stößt dann halt an Grenzen und irgendwann, gerade wenn Teamarbeit gefragt ist, werden natürlich die Kolleginnen und Kollegen auch unzufrieden damit, dass man auch ihnen immer Versprechungen macht, die man nicht einhält.
Campus & Karriere: Danke schön für das Gespräch. Hans-Werner Rückert war das, Diplom-Psychologe und der Leiter der Studienberatung der FU Berlin und sein Buch "Schluss mit dem ewigen Aufschieben" ist im Campus-Verlag erschienen, übrigens auch als Hörbuch.
Hans-Werner Rückert:
Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen
Campus Verlag
15,90 Euro
ISBN : 3-593-36276-7
Der Ratgeber erscheint am 22. März als Hörbuch:
Hans-Werner Rückert:
Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen
Campus Verlag
24,90 Euro
ISBN: 3-593-37520-6
Rückert: Hallo, Frau Maleike.
Campus & Karriere: Wann muss man sich denn eigentlich richtig Sorgen machen, wann wird das Aufschieben wirklich zum Problem?
Rückert: Es gibt, glaube ich, mindestens drei Formen des Aufschiebens. Das eine hatten Sie schon gesagt, das tun wir alle. Wir alle entrümpeln unsere Festplatte nicht so häufig, wie wir sollten. Das ist völlig okay, da muss man sich keine Sorgen machen. Dann gibt es die Phänomene, dass man Dinge auf die Bank schiebt, die man eigentlich sogar gerne machen würde, also vielleicht Urlaubsreisen oder einmal seine eigene Karriere zu planen und zu basteln. Da drohen dann schon einmal Nachteile und Verluste. Das ist vielleicht eine Frage der Kosten-Nutzen-Abwägung, ob man hier etwas ändern möchte und definitiv sollte man etwas ändern, wenn die eigene Selbstachtung darunter schon Schaden genommen hat, dass man sich immer wieder Dinge verspricht, die man dann doch nicht einhält und auf die Weise eben seine Glaubwürdigkeit untergräbt.
Campus & Karriere: Was verursacht denn eigentlich das Aufschieben? Ist das eher eine Typenfrage oder kommt das mit Überlastungen, wenn man einfach zu viel auf dem Tisch liegen hat?
Rückert: Also, das im harmlosen Aufschieben häufigste Motiv ist eben einfach, dass diese Dinge Unlust erzeugen, die anstehen, und dass andere Aufgaben schneller zu Ergebnissen führen, schneller vielleicht einen Erfolg signalisieren oder einfach mehr Spaß machen. Beim wirklich harten Aufschieben ist das allerdings nicht der Hauptgrund dafür, dass man herumtrödelt, sondern hier gibt es häufig, gerade im Bereich von Studienleistungen beispielsweise den Befund, dass diejenigen, die trödeln, schlechte Arbeitstechniken haben oder gar keine, also gar nicht wissen, wie sie eine Aufgabe konsequent angehen können, so dass die auch Spaß macht und Erfolg winkt und als noch wichtigeres Motiv aus meiner Sicht findet sich das Aufschieben als ein Element dabei, im Grunde genommen das eigene Selbstwertgefühl zu schützen, denn wenn Sie an Examensarbeiten beispielsweise denken, viele Studierende gehen mit übertriebenen Ansprüchen an solche Aufgaben heran und dann die wirklich konsequent und zeitnah zu erledigen, ist eigentlich immer verbunden mit einer Enttäuschung. Man kann nicht so schnell so gut formulieren wie man möchte. Man muss die Texte mehrfach überarbeiten. Das alles kann den eigenen Anspruch kränken und wenn man die Aufgabe dann vor sich herschiebt, vor allen Dingen wenn man perfektionistisch ist, dann bleibt man im Grunde genommen doch noch ein großes Versprechen an die Welt, es könnte, wenn die Umstände nur richtig sind, klappen oder schneller klappen oder besser klappen. Und das ziehen manche Menschen als Idee wirklich der Frustration vor, die sich dann einstellt, wenn sie entdecken, ich muss leider etwas kleinere Brötchen backen, als ich erwartet habe.
Campus & Karriere: Wenn man für sich jetzt entdeckt hat, dass man Aufschieber ist, und damit sehr unzufrieden ist, wie geht man am besten vor? Sie haben gesagt, die Analyse ist das Wichtigste und dann eben sukzessiv sich Erfolgserlebnisse suchen. Soll man das in Etappen machen? Sie sagen in Ihrem Buch ja auch, dass man Aufschieben gelernt hat und es entsprechend auch wieder verlernen kann.
Rückert: Ja, das ist so. Deswegen ist das Wichtigste, wenn man sich das ernsthaft vornimmt, dass man nicht erwartet, dass alles sich sehr schnell zum Positiven verändern wird, das ist ja wiederum gerade ein Motiv für das Aufschieben, sondern dass man sich darauf einrichtet, dass man also vielleicht ein Vierteljahr, ein halbes Jahr möglicherweise sich selber konsequenter als bisher beobachten muss. Dazu braucht man eine Art Logbuch, in dem man systematisch Aufzeichnungen macht darüber, wo zum Beispiel die eigene Zeit eigentlich bleibt, wann man arbeitet, wann man nicht arbeitet. Es ist meistens auch klar, dass man zunächst einmal mit mehr desselben an die Sache herangehen muss, das heißt, man muss mehr Anstrengung, mehr Konzentration und mehr Sorgfalt in Aufgaben investieren und weniger Zeit verbringen mit Dingen, mit denen man die Zeit einfach nur vertrödelt. Aber wenn man das tut, dann, glaube ich, landet man dabei, dass man eben auch die Aufgaben, die vor einem stehen, noch einmal durchgeht, dass man vielleicht die Hälfte dessen, was auf dieser Liste steht, streicht, weil man es ohnehin nie machen kann oder nicht machen will, und dass man bei den Aufgaben, die übrig bleiben, vielleicht auch den Zeitaufwand verdoppelt und dass man bessere Methoden lernen kann.
Campus & Karriere: Herr Rückert, welche Rolle spielt denn das Bild, das andere von einem haben, zum Beispiel das Bild, dass die Kollegen von einem haben, bei diesem Aufschiebeproblem, sagen wir es einmal so?
Rückert: Also, Menschen, die hartnäckig in Betrieben beispielsweise in Unternehmen aufschieben, versuchen natürlich ein Image zu pflegen, um ihre tatsächlichen Defizite in der Leistung zu kaschieren. Es gibt erschreckende Untersuchungen, die sagen, das funktioniert in der Regel sogar, Karriere und Aufstieg sei zu einem wesentlichen Teil auch Ergebnis der Imagepflege, aber ich glaube, auf lange Sicht haben nur diejenigen Erfolg in der Arbeit und auch nur selbst eine Befriedigung, die nicht nur ihr Image pflegen, sondern die auch Leistung bringen. Ganz allgemein sind Menschen, die aufschieben, Leute, die häufig zu spät kommen, unvorbereitet sind, schlecht organisiert sind und demnach entsprechend letzten Endes auch eher schlechte Beziehungen zu ihren Arbeitskollegen haben und der Versuch, das positive Bild, das die haben sollen, zu manipulieren, stößt dann halt an Grenzen und irgendwann, gerade wenn Teamarbeit gefragt ist, werden natürlich die Kolleginnen und Kollegen auch unzufrieden damit, dass man auch ihnen immer Versprechungen macht, die man nicht einhält.
Campus & Karriere: Danke schön für das Gespräch. Hans-Werner Rückert war das, Diplom-Psychologe und der Leiter der Studienberatung der FU Berlin und sein Buch "Schluss mit dem ewigen Aufschieben" ist im Campus-Verlag erschienen, übrigens auch als Hörbuch.
Hans-Werner Rückert:
Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen
Campus Verlag
15,90 Euro
ISBN : 3-593-36276-7
Der Ratgeber erscheint am 22. März als Hörbuch:
Hans-Werner Rückert:
Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen
Campus Verlag
24,90 Euro
ISBN: 3-593-37520-6