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Schluss mit dem lästigen Strippenziehen

Der Drahtlose Datenfunk kommt immer mehr in Mode. Drahtlose Netze nach dem Standard Wireless LAN halten vor allem als so genannte Hot Spots auch in Deutschland verstärkt Einzug. So hat die Deutsche Bahn jüngst ihre ersten Hot Spots in den Bahnhöfen Köln und Frankfurt-Flughafen eröffnet. Dort kann jeder, mit einem Laptop und einer entsprechenden Funkkarte für denselben ausgerüstet, im Internet surfen. In den USA gibt es bereits Tausende solcher Funkzellen. Und noch ein Datenfunk kommt nach Jahren der Ankündigung endlich in die Geschäfte: Bluetooth verbindet Geräte wie Organizer, Mobiltelefon, PC und Tastatur schnell und einfach miteinander. Immer mehr Unternehmen wenden sich nun vom Kabelwirrwarr ab und vernetzen sich über die Luftschnittstelle.

    Von Detlev Karg

    Alltag in einer deutschen Lagerhalle: Es ist 6 Uhr in der Früh, 50 Bleche aus VA-Stahl müssen zur Maschine, die Kollegen warten schon. Die Halle mit den Hochregalen ist mehrere hundert Meter lang, die Rolltore sind offen und es ist eiskalt. Wo aber sind die Bleche? Der Kollege auf dem Gabelstapler erinnert sich im Hinterkopf, dass er die Kiste neulich umgesetzt hat und sie eigentlich im Hochregal Nummer neun liegen müsste - Fehlanzeige. Die Kollegen murren und die Laune des Meisters tendiert ebenso nach unten wie die Außentemperatur. Dass das nicht sein muss, haben die Verantwortlichen bei Thyssen Umformtechnik + Guss in Ludwigsfelde schon früh erkannt. Seit 1999, als von drahtlosen Netzen zumeist noch auf Messen die Rede war, organisiert man dort den Materialfluss mit einem Wireless Local Area Network, auch Wireless LAN genannt. Heino Berger, in Ludwigsfelde verantwortlich für die IT-Projekte, erklärt wie's geht:

    Wir haben Industrie-PCs gekauft, die wir auf den Staplern montiert haben, und dann gibt der Kollege seine Materialnummer ein und über das Datenfunknetz haben wir dann sofort eine Verbindung und er bekommt in Sekunden eine Antwort, was die Sache doch erheblich vereinfacht.

    In dem Werk in Ludwigsfelde lagern Karosseriebleche für Autos vieler Marken, unter anderem für den Edelflitzer Z8 von BMW. Zeit ist Geld, und eine Basisstation für das Drahtlosnetz kostet heute weniger als 200 Euro. Die Inventur dauerte früher Tage, heute nur noch Stunden. Doch ist Wireless LAN nicht alles, was in Sachen Datenfunk derzeit die Verkabelung ersetzt. Mit einem entfernten Verwandten, Bluetooth genannt, macht etwa die Bausparkasse Schwäbisch Hall ihren 3000 Beratern das Leben leichter. Diese drucken die Policen beim Kundenbesuch aus. Doch Kabelwirrwarr im Computerkoffer ließ oft ein peinliches Chaos entstehen. Darum entschloss sich der Marktführer aus dem Ländle für den funkenden Blauzahn, wie Harald Hähnlein, Einkaufs-Chef bei Schwäbisch Hall erklärt:

    Weil das einfach das Schöne ist: Sie können den Drucker in's Eck stellen beim Kunden und haben immer Kontakt. Das ist ja der Nachteil von der Infrarotschnittstelle oder vom Kabelgewirr, dass beim Kunden eben keine große Station aufgebaut werden kann, weil kein Platz ist im Wohnzimmer. Und das hat ja den Charme an der Sache.

    Zwei Beispiele also, die zeigen, wie sich der Kabelsalat aus den Netzen verbannen lässt. Auch Hotels werden drahtlos, wie etwa das Züricher 3-Sterne-Hotel Allegra. In jedem der 132 Zimmer können die Gäste seit 2002 mit ihrem Laptop via Funk online gehen.

    Also, das wird sehr stark promotet, das ganze, und als ich dann von der Wireless-LAN-Geschichte gehört habe, habe ich gedacht: Das gehört zur Philosophie unseres Hauses, dass wir immer einen Schritt voraus sind. erläutert Elisabeth Schwitter, Geschäftsführerin des Allegra-Hotels. Die Kosten, 60 Rappen pro Minute, werden direkt mit einer speziellen Software erfasst. Ebenso ist das Wireless LAN interessant für Firmen mit Außendienstlern, die keinen festen Büroplatz benötigen. Wireless LAN und Bluetooth lassen sich also nicht direkt vergleichen. Beide eignen sich für unterschiedliche Ansätze, erklärt Walter Daguhn, Vorstandsmitglied beim Mönchengladbacher Bluetooth-Anbieter RFI.

    WLAN ist genau das Richtige, wenn ich eine Netzwerkverbindung drahtlos machen möchte, mit all dem was zu einer Netzwerkverbindung dazugehört. Wenn ich einen PC habe, der bisher drahtgebunden mit einem Zentralrechner kommuniziert hat und ich möchte das jetzt drahtlos machen, dann ist man absolut richtig aufgestellt, wenn man dafür WLAN einsetzt. Und Bluetooth ist im Gegensatz dazu eine Technologie, die viele Peripheriegeräte anbindet - natürlich auch zur Datenübertragung geeignet ist - aber vor allen Dingen eben so ein Personal Area Network vernetzen soll mit den unterschiedlichsten Geräten, also etwa einem Mobiltelefon, einer Freisprecheinrichtung, einer Maus, einem Drucker und so weiter, und das ist eigentliche Anwendung von Bluetooth.

    Auf verschiedene Weise lassen sich mit dem Datenfunk also Kabelsalat, umständliches Arbeiten und Löcher in Wänden vermeiden, und der Bohrhammer bleibt im Koffer.