Archiv


Schluss mit der Gas-Verschwendung

Umwelt. - Erdgas, das bei der Ölförderung anfällt, wird vielerorts einfach abgefackelt, weil die die nötige Infrastruktur zum Abtransport des Gases fehlt. Eine Initiative der Weltbank will der sinnlosen Verschwendung ein Ende bereiten. Auf der Kölner Fachmesse "Carbon Expo" wirbt die Organisation derzeit für das globale Projekt.

Von Volker Mrasek |
    Bis zu 170 Milliarden Kubikmeter. So viel Erdgas fackelt die Ölindustrie Jahr für Jahr nutzlos ab. Es fällt bei der Förderung von Erdöl an, wird aber in vielen Fällen nicht verwertet, sondern verbrannt oder einfach abgelassen. Schätzungsweise 400 Millionen Tonnen Kohlendioxid werden beim Abfackeln freigesetzt. Das entspricht fast einem Siebtel der Menge, die die Industrieländer nach dem Kyoto-Protokoll bis spätestens 2012 einsparen müssen.

    " Gas wird abgefackelt, wenn Öl-Förderfelder sehr weit abgelegen sind, wenn keine Infrastruktur vorhanden ist, um es aufzunehmen oder wenn keine gescheiten Erlöse dafür erzielt werden können. Man braucht auf jeden Fall zwei unterschiedliche Systeme: Erdöl ist flüssig und wird durch Pipelines gepumpt, Naturgas dagegen muss unter Druck transportiert werden, mit Hilfe von Kompressoren. "

    Doch es soll sich etwas ändern an der unnützen Abfacklung in den Bohrfeldern. Dank einer Initiative, an der auch Robert Lesnick beteiligt ist. Der US-Amerikaner arbeitet für die Weltbank. Die startete vor einigen Jahren ein Programm, um die Gas-Verschwendung einzudämmen. Lange köchelte es nur auf kleiner Flamme. Doch jetzt gibt es die ersten größeren Demonstrationsprojekte, unter anderem in Indonesien, Nigeria, Angola, Ecuador - und neuerdings auch in Russland.

    " Das Programm geht gerade in seine zweite Phase. In der ersten ging es zunächst darum, das Ausmaß des Problems abzuschätzen. Dafür wurden Verfahren entwickelt, um die Gas-Fackeln von Satelliten aus zu erfassen. In der zweiten Phase arbeiten wir nun mit Regierungen und der Industrie zusammen an der Frage. Welche politischen oder ökonomischen Anreize kann man schaffen, um das Abfackeln zu stoppen? "

    Auf der Kölner Fachmesse "Carbon Expo" wirbt die Weltbank jetzt für die globale Initiative. Eine der Ideen ist, dass die Projekte als Klimaschutzmaßnahme nach den Kyoto-Regeln anerkannt werden. Dann wenn es dafür handelbare Emissionszertifikate gibt, ist das ein zusätzlicher finanzieller Anreiz, um in die nötige Gas-Infrastruktur zu investieren. Der Umwelt- und Finanzwissenschaftler Francisco Sucre, auch er Mitarbeiter in dem Weltbank-Programm:

    " Nach den neuesten Informationen, die ich habe, gibt es zur Zeit 26 Projektanträge. Vier davon wurden vom Klimasekretariat der Vereinten Nationen bereits anerkannt. Allerdings muss man sagen: 26 Projekte sind nicht gerade viel, wenn man sieht, dass dem Sekretariat insgesamt über 3300 Anträge für Klimaschutzvorhaben vorliegen. "

    Grundsätzlich muss man sich allerdings fragen: Hilft es dem Klima überhaupt, wenn das Erdgas zur Energiegewinnung genutzt wird? Denn auch dabei wird es ja verbrannt, und es entsteht Kohlendioxid. Diese Frage sei ihm auch auf der Kölner Fachmesse schon gestellt worden, sagt Francisco Sucre. Seine Antwort:

    " Wenn ein Projekt akzeptiert wird, dann gibt es auf jeden Fall Emissionen, die dadurch vermieden werden. Oft ist es so, dass das Erdgas lokal vermarktet wird und dann andere Energieträger ersetzt, die schmutziger sind und höhere Emissionen verursachen. Deswegen kriegt man dafür dann auch Emissionszertifikate. "

    Den Weltbank-Experten schwebt allerdings mehr vor als nur ein Sammelsurium von Einzelprojekten. Robert Lesnick kann sich vorstellen, dass in manchen Fördergebieten bald eine flächendeckende Infrastruktur zur Nutzung des Fackelgases aufgebaut wird:

    " Der Golf von Guinea vor Afrika, der Mittlere Osten und Sibirien - das sind die Regionen, in denen am meisten Gas abgefackelt wird. Hier sollten wir einen Weg finden können, um die Verschwendung kollektiv zu stoppen und nicht bloß von Fall zu Fall. "