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Schluss mit "kaltgeschleudert"

Honig wird im Supermarkt mit blumigen Begriffen beworben. "Kaltgescheschleudert" und "wabenecht" auf den Etiketten sagen aber nichts über die Qualität des Honigs aus. Das soll sich mit den neuen verbindlichen Qualitätsbezeichnungen ändern.

Von Claudia Rometsch | 29.08.2011
    Derzeit füllen die Imker die neue Honigernte in die Gläser. Einige möglicherweise mit neuen Etiketten. Denn 80 Prozent der Honige in den Supermarktregalen trugen bislang die Aufschrift "wabenecht" oder "kalt geschleudert". Diese Begriffe sollen jetzt aber von den Gläsern verschwinden. Verbraucherschützer hatten sich schon lange über die angeblichen Qualitätsbegriffe geärgert, weil sie irreführend seien. Birgit Rehlender von der Stiftung Warentest.

    "Wenn der Verbraucher so etwas liest, denkt er, es gebe auch warm geschleuderten Honig oder nicht wabenechten. Das ist aber nicht der Fall."

    Denn Honig wird inzwischen grundsätzlich kalt geschleudert und kommt ohnehin immer aus der Wabe. Deshalb haben sich Verbraucherschützer, Imker, Importeure, Handel und Wissenschaftler auf eine Neufassung der sogenannten Leitsätze für Honig geeinigt. Darin ist festgelegt, mit welchen Begriffen Honig künftig ausgelobt werden darf.

    "Die neuen Leitsätze sind insgesamt viel präziser. Sie geben genau an, was der Begriff erfüllen muss, welche Anforderungen dahinter stehen"

    , erklärt Barbara Löwer, Geschäftsführerin des Deutschen Imkerbundes. Neue Aufschriften sollen für mehr Klarheit beim Honigkauf sorgen, nämlich "Auslese" für eine sehr gute Qualität und "feinste Auslese" oder "Premium" für höchste Qualität. – Bezeichnungen, die den meisten Kunden allerdings zunächst einmal ebenso blumig erscheinen dürften wie die bisherigen Auslobungen. Aber ein "Auslese"-Honig müsse nun tatsächlich ganz bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, erklärt Honigexpertin Rehlender:

    "Der Wassergehalt, der darf nicht über 18 Prozent liegen. Das heißt, der Honig muss wirklich reif sein, er darf nicht zu viel Wasser enthalten."

    Zum anderen darf sich in "Auslese"-Honig kein oder nur wenig HMF befinden.

    "HMF – Hydroxymethylfurfural - ist ein Stoff, der aus Zuckern gebildet wird und in frischem Honig nicht vorkommt, sondern erst in Honig, der wärmebehandelt wurde. Je höher der HMF-Gehalt, desto schlechter der Honig."

    Erwärmt wird Honig zum Beispiel, um ihn besser abfüllen zu können. Dadurch gehen aber natürliche Inhaltsstoffe verloren, denen eine antibakterielle oder gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. Auch ein Mindestgehalt des wärmeempfindlichen Enzyms Invertase ist künftig Voraussetzung für einen "Auslese"-Honig. Über die Einhaltung der Kriterien wacht die amtliche Lebensmittelkontrolle.

    "Ich denke im Zusammenhang mit der Umsetzung der neuen Leitsätze wird die Überwachung hier auch kritischer in Zukunft sein."

    Die deutschen Imker sehen das gelassen, weil ihre eigenen Produkte die "Auslese"-Kriterien ohnehin schon lange erfüllen. Deshalb hatten sie sich auch für strengere Qualitätsbezeichnungen starkgemacht.

    "Es bedeutet eindeutig einen Wettbewerbsvorteil, denn die Importhonige werden zum größten Teil diese Anforderungen nicht erfüllen können und dadurch wird natürlich der deutsche Honig aufgewertet."

    80 Prozent der Honige, die hierzulande auf dem Frühstücksbrötchen landen, kommen aus dem Ausland. Experten rechnen damit, dass insgesamt nur eine Minderheit der Honige auf dem deutschen Markt die "Auslese"-Kriterien erfüllen wird.

    "Sicher werden wir durch die neuen Auslobungen auch neue Preisunterschiede bekommen. Denn ein Honig, der besonders sorgfältig behandelt wurde, ist sicher teurer als einer, der die Angaben der Honigverordnung gerade erfüllt. Also da wird es auch Unterschiede im Preis für den Verbraucher geben."

    Auch Honig ohne die Qualitätsbezeichnung "Auslese" ist aber einwandfrei genießbar. Er hat lediglich weniger natürliche Inhaltsstoffe, schmeckt und süßt aber genau so gut. Zum Backen oder Kochen etwa reicht ein preiswerteres Produkt auch vollkommen aus. Denn durch Erhitzen werden die Honigenzyme ohnehin zerstört.