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Schmackhaft, aber kaum bekannt

Auf Platz eins der Speisefischkarte sind sie nicht zu finden. Nicht weil sie nicht schmackhaft wären, sondern weil sie kaum jemand kennt: Stinte, die kleinen silbrigen Fische aus der Elbe. Zur Zeit erleben sie eine Renaissance. Unter Feinschmeckern gelten sie als Geheimtipp. Aber für ihren Bekanntheitsgrad müsste schon noch etwas unternommen werden. Weil derzeit Hochsaison für Stinte ist, stellt Claudia Thoma den unbekannten kleinen Speisefisch jetzt vor.

von: Claudia Thoma |
    Stinte? Fische ne ? Ja. Fische, Salzwasserfische sind Stinte und zwar ganz kleine. Aber ich weiß nicht, ob das mit den Heringen zusammenhängt, ich glaube nicht, ist - glaube ich - eine eigene Rasse, aber unheimlich klein. Stinte, ja die kennen wir und die essen wir auch, geräuchert am besten, oder gebraten, schmeckt auch gut. Ja ich esse die auch unheimlich gerne. Ja ja, kenne ich, die haben wir hier früher auch gefischt und gingen meistens nach Hamburg hin, als Stintpfannkuchen ne , so etwas habe ich aber noch nicht gegessen.

    Auf der Elbe und auf der schleswig-holsteinischen Eider wird zurzeit nach Stinten gefischt. Mitten im dicken Nebel, kaum zu sehen, ist Eberhard Rüpke bei der Arbeit. Auch zu hören ist er kaum. Der graue Schleier auf dem ruhigen Wasser verschluckt jedes Geräusch. Schon Ende November hatte der Fischer die Netze voll.

    In drei Stunden hatte ich 11 Zentner hier über Flut und davon 6/7 große wunderbare Stinte, ganz silbrig, also wirklich beste Qualität, aber die letzten Wochen ist auch der Elbe auch gewaltig der Stint mehr geworden.

    Weil Stinte leicht nach Gurke riechen, werden sie auch Gurkenfisch genannt. Aber sie gehören zur Familie der Lachse, sagt der Fischer. Und dementsprechend verhalten sie sich auch.

    Im Sommer halten die sich in den Wattengebieten auf und dann so ganz allmählich November, Anfang Dezember ziehen sie ganz allmählich die Flüsse stromaufwärts, zum Laichen praktisch. Gelaicht wird ganz grob also nach Wassertemperatur.

    Im unteren Teil des Kutters zappeln die kleine silbrigen Fische im klaren Wasser der Bünn. Das ist ein im Schiff integrierter Wasserbehälter, der vom Flusswasser durchspült wird.

    Das sind alles Bünnfahrzeuge, wo man die Fische nicht vereist, nicht im Eisraum hat, sondern in unsern Bünn und man kann man sie eben lebend halten.

    Eberhard Rüpke fängt die Stinte, während sein Kutter ruhig vor Anker liegt, ohne Motorengeräusch, ohne Abgase, umweltfreundlich.

    Bei uns steht alles auf Null, die ganzen Maschinen, die Hauptmaschine brauch' ich quasi überhaupt nicht, sondern wenn ich auch nachher hiev', die Winde wird von so 'nem kleinem Hilfsdiesel angetrieben, wo die Hydraulikpumpe ansetzt, dat is so ein 10 PS kleiner Schockel ... Die Hauptmaschine brauch' ich nur den Standort wechseln, wenn ich woanders hin will. Und daher praktisch, was die Schleppnetzfischerei, die Krabbenfischerei oder die Seefischerei, was die praktisch in der Woche verbrauchen, so 2500 Liter, dat brauch ich das ganze Jahr und davon geht noch dat meiste durch die Heizung.

    Gefischt wird also nicht mit Schleppnetzen, sondern, mit so genannten Hamen. Bei der Hamenfischerei wird passiv gefischt. Die Netze werden wie Reusen einfach in den Strom gestellt. Allein die Strömung sorgt dafür, dass sich das Netz öffnet. Bis zu 13 Meter hoch ist der Baum eines Kutters an dem beidseitig das 40 Meter lange Netz hängt. Mit der natürlichen Strömung des Flusses schwimmen die Fische dann ins Netz.

    Auf der Elbe haben wir ´ne Strömungsgeschwindigkeit zwischen drei Meilen so, zweieinhalb bis drei Meilen. Wir wälzen pro Tide ganz grob 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser durch ein Netz. Langsam werden die Netzbäume jetzt, die Hamenbäume hochgehievt und der Unterbaum, einmal is der Oberbaum hier, den Sie jetzt schon sehen können und unten, der fast 10 Meter runter ist, das is der Unterbaum, den hiev` ich jetzt zusammen. Dat Netz wird praktisch zusammengehievt.

    Seit über 40 Jahren fischt Eberhard Rüpke auf der Elbe Stinte. Und immer wieder sind ganz beachtliche Fänge dabei. Jetzt im Februar ist die Nachfrage nach Stinten am größten. Zentnerweise gehen sie an Köche, die sie lang vorbestellt haben. In manchen Restaurants muss man sich sogar vier Wochen vorher anmelden, um Stinte auf dem Teller zu haben. Denn wenn die Fische mit steigender Wassertemperatur anfangen zu laichen, dann lässt auch die Qualität nach, sagt der schleswig-holsteinische Fischer. Für ihn sind sie dann nur noch Gräten.

    Ein Fisch, der abgelaicht hat, also das einfach, dat is' keine Qualität mehr. Das muss man einfach so anders sehen. Die sind dünn praktisch, weil die ganze Kraft und die ganzen Kalorien praktisch in diesen Laich reingesteckt haben.

    Mancher Stinteliebhaber schwört darauf, die kleinen silbrigen Fische gleich im Duzend zu essen. Für den schmächtigen Eberhard Rüpke gilt anderes.

    Ja erst mal dat Allerwichtigste bei den Stinten, die müssen schön grosch gebraten sein, also nich' irgendwie so ein wabbeligen Kram, sondern richtig grosch, dat is' das Entscheidende, dann schmeckt der auch richtig toll und is' auch ein super, wirklich ein super Fisch. Erst ein Ei schlagen praktisch im Ganzen, den Stint darin rumdrehen und dann in Mehl und Salz und dann in der Pfanne und braten ... so mit Kartoffelsalat .... Einige bei den Restaurants machen ja den Rekord ... bei den Restaurants is' ja immer, wer dann abends König geworden ist ... wer am meisten verputzt hat.

    Mehr als zehn schafft der Stintefischer von der Eider aber dann doch nicht. Muss ja auch nicht sein. Hauptsache, die winterliche Stintefischerei bleibt für ihn eine lukrative Sache.