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Schmälere Rendite beim Riestern?

Anbieter der Riester-Fonds warnen davor, dass die Finanztransaktionssteuer Kleinanleger empfindlich treffen könnte. Dagegen hält es Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, längst nicht für ausgemacht, dass mögliche Zusatzkosten eins zu eins auf die Anleger abgewälzt werden können.

Niels Nauhauser im Gespräch mit Jule Reimer | 31.01.2012
    Jule Reimer: 14.000 Euro zusätzliche Kosten könnten auf einen typischen Riester-Sparer zukommen, wenn eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werde. Das geht aus Berechnungen der beiden führenden Anbieter von staatlich geförderten Riester-Fonds, nämlich Union Investment und DWS, hervor. Grundannahme: Die Steuer wird in Höhe von 0,1 Prozent auf Transaktionen mit Aktien und in Höhe von 0,1 Prozent auf Geschäfte mit Derivaten erhoben. Im Rechenbeispiel zahlt ein Kunde monatlich 100 Euro in einen 40 Jahre laufenden Vertrag ein, der sich mit fünf Prozent im Jahr nach Abzug der Kosten verzinst.
    So weit die Vorgaben. Frage an Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: Halten Sie Kosten in Höhe von 14.000 Euro für realistisch?

    Niels Nauhauser: Na ja, der typische Riester-Sparer ist das sicherlich nicht, denn der typische Riester-Sparer ist nicht 27 und spart bis 67 100 Euro monatlich da ein. Das muss man insofern ein bisschen relativieren. Aber wenn man dieses Beispiel nimmt, den jungen Riester-Sparer, dann ist das nicht unplausibel, was die Fonds-Gesellschaften da ausgerechnet haben. Allerdings haben sie verschwiegen den anderen Teil der Rechnung; ich will das deshalb ergänzen. Ohne Ausgabeaufschläge und ohne jährliche Verwaltungsentgelte hätte der Riester-Sparer nicht 149.000 Euro auf dem Konto, sondern rund 221.000 Euro. Also da gibt es einen Unterschied von 72.000 Euro. Und das Argument der Finanzlobby, die Steuer zahle unterm Strich immer der Endverbraucher, ist nichts als Unsinn. So was muss man im Wettbewerb erst mal durchsetzen können. Vielleicht ist die Aufregung deshalb so groß, weil man fürchtet, dass die Steuer die Margen der Anbieter drückt.

    Reimer: Jetzt ist es in dem Beispiel ja auch so: Der Fonds-Anbieter schichtet fast einmal pro Jahr im Mittel das Investment um. Ist das auch eine realistische Vorgabe und ist das sinnvoll?

    Nauhauser: Sinnvoll ist das definitiv nicht. Da sind sich die Kapitalmarktforscher wirklich einig. Es gibt da einen berühmten Satz, der heißt: "Hin und her macht Taschen leer". Und das gilt nirgendwo mehr als bei der Geldanlage. Das haben Dutzende Untersuchungen weltweit nun wirklich klar bestätigt. Das heißt, nach Marktlage umschichten, ist schlecht für die Rendite. Was wir raten, gerade wenn es um Altersvorsorge geht, ist einfach ein breit gestreuter Anlagemix und dann immer auf Produkte setzen, die minimale Kosten verursachen. Und wer das beherzigt, kann aus seiner Altersvorsorge das Doppelte herausholen, als wenn er dem nächst besten Finanzberater vertraut.

    Reimer: Jetzt sind aber zum Beispiel die Lebensversicherer verpflichtet, ertragreich anzulegen. Das heißt, könnte da in schlechten Zeiten ein Mehrbedarf für Kaufen und Verkaufen und damit auch eben ein Inkrafttreten der Steuer, eine Wirkung der Steuer eintreten?

    Nauhauser: Versicherer legen ja ihr Geld vor allem in Staatsanleihen und Bankschuldverschreibungen an, und wenn jetzt hier tatsächlich was besteuert würde, dann würde das natürlich auch dort zu Lasten der Rendite gehen. Aber ertragreich anlegen, das geht ja am besten mit einer Anlagepolitik der ruhigen Hand. Dieses ständige Hin und Her, macht ja, wie gesagt, die Taschen leer, und insofern fährt man sowieso viel besser, wenn man da gar nicht so viel handelt, und das spart Kosten und übrigens dann auch Steuern.

    Reimer: Die Anbieter fordern jetzt, Altersvorsorge-Produkte von der Finanztransaktionssteuer, so sie denn kommt, auszunehmen. Sinnvoll?

    Nauhauser: Das ist eine Frage, die der gewählte Volkssouverän entscheiden muss. Bei Steuern wird halt immer umverteilt, von einer Gruppe in eine andere Gruppe, und wenn man da jetzt bestimmte Produkte rausnimmt, dann macht das natürlich manche Produkte wieder komplizierter, andere einfacher. Das sehe ich als Aufgabe des Gesetzgebers, hier wirklich diejenigen zu beteiligen, die man beteiligen möchte, und wenn es heißt, man will alle Anleger beteiligen, dann sind eben alle aufgefordert. Da sehe ich jetzt uns nicht in der Position, hier Forderungen aufzustellen, sondern das ist Sache der gewählten Politiker. Die müssen hier eine Lösung präsentieren.

    Reimer: In der Gesamtbilanz haben die Verbraucherzentralen da schon eine Meinung? Müssen Kleinanleger die Finanztransaktionssteuer fürchten?

    Nauhauser: Alle Steuern schmälern am Ende unterm Strich natürlich die Rendite. Das ist ja völlig unbestritten. Nur muss man sehen, dass Anbieter diese Steuern vielleicht gar nicht eins zu eins auf den Anleger umlegen können, weil sie beispielsweise im Wettbewerb daran gehindert sind. Und die Position, die die Anbieter jetzt vertreten, ist: Achtung, Vorsicht, macht das nicht, weil das geht zu Lasten der Altersvorsorge. Aber möglicherweise ist die Position auch in Wahrheit: Achtung, macht das nicht, weil das geht zu Lasten unserer Margen, wir können die Steuer sowieso nicht vom Endkunden verlangen, weil wir das nicht durchsetzen können. Also da wird natürlich auch teilweise einiges an Nebelkerzen geworfen, und da sollten sich Verbraucher nicht deshalb verunsichern lassen.

    Reimer: Niels Nauhauser, schönen Dank – er ist Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.