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Schmeckt wie Knoblauch, riecht wie Knoblauch

Die Sonne strahlt durch die unbelaubten Kronen eines alten Buchenwaldes im Höhenzug des Deisters bei Hannover. Zwischen den dicken Stämmen, wo noch vor wenigen Tagen nur trockenes Laub zu sehen war, erstreckt sich jetzt ein zart grüner Teppich aus Tausenden und Abertausenden schmal-lanzettlicher Blättchen des Bärlauchs. Wildstauden-Experte Willi Tangermann hat ihn schon von Weitem erkannt

Von Von Klaus Schell |
    Die Sonne strahlt durch die unbelaubten Kronen eines alten Buchenwaldes im Höhenzug des Deisters bei Hannover. Zwischen den dicken Stämmen, wo noch vor wenigen Tagen nur trockenes Laub zu sehen war, erstreckt sich jetzt ein zart grüner Teppich aus Tausenden und Abertausenden schmal-lanzettlicher Blättchen des Bärlauchs. Wildstauden-Experte Willi Tangermann hat ihn schon von Weitem erkannt

    ... weil dieser Bärlauch einen typischen Knoblauchgeruch verströmt, er hat praktisch auch alle Inhaltsstoffe, die im Knoblauch zu finden sind, nur vielleicht nicht ganz so konzentriert.

    Mit seinen Ausdünstungen hält sich der Bärlauch die Konkurrenz vom Leib und kann so flächenhafte Reinbestände ausbilden. Wenn reichlich Sonnenlicht den Waldboden erwärmt, treibt er aus, bildet später zierlich weiße Blütensterne um bereits im Frühsommer wieder zu verwelken. Die dunkle Zeit im dicht belaubten Sommerwald und den kalten Rest des Jahres verbringt er unterirdisch, in einer schlanken Zwiebel. In Deutschland, das weiß Willi Tangermann, steht die Pflanze

    ...meist in Laubwäldern oder Auewäldern, wo sie eben genug Bodenfeuchtigkeit haben. Den können Sie vor allem in den Mittelgebirgen finden, den finden Sie nicht so sehr im Norddeutschen Tiefland: auf den Sandböden gibt es weniger Bärlauch.

    Professor Hans-Joachim Küsters vom Institut für Geobotanik der Uni Hannover weiß auch, dass man bei Ausgrabungen frühzeitlicher Pfahlbausiedlungen am Ufer des Bodensees Spuren von Bärlauch gefunden hat

    Wahrscheinlich wurde er tatsächlich von den Menschen gegessen, dem Vieh kann man diese Pflanze eigentlich nicht zu fressen geben, die Milch wird nämlich ungenießbar, wenn man Kühe mit Bärlauch gefüttert hat.

    Den Germanen verlieh der das frische Grün angeblich Bärenkräfte. Tatsächlich enthält es viel Vitamin C und hat durch zahlreiche Inhaltsstoffe wie z.B. Schwefelverbindungen auch eine heilsame Wirkung. Willi Tangermann:

    Man sagt ihm nach, dass er gegen Arterienverkalkung und dergleichen helfen soll, Blutdruck senken und Magen und Darm kräftig reinigen und vielleicht auch böse Geister und Vampire vertreiben, wie man so im Volksmund meint dazu, nicht?

    Der Volksmund hat viele Namen für den Bärlauch: Waldknoblauch, Hexenzwiebel oder auch Zigeunerlauch. Professor Küsters:

    Das galt als abschätzig und mit diesem Zigeunerlauch wollte man nicht würzen, mit dem wollte man nichts zu tun haben.

    Mittlerweile hat der Bärlauch nicht nur in Küchen, sondern auch in den Schulgärten Einzug gehalten. Jörg Ledderbohm vom Schulbiologiezentrum Hannover

    Jetzt im Frühjahr schmeckt der Bärlauch ja relativ gut - kann man immer schön in den Mund stopfen, zwischendurch. Für unsere Schüler, die hierher kommen ist es immer ganz erstaunlich, dass man Sachen einfach essen kann, die einfach nur draußen wachsen, dass man nicht immer alles nur kaufen muss.

    Zur Vorsicht sollte man an den Blättern reiben, denn wenn diese nicht nach Knoblauch riechen, könnte es sich auch um das ähnlich aussehende, aber giftige Maiglöckchen handeln. Da die Blätter des Bärlauchs sehr glatt sind, lassen sich eventuell anhaftende Eier des gefürchteten Fuchsbandwurms mit kaltem Wasser gut abwaschen. Beim Pflücken sollte man darauf achten, dass man die Bestände nicht zertritt und nur einzelne Blätter selektiv entnehmen. Heiko Brede vom Niedersächsischen Forstamt Oldendorf:

    Es ist nach Gesetz ganz klar geregelt, dass man Handsträuße ernten darf, um diese mitzunehmen, aber nicht größere Ladungen, weil das doch einen Einfluss hat auf diese Population der Pflanzen.

    Eine gewerbliche Nutzung im Wald bedarf in jedem Fall einer amtlichen Genehmigung. Größere gartenbauliche Kulturen gibt es derzeit noch nicht, was sich aber ändern könnte, wenn der Verbrauch weiter ansteigt. Manche eine Gaststätte, die das Bärlauchsüppchen kredenzt, muss sich aber noch anstrengen. Willi Tangermann:

    Ich hab mal einige probiert, aber es soll ja auch unterschiedliche Kochkünste geben, so dass man also sicherlich etwas sehr Feines daraus machen kann.