Die Griechen wundert nichts mehr. So konnte eine große linksliberale Tageszeitung vor einigen Tagen einen Schmiergeld-Katalog für Baugenehmigungen veröffentlichen, ohne dass ein größerer Aufschrei durch die Bevölkerung ging. Ausgangspunkt der Untersuchung war, dass alle Unterlagen korrekt eingereicht werden. Aufgezählt wurden dann die Summen, die bei den einzelnen Beamten, die den Antrag bearbeiten, hinterlegt werden müssen.
So errechnete die Zeitung einen Betrag zwischen 500 und 3.000 Euro. Wohlgemerkt: für einen vollkommen legalen Vorgang. Geizt man mit dem Geld, so bleibt die Angelegenheit liegen. Beschleunigungstarif nennen die Griechen daher diese Beträge, die diskret im Umschlag überreicht werden
- und sie sind ein offenes Geheimnis. Es gibt zu wenige Kontrollen, sagt der griechische Bürgerbeauftragte Giorgos Kaminis, aber das sei nur eine der Ursachen:
"Unsere Verwaltung hat große organisatorische Mängel, so dass ein eigentlich einfacher Vorgang unendlich lange dauern kann. Das ist das eine, was der Korruption den Boden bereitet. Das andere ist, dass unsere Gesetze oft unklar sind. Griechenland hat zum Beispiel immer noch keinen Raumordnungsplan! Das lässt dem Beamten den Spielraum, die Angelegenheit eines Antragstellers günstiger oder weniger günstig zu bearbeiten, was ihn wiederum bestechlich macht."
Bestechungsgelder werden nicht nur bei der Baubehörde fällig, und so nimmt Griechenland auf der Liste von Transparency International Platz 47 ein - gemeinsam mit der Tschechischen Republik und Namibia. Der jüngste Korruptionsskandal betrifft nun ausgerechnet die Behörde für Marktkontrolle. Deren Direktor soll, mit Hilfe zweier weiterer Personen, von einer griechischen Molkerei Schmiergelder in Höhe von 2,5 Millionen Euro verlangt haben.
Delikat ist, dass die Verdächtigen miteinander verschwägert sind - und nicht nur das, die Bande der Verwandtschaft reicht bis ins Arbeitsministerium. Fälle dieser Größenordnung haben nicht mit der Ineffizienz der Behörden zu tun, meint der Bürgerbeauftragte Kaminis, sondern mit einem Werteverfall der griechischen Gesellschaft:
"In den siebziger, achtziger Jahren ist Griechenland in kurzer Zeit von einem Agrarstaat zu einem reichen Land geworden. Und das schnelle Geld hat die Moral der Menschen verdorben. In meiner Kindheit gab es eine kleine Mittelschicht, die aber Prinzipien hatte. Auch die Agrargesellschaft hatte ihre Prinzipien. Heute haben wir eine Gesellschaft kleinbürgerlicher Neureicher, wo die Werte auf der Strecke geblieben sind."
So konnte die konservative Nea Dimokratia 2003 die Parlamentswahlen mit dem Slogan "Null-Toleranz bei Korruption" gewinnen. Dass nun der Wirtschaftsminister vergangene Woche den erstaunlichen Anstieg des Brutto-Inlandsprodukts um 25 Prozent ankündigte - er hatte die Schattenwirtschaft mit eingerechnet - wirft nicht das beste Licht auf die Effektivität der Korruptionsbekämpfung. Virginia Tsouderou von Transparency International stellt dennoch einen Wandel fest:
"Die jetzige Regierung gibt immerhin zu, dass es in Griechenland Korruption gibt. Die Vorgängerregierung hat das nicht getan. Sie hat uns sogar vorgeworfen, Opposition zu betreiben. Außerdem sehen wir praktische Fortschritte: Es befinden sich Richter, Rechtsanwälte und Geschäftsleute in Untersuchungshaft, all das wäre vor fünf Jahren vollkommen undenkbar gewesen."
Dass die Protagonisten des jüngsten Skandals miteinander verschwägert sind, gibt den Griechen dennoch das Gefühl, dass sich im Land nichts bewegt. In der Kritik steht auch der griechische Premier, weil er aus dem Skandal keine personellen Konsequenzen zieht, eine Forderung, die auch einzelne Minister hinter vorgehaltener Hand zu stellen beginnen.
Doch noch herrscht auch innerhalb der regierenden Konservativen Waffenstillstand - schließlich finden am kommenden Sonntag im ganzen Land Kommunal- und Regionalwahlen statt; bis dahin halten alle den Atem an.
So errechnete die Zeitung einen Betrag zwischen 500 und 3.000 Euro. Wohlgemerkt: für einen vollkommen legalen Vorgang. Geizt man mit dem Geld, so bleibt die Angelegenheit liegen. Beschleunigungstarif nennen die Griechen daher diese Beträge, die diskret im Umschlag überreicht werden
- und sie sind ein offenes Geheimnis. Es gibt zu wenige Kontrollen, sagt der griechische Bürgerbeauftragte Giorgos Kaminis, aber das sei nur eine der Ursachen:
"Unsere Verwaltung hat große organisatorische Mängel, so dass ein eigentlich einfacher Vorgang unendlich lange dauern kann. Das ist das eine, was der Korruption den Boden bereitet. Das andere ist, dass unsere Gesetze oft unklar sind. Griechenland hat zum Beispiel immer noch keinen Raumordnungsplan! Das lässt dem Beamten den Spielraum, die Angelegenheit eines Antragstellers günstiger oder weniger günstig zu bearbeiten, was ihn wiederum bestechlich macht."
Bestechungsgelder werden nicht nur bei der Baubehörde fällig, und so nimmt Griechenland auf der Liste von Transparency International Platz 47 ein - gemeinsam mit der Tschechischen Republik und Namibia. Der jüngste Korruptionsskandal betrifft nun ausgerechnet die Behörde für Marktkontrolle. Deren Direktor soll, mit Hilfe zweier weiterer Personen, von einer griechischen Molkerei Schmiergelder in Höhe von 2,5 Millionen Euro verlangt haben.
Delikat ist, dass die Verdächtigen miteinander verschwägert sind - und nicht nur das, die Bande der Verwandtschaft reicht bis ins Arbeitsministerium. Fälle dieser Größenordnung haben nicht mit der Ineffizienz der Behörden zu tun, meint der Bürgerbeauftragte Kaminis, sondern mit einem Werteverfall der griechischen Gesellschaft:
"In den siebziger, achtziger Jahren ist Griechenland in kurzer Zeit von einem Agrarstaat zu einem reichen Land geworden. Und das schnelle Geld hat die Moral der Menschen verdorben. In meiner Kindheit gab es eine kleine Mittelschicht, die aber Prinzipien hatte. Auch die Agrargesellschaft hatte ihre Prinzipien. Heute haben wir eine Gesellschaft kleinbürgerlicher Neureicher, wo die Werte auf der Strecke geblieben sind."
So konnte die konservative Nea Dimokratia 2003 die Parlamentswahlen mit dem Slogan "Null-Toleranz bei Korruption" gewinnen. Dass nun der Wirtschaftsminister vergangene Woche den erstaunlichen Anstieg des Brutto-Inlandsprodukts um 25 Prozent ankündigte - er hatte die Schattenwirtschaft mit eingerechnet - wirft nicht das beste Licht auf die Effektivität der Korruptionsbekämpfung. Virginia Tsouderou von Transparency International stellt dennoch einen Wandel fest:
"Die jetzige Regierung gibt immerhin zu, dass es in Griechenland Korruption gibt. Die Vorgängerregierung hat das nicht getan. Sie hat uns sogar vorgeworfen, Opposition zu betreiben. Außerdem sehen wir praktische Fortschritte: Es befinden sich Richter, Rechtsanwälte und Geschäftsleute in Untersuchungshaft, all das wäre vor fünf Jahren vollkommen undenkbar gewesen."
Dass die Protagonisten des jüngsten Skandals miteinander verschwägert sind, gibt den Griechen dennoch das Gefühl, dass sich im Land nichts bewegt. In der Kritik steht auch der griechische Premier, weil er aus dem Skandal keine personellen Konsequenzen zieht, eine Forderung, die auch einzelne Minister hinter vorgehaltener Hand zu stellen beginnen.
Doch noch herrscht auch innerhalb der regierenden Konservativen Waffenstillstand - schließlich finden am kommenden Sonntag im ganzen Land Kommunal- und Regionalwahlen statt; bis dahin halten alle den Atem an.