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Schmierstoffe aus Pflanzen

Gentechnik. - Die Erdölreserven sind endlich, daher muss man sich unter anderem nach einem neuen Rohstoff für Schmierstoffe umsehen. Forscher aus Bonn glauben nun einen Ersatz in genmanipulierten Pflanzen gefunden zu haben.

Von Michael Böddeker | 15.06.2009
    Im Kopf eines Pottwals befinden sich mehrere Tonnen an so genanntem Walrat. Das ist eine weiße, wachsartige Substanz. Der Wal verändert damit seine spezifische Dichte. Um abzutauchen lässt er Meerwasser durch sein Blasloch einströmen. Dadurch kühlt der Walrat ab, und sein Volumen verringert sich. Der Mensch stellte früher aus dem Walrat Kerzen her, oder schmierte Maschinen damit.

    "Das ist auch einer der Gründe, warum Wale fast bis zum Aussterben gejagt wurden."

    Peter Dörmann, Direktor des Instituts für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen in Bonn.

    "Schmierstoffe werden in der Maschinenindustrie gebraucht. Alle modernen Motoren in Kraftfahrzeugen aber auch in der Industrie benötigen Schmierstoffe für die beweglichen Teile. Diese Stoffe werden heutzutage hauptsächlich aus Erdöl gewonnen."

    Wenn aber in der Zukunft das Erdöl knapp wird, werden Alternativen benötigt. Peter Dörmann und seine Kollegen wollen daher Schmierstoffe in Feldpflanzen anbauen. Dafür müssen sie die Pflanzen genetisch so verändern, dass sie große Mengen bestimmter Stoffe produzieren, die dem Walrat ähneln. Es handelt sich um so genannte Wachsester. Manche Pflanzen stellen sie natürlicherweise her, um damit ihre Blätter zu beschichten. Dadurch schützen sie sich vor Austrocknung. Dörmann:

    "Es gibt in der Tat Öle, die der chemischen Struktur, wie sie gebraucht wird, nahe kommen. Das gibt es im Pflanzenreich in wenigen spezifischen Arten. Eine davon ist Jojoba. Die Gene, die für diese Synthese zuständig sind, sind bekannt. Und ein Transfer dieser Gene in andere Nutzpflanzen, das ist eine der Ideen dieses Projekts."

    Übertragen werden sollen die Gene zunächst in die Ackerschmalwand, eine Modellpflanze der Genetik. Sie lässt sich im Labor und im Gewächshaus leicht handhaben. Die Samen der genetisch veränderten Ackerschmalwand werden dann auf das Vorhandensein von Wachsestern untersucht. Anschließend sollen die Gene in das Genom anderer Pflanzenarten eingebaut werden, die sich besser im Feld anbauen lassen, und zwar in Verwandte des Raps: Crambe abyssinica und Brassica carinata. Dörmann:

    "Es ist Ziel des Projekts diese Arten zu nehmen, damit man keine Durchmischung mit Rapsöl hat und keine Möglichkeit des Eintrags dieser Gene in die Nahrungsmittel."

    So soll sichergestellt werden, dass kein Teil der genetisch veränderten Pflanzen in menschliche Lebensmittel gelangt, denn diese verwandten Arten lassen sich nicht mit Raps kreuzen. Die Ernte des Schmieröls aus den Samen sei dann kein Problem, so Peter Dörmann. Ähnlich wie beim Rapsöl kann es in Ölmühlen gepresst werden. Schwieriger dürfte es dagegen werden, eine Genehmigung für den Anbau der genetisch veränderten Pflanzen zu bekommen. Dörmann:

    "Wenn die transgenen Nutzpflanzen erzeugt sind, wird man die natürlich auch im Feld ausprobieren wollen. Wo das dann gemacht wird, das wird sich zeigen. Letztlich wäre meine Hoffnung, das Deutschland da auch in Frage kommt, und sich in dem Bereich nicht abhängen lässt. Wir werden dann um Anerkennung in der Öffentlichkeit kämpfen."

    Bis 2012 werden die transgenen Pflanzen fertig sein, schätzt der Wissenschaftler. Als Schmierstoff-Ersatz könnten die Wachse aus Pflanzen anschließend schon sehr bald eingesetzt werden, so Peter Dörmann. Die Herstellung von Schmierstoffen aus genetisch veränderten Pflanzen sei zwar teuer. Aber ähnlich teuer ist es auch heute schon, sie aus Erdöl zu gewinnen. Dörmann:

    "Von daher ist das auch von der finanziellen Seite eher lukrativ und wird sich eher amortisieren als Brennstoff aus Pflanzen zu machen."