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Schmutzige Geschäfte mit Studienkrediten

Mehrere große US-Finanzdienstleister sind ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, weil sie bei der Finanzierung von Studienkrediten Uni-Mitarbeiter bestochen, Studenten betrogen und Steuergelder veruntreut haben sollen. Gegen rund hundert Universitäten und mehr als ein Dutzend Finanzfirmen wird ermittelt. Kommende Woche will sich der US-Kongress mit dem Thema befassen.

Von Heike Wipperfürth |
    Kreditgeber verleihen Geld an Studenten für Studiengebühren und verdienen gut daran. Doch nun hat der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo gegen die 85-Milliarden-Dollar-Branche eine Ermittlung eingeleitet. Sein Verdacht: Finanzfirmen haben Universitäten bezahlt, um in die Listen der besten Kreditgeber aufgenommen zu werden - und Mitarbeiter, die in den Unis für Studentendarlehen zuständig sind, mit Ausflügen und bezahlten Posten in Beratungsgremien belohnt. Moralisch und juristisch ist das äußerst fragwürdig, sagt Cuomo:

    " Zahlungen an Universitäten, um auf die Listen zu kommen, sind verboten. Sie wissen, dass 90 Prozent der Studenten den Rat ihrer Unis befolgen. "

    Cuomo hat seine Ermittlungen gegen die Branche, deren Darlehen durch staatliche Subventionen unterstützt werden, auf 100 Universitäten und über 14 Finanzfirmen ausgeweitet. Selbst vor Täuschung schreckten manche Universitäten und Kreditinstitute angeblich nicht zurück. Cuomo:

    " Manchmal saßen Mitarbeiter der Darlehensvergeber in den Beratungszentren der Universitäten. Ein Student ruft die Uni an und glaubt, dass er sich mit einem Angestellten unterhält. Es war aber ein Mitarbeiter eines Darlehensvergebers. "

    Noch sensationeller ist, dass Sallie Mae, das größte US Studenten Kreditinstitut, von zwei Finanzinvestoren und zwei Banken für 25 Milliarden Dollar übernommen werden soll. Davor warnt Jonathan Koppell. Der Management-Professor an der Yale Universität bemängelt, dass das Unternehmen mit ausstehenden Krediten in der Höhe von 142 Milliarden Dollar und zehn Millionen Kunden nach Abschluss der Transaktion im nächsten Jahr keine Berichte mehr vorlegen muss. Warum? Weil es privatisiert wird und seine Aktien nicht mehr an der Börse gehandelt werden. Kein Außenseiter kann dann noch genau überprüfen, ob die Steuergelder, die die Firma für ihre Studentenkredite bekommt, auch wirklich in die richtigen Hände gelangen, sagt Koppell:

    " Die Transparenz, die man hat, wenn ein Unternehmen an der Börse notiert ist, gibt es dann nicht mehr. Es wird sehr schwer, die Firma zu analysieren und zu überprüfen, ob die Subventionen an die Studenten oder die Besitzer gehen. "

    Während Sallie-Mae-Leiter Albert Lord in den letzten acht Jahren laut "Fortune Magazine" mindestens 200 Milliarden Dollar verdient hat, haben US Studenten nach dem Studienabschluss im Durchschnitt 17.000 Dollar Schulden. Das könnte Studienbewerber davon abschrecken, ein Studium aufzunehmen, sagt Jonathan Koppel:

    " Ich habe Angst, dass die Studienfinanzierung für Amerikaner zur Bürde wird. Dass wir viel preiswerter sein könnten. Dass wir ihnen eine Bürde auferlegen, die sie daran hindert, auf die Universität zu gehen. So weit darf es nicht kommen. "

    Ein Ende der Ermittlungen ist noch nicht in Sicht, auch wenn Generalstaatsanwalt Cuomo der Branche strenge Verhaltensregeln auferlegt hat. Zudem haben Finanzunternehmen wie Sallie Mae und Citigroup einen Vergleich mit Cuomo geschlossen und jeweils zwei Millionen Dollar gezahlt. Sechs Universitäten, darunter die University of Pennsylvania und die New York Universität wollen insgesamt 3,3 Millionen Dollar an ihre Studenten zurückzuzahlen. Ein Hearing zum Thema "Student Loans" soll nächste Woche im amerikanischen Kongress stattfinden.