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Schnacken und klönen gefällt

Die meisten Deutschen bewerten ihre eigene Sprache positiv und stehen auch Dialekten und regionalen Färbungen offen gegenüber. Besonders beliebt ist das Norddeutsche. Dies hat das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim herausgefunden.

Von Jacqueline Boysen |
    Souveräne Gelassenheit im Umgang mit unserer eigenen Sprache attestiert uns die jüngste Studie aus dem Institut für Deutsche Sprache in Mannheim.

    "Deutsch ist denen, die es sprechen, überraschend sympathisch. 87 Prozent stehen positiv oder sehr positiv zum Deutschen, dass es ihnen sehr gut gefällt","

    ... befindet der Sprachwissenschaftler Ludwig Eichinger.

    ""Es werden objektive Kriterien genannt: Das Deutsche gilt als schön und als schwierig, logisch und als etwas hart. Man kann den Wert aber als Zustimmung zur Sprache verstehen und so, dass man sich als Deutscher einigermaßen gut fühlt."

    Eichinger hat zusammen mit der Sozialpsychologin Dagmar Stahlberg von der Universität Mannheim eine Gruppe von rund 2000 Personen per Telefon zu ihrer Einstellung zum Deutschen, aber auch zu Dialekten und landsmannschaftlichen Sprachfärbungen befragt:

    "Wir haben viel unterschieden: Wie ist es mit Parteipräferenz, Geschlecht, Bildung, Alter, eigener Dialektfärbung - und können durchweg feststellen: Die Einstellung ist positiv. Die Leute sagen, sie sind stolz auf die Sprache. Sie lieben die Sprache. Das war früher nicht so stark."

    Auch Migranten, die über ihre Haltung zur deutschen Sprache Auskunft gegeben haben, teilen die positive Beurteilung der Muttersprachler.

    "Überraschenderweise sehen das die Einwanderer ähnlich. Deren Sprachbewusstsein ist eher noch höher als bei den Muttersprachlern."

    Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Einwanderer ohne Sprachkenntnisse naturgemäß von Telefonumfragen ausgeschlossen bleiben. Eine Sprachgrenze verläuft heute, zwanzig Jahre nach dem Mauerfall, nicht etwa in Ost-West-Richtung, sondern von Nord nach Süd:

    "Ganz harte Dialekte würden die Leute nicht verstehen, sodass mit Dialekt eher etwas gemeint ist, was regionaler Färbung entspricht. 40 Prozent finden das unsympathisch. Es gibt also die Neigung, regionale Formen gut zu finden."

    60 Prozent der Deutschen bekennen sich zu einem Dialekt - verblüffend genug: Die Färbung, zu der sich die meisten Sprachnutzer bekennen, sei das Norddeutsche.

    "Ich denke die Kategorie Norddeutsch, die als beliebtester Dialekt gilt: Das wird jetzt auch als normale Sprechsprache mit einer gewissen regionalen Markierung wahrgenommen - und nicht als Schriftdeutsch, das nur irgendwelche Menschen im Norden nutzen."

    Nicht verwundern wird, dass die reichen Dialektlandschaften eher im Süden angesiedelt sind. Das Bairische und Alemannische liegen vorn, knapp gefolgt vom Sächsischen - einem Dialekt, der sich außerhalb der Sprachgrenze keiner großen Beliebtheit erfreut. Auch das Bairische polarisiert: Die Nichtbayern lehnen es entweder gänzlich ab - oder sind ausdrückliche Fans der weißblauen Tönung der Sprache. Grundsätzlich habe sich die Akzeptanz dialektaler Färbung erhöht, bestätigt Ludwig Eichinger - unüberhörbar als Bayer:

    "Ich hab Erfahrungen aus der Studentenzeit: der Einzige, der südlich des Mains herkam - und man mich besichtigte wie im Zoo; mit der Sprache, die ich jetzt spreche, was ich ja für Hochdeutsch halte. Es hat sich da in der Einschätzung etwas geändert."

    Dagmar Stahlberg macht als Sozialpsychologin besonders auf die Haltung der Sprachgemeinschaft zu Veränderungen im Deutschen aufmerksam: Der Wandel, dem die Sprache angesichts der Neuen Medien und der Globalisierung ausgesetzt ist, wird durchaus nicht rundweg abgelehnt:

    "Fast genauso viele sagen, sie finden Veränderungen positiv, wie diejenigen, die sie negativ beurteilen."

    Und ein weiterer Befund der Sprachforscher mag jene beruhigen, die um die Ausdrucksstärke des Volkes der Dichter und Denker besorgt sind: Die Internetnutzung korreliere mit dem Bücherkonsum, will sagen: Wer das Netz nutzt, legt die Liebe zum Lesen nicht unbedingt ab - ebenso wenig, wie die Freude an der Kommunikation.