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Schneesicher und europäisch

Der Berg Buk stand Pate für den Ortsnamen. Buk heißt Buche, und die wachsen dort in der Westukraine. So wurde Bukowel geboren, ein kompakter, überschaubarer, fast gemütlich zu nennender Skiort. Er liegt knapp zweihundert Kilometer südlich der Stadt Lemberg in den ukrainischen Karpaten.

Von Brigitte Schulze |
    Die Fahrstraße ist eng. Das Hinweisschild aber nicht zu übersehen. Noch neun Kilometer sind es nach der Abzweigung von der Fernstraße P3 in Richtung Westen bis nach Bukowel. Die Schneehaufen an den Rändern der kleinen Sackstraße werden immer höher. Sie gleicht mehr einem Wirtschaftsweg. Endlich kommt der Straßenposten von Bukowel. Wer ein- und ausfährt wird nämlich unauffällig kontrolliert. Auf Sicherheit wird, wie ich später noch höre, viel Wert gelegt in Bukowel. Wir haben Quartier "Bei Galina" gemacht. Galina ist vielleicht 50 Jahre alt, etwas rundlich und sehr liebenswürdig. Sie hat ein Haus und vermietet Zimmer. Steil und eng ist die Zufahrt zu ihrer Pension mit Café. Rundum türmt sich Schnee auf. Galinas Pension ist voll. Im Café läuft entweder der Fernseher oder Musik.

    "Viele Leute kommen hierher. Ich bin hier geboren auf dieser Erde. Es kommen wirklich viele. Wie lange wollen Sie bleiben?"

    Einige Tage schon. Schließlich war die Anreise lang. Nun soll der Aufenthalt auch richtig genutzt werden. Der Ort ist überschaubar und alles mehr oder weniger zu Fuß gut erreichbar. Wem es zu den Skiliften zu Fuß zu weit ist, lässt sich für weniger als eine ukrainische Hrywnja, das sind umgerechnet ein paar Cent, vom Kutscher Stepan fahren. In traditionelle ukrainische Tracht gekleidet, wartet er am Straßenrand auf Passagiere.

    "Ich bin Pensionär... früher Fahrer." (lacht)
    BS: Fahren Sie viele Leute?
    Stepan: "Sehr viele, im Winter sehr viele.
    ... Neun Plätze habe ich."
    BS: Und wo bleibt der Hund?
    Stepan: "Hier bei mir."
    BS: Wie finden Sie das, dass man hier so große Häuser baut?
    Stepan: "Gut, das ist alles ganz normal, wir Ortsansässigen müssen doch schließlich Arbeit haben."

    Vor zehn Jahren haben skandinavische Experten die Pläne zu dem Skiort geschmiedet. Ausgeführt wurden sie von den Ukrainern selbst. Sie haben den Wald gerodet und aus dem Nichts heraus eine Ortschaft, 14 Skilifte, Hotels, Chalets, einen Wellnessbereich, Restaurants und die Berghütten gebaut. Die Bevölkerung der Umgebung hat die Aktion zunächst beargwöhnt. Aber schnell haben alle erkannt, dass sie damit verdienen können. Wer etwas Geld zur Verfügung hatte, hat sich ein Haus mit Gästezimmern oder Ferienwohnungen gebaut, so wie Galina. Alle profitieren von dem florierenden Geschäft mit dem Skisport, das jedes Jahr Tausende von Gästen nach Bukowel bringt.

    "In der Ukraine ist das der beste Skiort. Wir waren zwar nicht in Österreich, aber in der Slowakei und in Polen. Dort gibt es viele Skiorte, aber keinen, der so viel an einem Ort hat wie hier Bukowel. Uns gefällt es."
    BS: Sind Sie zufrieden?
    "Ja, im Allgemeinen schon. Freilich gibt es Unzulänglichkeiten. Die Piste könnte besser bearbeitet sein. Vielleicht haben sie nicht genügend Technik. Aber das Skilaufen hier ist gut. Jedes Jahr fahren wir hier einige Male her."

    Ich will es selbst sehen und fahre mit Skilehrer Dima in das knapp 1400 Meter hohe Skigebiet hinauf, das 55 Pistenkilometer umfasst. Einen Skiverleih gibt es fast an jedem der 14 Lifte. Im Nu sind die Bindungen den Skistiefeln angepasst und los geht es. Die Skipässe werden kontrolliert und Dima wird auch kontrolliert, um sicherzustellen, dass er ja kein Privatgeschäft mit den Skischülern macht. Schließlich wollen die drei Skischulen am Ort an den Gästen verdienen. 180 ukrainische Hrywnja, umgerechnet etwa 16 bis 17 Euro kostet die Stunde mit dem Skilehrer. Der Patriot schwärmt von Bukowel:

    "Ich denke, dass Bukowel der allerbeste Skiort ist! ... Hier ist meine Heimat. ... Und was die Verhältnisse zum Skilaufen angeht, so ist die Beschneiung der Pisten, die Lifte von Doppelmayer und die Bergrettung auf sehr hohem Niveau, nicht niedriger als in Europa."

    Er hat Recht. Egal, wo man hinschaut, alles hat Niveau, ob die im ukrainischen Stil rund gebaute Berghütte "Kolyba" oder die gemütlichen Restaurants im Ort. In vielen sind kunstvoll ukrainische Tücher, bestickte Hemden und Kunsthandwerk an den Wänden drapiert. Für die Sicherheit sind 60 Bergretter im Dienst, um im Ernstfall in Not geratenen Skifahren zu helfen. Sämtliche Ausrüstung ist neu. Die Erste Hilfe ist kostenfrei. Eine anschließende Heilbehandlung geht zu Lasten der jeweiligen Krankenversicherung der Gäste. Von Wirtschaftskrise ist in Bukowel offenbar keine Spur. Der Generalmanager Oleksander Schewtschenko, der selbst erst vor wenigen Jahren das Skilaufen gelernt hat, ist stolz auf das, was alles geleistet wurde.

    "Ich glaube, niemand in der Welt hat in den letzten zehn Jahren so viel Geld in die Entwicklung eines Skiortes gesteckt. Deshalb halten wir uns für die Nummer eins, was die Schnelligkeit der Investitionen angeht. Die Lifte sind alle neu. Die Infrastruktur ist neu, wir bauen Restaurants, erweitern und verbessern den Service, die Toiletten, den Skiverleih."

    Bukowel ist ein wirklich gutes Beispiel für Entwicklung in der Ukraine. Ein Geschäft, das in privater Hand oder in der Hand von Interessengruppen ist, wie das Projekt Bukowel, funktioniert und floriert. Bukowel ist kein Retortenskiort, sondern ein mit Geschmack und Niveau gebautes, modernes Dorf. 5000 Hektar umfasst das gesamte Areal mit den Pisten. Größter Geldgeber ist die ukrainische "Privatbank". Vieles ist noch in Planung und soll demnächst realisiert werden. Die noch holprige Durchgangsstraße mitten im Ort, will man mit eigenen Kräften ausbauen. Oleksander Schewtschenko:

    "200 Meter, war kein Zeit, für Bau Straße fertigmachen. Diese letzten drei Kilometer wir bauen selber, diese letzte drei Kilometer war wie mit Bomben. Ja? Wir renovieren ganze dieses Stück. War Probleme mit gute Asphalt. In Ukraine mit alles Problem. Darum diese Jahr wir kaufen mobiles Asphaltwerk für Asphalt produzieren. Haben wir Asphalt haben wir gute Resultat."

    Sogar von einem kleinen Flugplatz mit einer zweieinhalb Kilometer langen Landeplan, zehn Kilometer von Bukowel entfernt, ist die Rede. Maschinen aus München, Hamburg und Frankfurt sollen dort landen können. Und die Sicherheit wird großgeschrieben in Bukowel. An allen Ecken und Enden stehen zahlreiche Sicherheitsleute. Warum so viele?

    "In Ukraine ist nicht so gut mit Ordnung. Mehr Leute wollen zappzarap machen. Und darum besser müssen wir in Bukowel haben Europa. Security ist das eine. Aber das Zweite ist extrem viele Videokamera. Immer alles in Video. Über Video Leute stehen, Leute passen, Leute schauen. Und wie kommt Probleme, sofort Mobilgruppe kommt und hilft Touristen. Vielleicht ist Problem mit betrunken Leute. Bukowel muss haben Ordnung! Darum wir investieren viel Geld in Security, viel Geld mit gesamte Video. Ich denke, das ist unserer Richtung. Erste Ordnung, zweite Business. Ohne in Ukraine immer Chaos."