Als vor mehr als 20 Jahren Hedwig Moser, die austro-iranische Heldin aus Faschingers erstem Roman " Die neue Scheherazade", auszog, um sich von Christo verpacken, Tom Waits begleiten und Clint Eastwood vergewaltigen zu lassen, war die literarische Welt perplex. Hier debütierte eine Autorin, die mit allen Wassern der Moderne und des Feminismus gewaschen war, aber nichts konnte ihr die Lust, schon gar nicht die Fabulier-Lust verderben. Erzählen und Schreiben fungierten als Überlebensmittel für ein weibliches Ich, das um seine Identität kämpft.
Auch im Roman "Magdalena Sünderin", in dem eine siebenfache Männermörderin ihre Lebensbeichte ablegt, ohne zu bereuen, dominiert der weibliche Sound. Das Buch wurde übrigens zum internationalen Bestseller und in 17 Sprachen übersetzt. Im komplexen Roman "Wiener Passion" wiederum, sind es die aufgefundenen Aufzeichnungen eines zum Tode verurteilten Dienstmädchens durch das die Lebensgeschichte eines weiblichen Opfers, das zum Täter wird, an die Nachwelt kommt.
Nun in ihrem neuesten Buch, "Stadt der Verlierer", in dem sich die Autorin virtuos des Genres des Kriminalromans bedient, schlüpft sie arbeitshypothetisch erstmals in die Rolle eines männlichen Mörders und sie tut es mit einer Empathie, die der einer Patricia Highsmith um nichts nachsteht. Hier geht es nicht um die Aufdeckung eines Kriminalfalls, hier geht es um die Darstellung einer psychotischen Persönlichkeit, die von der Wucht ihrer Aggressionen selbst überrascht wird.
"Ich wollte da erzählerisch weiterkommen. Wenn man sich meine bisherigen Männerfiguren anschaut, waren das gut wie immer Karikaturen. Diesmal habe ich einen Mann ins Zentrum gestellt und wollte ihn ernsthaft beschreiben. Denn durch die Zeichnung dieser negativen Männerfigur in "Stadt der Verlierer" wird ja auch Licht auf verschiedene Frauenfiguren in seiner Umgebung geworfen. D.h. es geht auch wieder um Ausbeutung von Frauen. "
Matthias Karner, der Icherzähler, ist um die 30 und lebt von Gelegenheitsjobs sowie dem Sehnsuchtspotential reiferer Frauen. Auch wenn sich diese Frauen über seine Motive keine Illusionen machen, schätzen sie sich glücklich, wenn er bei ihnen wohnt.
"Altgebärende" nennt er sie verächtlich und ist froh, wenn sie ihn finanzieren und den Mund halten. Seine stickige Absteige in einem Wiener Durchhaus braucht er also nur dann, wenn ihn gerade eine Dame vor die Tür gesetzt hat. Oder wenn ihm etwas ganz Unerwartetes passiert. Das kann in Krimis vorkommen. Und so stößt Matthias Karner ganz zufällig auf eine junge schöne Frau, die frühmorgens im Lainzer Tiergarten liegt.
Den Wildschweinen gefällt das Schneewittchen im Tiefschlaf genauso gut wie ihm. Leider geht ein Gestank von der Märchenfigur aus, der so gar nicht zu dem makellosen Körper und der anmutigen Erscheinung passt. Matthias verhindert den endgültigen Erfolg des Selbstmordversuchs, sie besucht den ungebetenen Retter in seiner verwahrlosten Kammer und alles könnte gut gehen, wäre da nicht ein Trauma, auf das sie ihn unbewusst stößt.
Faschinger hatte beim Schreiben des Buchs unter anderem einen legendären österreichischen Prostituierten-Mörder im Sinn, der sich der Polizei als Experte bei den Ermittlungen anbot:
"Ich denke man kann sich schon in solche Personen hineinversetzen. Ich hatte da verschiedene Typen im Kopf. Und irgendwie dachte ich auch an diesen Jack Unterweger und dann hab ich auch viel gelesen, ich bin ja Mitglied der Freud-Bibliothek. Mich interessiert die kriminelle Persönlichkeit schon sehr und die Abgründe in diesen Leuten. Ich wollte eigentlich zeigen, wie die Aggressionen in diesem Mann steigen, ohne dass er sich dessen wirklich bewusst ist. Es ist auch viel von meiner eigenen Wut auf die Verhältnisse enthalten, die konnte ich hineinprojizieren in diesen Menschen. Und seit der Roman fertig ist, geht’s mir auch besser. "
Konterkariert wird die Geschichte des psychopathischen Womanizers Matthias Karner durch die der sympathischen Privatdetektivin Emma Novak, mit der sich die Autorin offenbar gut identifizieren kann:
"Ich denk mir doch , dass Schriftsteller auch Ermittler sind . Ein Schriftsteller ist doch immer auch Detektiv, denn wenn ich nicht Geheimnisse aufdecken wollen würde im Schreiben, die Geheimnisse anderer Leute und meine eigenen, dann würde ich nicht schreiben."
Emma, die in ihrem früheren Beruf als Altertumswissenschaftlerin Studenten mit einer Vorlesung zum Thema "Alexander der Große: ein typischer Vertreter des Machismo?" traktiert hat, ist gerade erst dabei ihr Detektiv-Büro im ehemaligen Friseurgeschäft ihres Gehilfen Mick einzurichten, als sie ein lukrativer Auftrag ereilt. Sie soll einer Mutter den Sohn wiederfinden, den diese vor 3 Jahrzehnten zur Adoption frei geben musste. Dass der Sohn Mathias Karner heißt und auf diese Weise nicht nur eine Mutter bekommt, die er nicht mehr will, sondern auch von einem glücklicheren Zwillingsbruder erfährt, von dem er nichts wusste, bringt das nicht ganz wahrscheinliche, aber bravourös erzählte Drama in Gang.
Die raffinierte Weise, auf die Lilian Faschinger die Ebene des Psychokrimis mit der eines hochkomischen Wien-Romans schneidet, macht zusätzlich zum spannenden Plot den Reiz dieses facettenreichen Romans aus.
Auch im Roman "Magdalena Sünderin", in dem eine siebenfache Männermörderin ihre Lebensbeichte ablegt, ohne zu bereuen, dominiert der weibliche Sound. Das Buch wurde übrigens zum internationalen Bestseller und in 17 Sprachen übersetzt. Im komplexen Roman "Wiener Passion" wiederum, sind es die aufgefundenen Aufzeichnungen eines zum Tode verurteilten Dienstmädchens durch das die Lebensgeschichte eines weiblichen Opfers, das zum Täter wird, an die Nachwelt kommt.
Nun in ihrem neuesten Buch, "Stadt der Verlierer", in dem sich die Autorin virtuos des Genres des Kriminalromans bedient, schlüpft sie arbeitshypothetisch erstmals in die Rolle eines männlichen Mörders und sie tut es mit einer Empathie, die der einer Patricia Highsmith um nichts nachsteht. Hier geht es nicht um die Aufdeckung eines Kriminalfalls, hier geht es um die Darstellung einer psychotischen Persönlichkeit, die von der Wucht ihrer Aggressionen selbst überrascht wird.
"Ich wollte da erzählerisch weiterkommen. Wenn man sich meine bisherigen Männerfiguren anschaut, waren das gut wie immer Karikaturen. Diesmal habe ich einen Mann ins Zentrum gestellt und wollte ihn ernsthaft beschreiben. Denn durch die Zeichnung dieser negativen Männerfigur in "Stadt der Verlierer" wird ja auch Licht auf verschiedene Frauenfiguren in seiner Umgebung geworfen. D.h. es geht auch wieder um Ausbeutung von Frauen. "
Matthias Karner, der Icherzähler, ist um die 30 und lebt von Gelegenheitsjobs sowie dem Sehnsuchtspotential reiferer Frauen. Auch wenn sich diese Frauen über seine Motive keine Illusionen machen, schätzen sie sich glücklich, wenn er bei ihnen wohnt.
"Altgebärende" nennt er sie verächtlich und ist froh, wenn sie ihn finanzieren und den Mund halten. Seine stickige Absteige in einem Wiener Durchhaus braucht er also nur dann, wenn ihn gerade eine Dame vor die Tür gesetzt hat. Oder wenn ihm etwas ganz Unerwartetes passiert. Das kann in Krimis vorkommen. Und so stößt Matthias Karner ganz zufällig auf eine junge schöne Frau, die frühmorgens im Lainzer Tiergarten liegt.
Den Wildschweinen gefällt das Schneewittchen im Tiefschlaf genauso gut wie ihm. Leider geht ein Gestank von der Märchenfigur aus, der so gar nicht zu dem makellosen Körper und der anmutigen Erscheinung passt. Matthias verhindert den endgültigen Erfolg des Selbstmordversuchs, sie besucht den ungebetenen Retter in seiner verwahrlosten Kammer und alles könnte gut gehen, wäre da nicht ein Trauma, auf das sie ihn unbewusst stößt.
Faschinger hatte beim Schreiben des Buchs unter anderem einen legendären österreichischen Prostituierten-Mörder im Sinn, der sich der Polizei als Experte bei den Ermittlungen anbot:
"Ich denke man kann sich schon in solche Personen hineinversetzen. Ich hatte da verschiedene Typen im Kopf. Und irgendwie dachte ich auch an diesen Jack Unterweger und dann hab ich auch viel gelesen, ich bin ja Mitglied der Freud-Bibliothek. Mich interessiert die kriminelle Persönlichkeit schon sehr und die Abgründe in diesen Leuten. Ich wollte eigentlich zeigen, wie die Aggressionen in diesem Mann steigen, ohne dass er sich dessen wirklich bewusst ist. Es ist auch viel von meiner eigenen Wut auf die Verhältnisse enthalten, die konnte ich hineinprojizieren in diesen Menschen. Und seit der Roman fertig ist, geht’s mir auch besser. "
Konterkariert wird die Geschichte des psychopathischen Womanizers Matthias Karner durch die der sympathischen Privatdetektivin Emma Novak, mit der sich die Autorin offenbar gut identifizieren kann:
"Ich denk mir doch , dass Schriftsteller auch Ermittler sind . Ein Schriftsteller ist doch immer auch Detektiv, denn wenn ich nicht Geheimnisse aufdecken wollen würde im Schreiben, die Geheimnisse anderer Leute und meine eigenen, dann würde ich nicht schreiben."
Emma, die in ihrem früheren Beruf als Altertumswissenschaftlerin Studenten mit einer Vorlesung zum Thema "Alexander der Große: ein typischer Vertreter des Machismo?" traktiert hat, ist gerade erst dabei ihr Detektiv-Büro im ehemaligen Friseurgeschäft ihres Gehilfen Mick einzurichten, als sie ein lukrativer Auftrag ereilt. Sie soll einer Mutter den Sohn wiederfinden, den diese vor 3 Jahrzehnten zur Adoption frei geben musste. Dass der Sohn Mathias Karner heißt und auf diese Weise nicht nur eine Mutter bekommt, die er nicht mehr will, sondern auch von einem glücklicheren Zwillingsbruder erfährt, von dem er nichts wusste, bringt das nicht ganz wahrscheinliche, aber bravourös erzählte Drama in Gang.
Die raffinierte Weise, auf die Lilian Faschinger die Ebene des Psychokrimis mit der eines hochkomischen Wien-Romans schneidet, macht zusätzlich zum spannenden Plot den Reiz dieses facettenreichen Romans aus.