Affen vor einem Computerbildschirm: Zwei Makaken schauen sich Bilder von menschlichen Gesichtern an. Gleichzeitig wird mithilfe von Elektroden die Aktivität in den Gehirnen der Affen gemessen – in den Hirnregionen, die für das Erkennen von Gesichtern zuständig sind. Das war das Experiment. Der Neurowissenschaftler Martin Giese von der Uni Tübingen und seine Kollegen haben den Affen dabei computererzeugte Bilder gezeigt, die aber genauso realistisch wirken wie Fotografien. Der Vorteil an diesen Computerbildern ist, dass die Forscher diese künstlichen Gesichter nach Belieben manipulieren können, sie können den Affen außergewöhnliche Gesichter zeigen, aber eben auch das absolute Durchschnittsgesicht im wörtlichen Sinn: Gesichter also, deren Proportionen genau die Mittelwerte in der Bevölkerung widerspiegeln. Giese:
"Wir haben dann verschiedene Gesichter präsentiert, und dabei zeigt sich, dass viele Zellen umso stärker feuern, je stärker das Gesicht abweicht von so einer Art Mittelwertsgesicht."
Dieses Ergebnis lässt sich so deuten, dass die Gesichter im Gehirn völlig anders repräsentiert werden als etwa auf einem Foto. Ein Foto zeigt das Gesicht so wie es ist, als Abbild. Das Gehirn dagegen scheint weniger die Gesichtszüge als solche zu verarbeiten, sondern vor allem die Abweichungen von den Mittelwerten zu registrieren; die Proportionen des Gesichts also mit den Durchschnittsproportionen zu vergleichen und mit diesen Abweichungen zu rechnen. Informationstheoretisch betrachtet wäre das eine durchaus sinnvolle, weil ökonomische Art, die Information zu verarbeiten. Giese:
"Man kann sich zum einen vorstellen, dass das eine sehr effiziente Art ist, Information zu kodieren, weil das Mittelwertsgesicht so etwas ist wie der erwartete Stimulus."
Das Gehirn würde also das Durchschnittsgesicht als Standard und damit als quasi Null-Information behandeln und könnte seinen neuronalen Aufwand auf die Abweichungen beschränken. Wenn das so ist, werden dadurch aber auch einige psychologische Phänomene verständlich, meint Martin Giese. Dazu gehört etwa der so genannte Karikaturen-Effekt. Denn was macht ein Karikaturist mit prominenten Gesichtern: Er überzeichnet sie. Giese:
"Es ist seit langem bekannt und wird von Karikaturisten ausgenutzt, dass wenn ich eine bestimmte Person habe, die ein charakteristisches Gesicht hat, und ich jetzt in der Zeichnung einzelne Sachen übertreibe, wie wenn der zum Beispiel ein charakteristisches Kinn hat, wenn ich das dann noch charakteristischer zeichne, oder wenn der kleine Augen hat, mach ich die Augen noch kleiner, dann erhält man dadurch eine Karikatur, und es ist seit langem bekannt in der Psychologie der Gesichtswahrnehmung, dass solche Karikaturen besonders schnell und besonders genau erkannt werden."
Ein weiteres Phänomen, das gut zu den Befunden von Martin Giese passt, ist der berühmte "Chineseneffekt" – das Gefühl: Die sehen ja alle gleich aus. Giese:
"Dass man als Europäer große Schwierigkeiten hat, asiatische Gesichter zu unterscheiden, während man sehr gut darin ist, europäische Gesichter zu unterscheiden, und wenn es jetzt also wirklich so etwas gibt wie so ein Mittelwertsgesicht, dann wäre das beim Europäer ein europäisches Gesicht und die Asiaten wären in diesem hypothetischen Gesichtsraum relativ weit davon weg, in eine Richtung verschoben von diesem Mittelwertsgesicht."
Um diese Hypothese zu testen, planen Martin Giese und seine Kollegen bereits einen weiteren Versuch. Das gleiche Experiment, nur dass die Affen vorher auf beispielsweise europäische beziehungsweise auf asiatische Gesichter hin trainiert werden, um zu sehen, ob dies Auswirkungen hat auf das Mittelwertsgesicht, mit dem das Gehirn sozusagen rechnet und neue Gesichter abgleicht.
"Wir haben dann verschiedene Gesichter präsentiert, und dabei zeigt sich, dass viele Zellen umso stärker feuern, je stärker das Gesicht abweicht von so einer Art Mittelwertsgesicht."
Dieses Ergebnis lässt sich so deuten, dass die Gesichter im Gehirn völlig anders repräsentiert werden als etwa auf einem Foto. Ein Foto zeigt das Gesicht so wie es ist, als Abbild. Das Gehirn dagegen scheint weniger die Gesichtszüge als solche zu verarbeiten, sondern vor allem die Abweichungen von den Mittelwerten zu registrieren; die Proportionen des Gesichts also mit den Durchschnittsproportionen zu vergleichen und mit diesen Abweichungen zu rechnen. Informationstheoretisch betrachtet wäre das eine durchaus sinnvolle, weil ökonomische Art, die Information zu verarbeiten. Giese:
"Man kann sich zum einen vorstellen, dass das eine sehr effiziente Art ist, Information zu kodieren, weil das Mittelwertsgesicht so etwas ist wie der erwartete Stimulus."
Das Gehirn würde also das Durchschnittsgesicht als Standard und damit als quasi Null-Information behandeln und könnte seinen neuronalen Aufwand auf die Abweichungen beschränken. Wenn das so ist, werden dadurch aber auch einige psychologische Phänomene verständlich, meint Martin Giese. Dazu gehört etwa der so genannte Karikaturen-Effekt. Denn was macht ein Karikaturist mit prominenten Gesichtern: Er überzeichnet sie. Giese:
"Es ist seit langem bekannt und wird von Karikaturisten ausgenutzt, dass wenn ich eine bestimmte Person habe, die ein charakteristisches Gesicht hat, und ich jetzt in der Zeichnung einzelne Sachen übertreibe, wie wenn der zum Beispiel ein charakteristisches Kinn hat, wenn ich das dann noch charakteristischer zeichne, oder wenn der kleine Augen hat, mach ich die Augen noch kleiner, dann erhält man dadurch eine Karikatur, und es ist seit langem bekannt in der Psychologie der Gesichtswahrnehmung, dass solche Karikaturen besonders schnell und besonders genau erkannt werden."
Ein weiteres Phänomen, das gut zu den Befunden von Martin Giese passt, ist der berühmte "Chineseneffekt" – das Gefühl: Die sehen ja alle gleich aus. Giese:
"Dass man als Europäer große Schwierigkeiten hat, asiatische Gesichter zu unterscheiden, während man sehr gut darin ist, europäische Gesichter zu unterscheiden, und wenn es jetzt also wirklich so etwas gibt wie so ein Mittelwertsgesicht, dann wäre das beim Europäer ein europäisches Gesicht und die Asiaten wären in diesem hypothetischen Gesichtsraum relativ weit davon weg, in eine Richtung verschoben von diesem Mittelwertsgesicht."
Um diese Hypothese zu testen, planen Martin Giese und seine Kollegen bereits einen weiteren Versuch. Das gleiche Experiment, nur dass die Affen vorher auf beispielsweise europäische beziehungsweise auf asiatische Gesichter hin trainiert werden, um zu sehen, ob dies Auswirkungen hat auf das Mittelwertsgesicht, mit dem das Gehirn sozusagen rechnet und neue Gesichter abgleicht.