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Schnelle Buckel

Biologie. - Buckelwale sind nicht nur für ihre einzigartigen und über große Distanzen vernehmbaren Gesänge bekannt, sondern auch für ihre Wendigkeit. Jetzt fanden US-Forscher heraus, wie die Tiere trotz hoher Strömungswiderstände bei immer engeren Kurven nicht ins Strudeln geraten.

Von Michael Stang | 08.07.2008
    Buckelwale gehören zu den wendigsten marinen Säugetieren und dass, obwohl sie bis zu 15 Meter lang werden. Wie aber schaffen sie das? Daran forscht seit Jahren der Bioingenieur Frank Fish von der West Chester University im US-amerikanischen Pennsylvania.

    "An der Anströmkante der Flossen gibt es unregelmäßig angeordnete Beulen, wir sagen Tuberkel dazu. Diese verändern die Strömung anscheinend so, dass die Buckelwale unglaublich effizient schwimmen können. Wir wollten klären, wie genau die Tuberkel funktionieren. Das Problem sind die hohen Drücke, die bei Strömungen – egal ob Luft oder Wasser – wirken. Der Anstellwinkel einer Flosse oder eines Flügels entscheidet, wie der Auftrieb genutzt werden kann. Ist der allerdings zu steil, kommt es plötzlich zu einem Strömungsabriss. Das ist vor allem in der Luftfahrt ein riesiges Problem. Die Frage war: wie verhindern die Tuberkel, dass es zu solchen Strömungsabrissen kommt?"

    Nachdem zwei tote Buckelwale gestrandet waren, nahm Frank Fish ihre Flossen kurzerhand mit ins Labor. Dort scannte er sie millimetergenau ein und speiste alles in seinen PC. Er hoffte, auf diese Weise dem Wirken der Tuberkel auf die Spur zu kommen.

    "Wir haben nicht mit einer Eins-zu-eins-Geometrie gearbeitet, sondern mit optimalen geometrischen Modellen im Rechner, die natürlich so in der Natur nicht vorkommen. Dabei haben wir die Strömungsverhältnisse mit und ohne Tuberkel gemessen. Das gleiche haben wir später auch mit Kunststoffmodellen im Windtunnel und im Strömungskanal getestet und geschaut, wie sich der Auftrieb verändert. Das Erstaunliche war, dass wir das mit recht einfachen mathematischen Modellen nachvollziehen konnten. Zum Schluss haben wir die ganzen Daten noch in eine Ingenieursoftware gepackt, die die Strömungen direkt auf den Flossen berechnen konnte."

    Dabei sah der Forscher, dass der Winkel, mit dem die Flosse die Strömung trifft, bis zu 40 Prozent steiler sein kann als bei anderen Schwimmern, bevor es zum Strömungsabriss kommt. Bei einem Strömungsabriss bleibt der Widerstand des Wassers für einen kurzen Moment aus und der Wal fällt buchstäblich nach unten. Die Tuberkel auf der Buckelwalflosse verändern die Druckverteilung so, dass es schon vor der Anströmkante an einigen kleinen Stellen zum Strömungsabriss kommt: jedoch langsam und nie abrupt, sagt Frank Fish.

    "Damit sind wir nun in der Lage, diese Erkenntnisse auch praktisch anzuwenden, und zwar überall dort, wo es starke Strömungen gibt. Eine Anwendung sind Flugzeuge: mit aufgeklebten Tuberkeln können Sie die Landung und den Start wesentlich sicherer machen, da Sie einen Strömungsabriss verhindern, bei dem es schnell zu Unfällen kommen kann. Aktuell arbeiten wir aber daran, wie wir diese Erkenntnisse bei Windrädern einsetzen können. Wir wollen mit Hilfe dieser Tuberkel die Windräder so umbauen, dass sie mehr Wind einfangen können und vor allem in windarmen Zeiten mehr Energie produzieren."

    Erste Prototypen konnten die Leistung von Windmühlen verdoppeln. Diese Rotorblätter konnten zudem eine bestimmte Strommenge schon bei geringeren Windgeschwindigkeiten erbringen, da die Buckelwal-Tuberkel den Wind kanalisieren. Ob sich diese Anwendungen wirklich in großem Stil in die Praxis umsetzen lassen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

    http://darwin.wcupa.edu/~biology/fish/