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Schneller als geplant

Für die Solarbranche brechen wohl schon bald trübere Zeiten an, denn die Regierungskoalition plant, Fördergelder schon im Juli zu senken - ein halbes Jahr vor dem ursprünglich vorgesehenen Termin. Zur Begründung heißt es, damit solle die Kostenexplosion für Stromkunden gebremst werden. Im vergangenen Jahr galt der Boom bei Solaranlagen nämlich als Hauptpreistreiber für die Stromkosten. Wie stark die Einspeisevergütung für Solarstrom reduziert wird, hängt davon ab, wie viele Solaranlagen im bevorstehenden Frühjahr gebaut werden.

Von Philip Banse |
    Alles deutet darauf hin, dass die Bundesregierung die Vergütung für Solarstrom schneller als geplant senken wird, wahrscheinlich zum 1. Juli. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, FDP, hatte das gestern angedeutet. Heute wurde bekannt, dass Umweltminister Norbert Röttgen, CDU, die Kürzungspläne morgen vorstellen will, gemeinsam mit dem Cheflobbyisten der Solarbranche, Günther Cramer. Die Financial Times Deutschland zitiert heute aus dem Papier. Danach ist der Plan: Der garantierte Abnahmepreis für Sonnenstrom sinkt schon zum 1. Juli um bis zu 15 Prozent und zum 1. Januar 2012 noch mal um neun Prozent. Wer also noch vor dem 1. Juli eine Photovoltaikanlage installiert, bekommt für eine Kilowattstunde 24 Prozent mehr, als wenn er sie am 2. Januar installiert. Heute bekommen Sonnenstromer pro Kilowattstunde garantiert bis zu 29 Cent. An der Börse kostet die Kilowattstunde rund 5 Cent. Den Aufschlag für Sonnenstromproduzenten zahlen alle Stromkunden über einen höheren Strompreis. Nun sind aber die Preise für Sonnenkollektoren zuletzt stark gefallen, Sonnenstrom kann also billiger produziert werden. Durch die hohe Förderung ist das ein gutes Geschäft, die Installation von Photovoltaikanlagen boomt. Auch im Parlament sind sich alle einig, dass Sonnenstrom nicht mehr so stark gefördert werden sollte. Auch der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß, will die Förderung früher absenken als geplant:

    "Wenn es nach mir geht, wird es einen Vorzug der Vergütungssenkung geben. Wir hatten im letzten Jahr einen enormen Ausbau, und wir gehen auch in diesem Jahr davon aus, dass wir 7000 bis 8000 Megawatt Zubau von Photovoltaik bekommen. Wir sind überrascht worden von der enormen Preisreduktion an den internationalen Märkten, die Preise für Anlagen und Solarmodule sind enorm gefallen, und deshalb müssen wir auch darauf reagieren und die Vergütung anpassen."

    Das will selbst die Opposition. Hans-Joachim Fell von den Grünen hat einst das Erneuerbare-Energien-Gesetz mitgeschrieben, in dem die Förderung für Ökostrom festgelegt ist. Auch er plädiert dafür, Sonnenstrom schon ab Sommer weniger zu fördern:

    "Wir glauben aber, dass es nicht gut ist, zur Mitte des Jahres eine einzige Vergütungsstufe zu machen. Das führt wieder dazu, dass wir in einem einzigen Monat unglaublich viele Investitionen bekommen und im Monat danach einen Einbruch wie letztes Jahr. Wenn es das Marktgeschehen hergibt, sollten wir kleinere Schritte mehrfach in diesem Jahr durchsetzen. Dies würden wir dann auch mittragen, wenn sie maßvoll und moderat sind."

    Denn wer seine Sonnenstromanlage noch vor dem 1. Juli aufstellt, bekommt noch die hohe Förderung - und zwar für die nächsten 20 Jahre. Wie sehr die Förderung genau gesenkt wird, hängt davon ab, wie viele Photovoltaikanlagen in den nächsten Monaten installiert werden: Je mehr aufgestellt werden, desto stärker wird die Förderung gekürzt. Der Energie-Sprecher der Union, Thomas Bareiß, will, dass über Zeit und Umfang der Solarkürzung in den nächsten 2-3 Wochen entschieden wird. Das sollte klappen, denn selbst die Lobbyisten der Solarbranche hatten vorgeschlagen, die Förderung zu senken. Björn Klusmann vom Bundesverband Erneuerbare Energien will eine Solarblase verhindern:

    "Und deshalb sind wir offen dafür, dass man Teile der Degression, die für den kommenden Jahreswechsel sowieso auf der Agenda steht, vorzuziehen, wenn in den ersten Monaten des Jahres deutlich wird, dass der Markt sehr schnell wächst."

    Die Solarbranche will so auch einen Imageschaden abwenden: Wenn Sonnenstrom zu teuer wird, könnte die Akzeptanz von Ökostrom insgesamt leiden. 13 Milliarden Euro wird die Förderung erneuerbarer Energien dieses Jahr kosten. Und schließlich: In diesem Jahr steht eine Neufassung des wichtigen Erneuerbare-Energien-Gesetzes an. Von diesen 13 Milliarden Euro bekommen die Sonnenstromer rund die Hälfte - obwohl sie nicht mal zwei Prozent des Stroms produzieren. Auch wenn Sonnenstrom jetzt weniger gefördert wird - 13 Milliarden für erneuerbare Energien seien ein lohnendes Geschäft für alle, sagt Grünenpolitiker Fell:

    "Beispielsweise haben ja die gesamten vermiedenen Kosten für den Bezug von Brennstoffen aus dem Ausland, für den Kauf von Erdgas, Kohle und Uran heute schon einen höheren Gegenwert als die gesamten Mehrkosten des gesamten Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Und da sehen wir, dass das keine Belastung, sondern eine Entlastung der Volkswirtschaft ist mit vielen positiven Effekten."