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Schneller Blick ins Erbgut

Genetik. – US-Forscher haben eine neue, schnelle und kostengünstige Methode zur Genomsequenzierung entwickelt. Die Methode basiert auf optischen Prinzipien und lässt die Genomanalyse zu angewandten medizinischen Zwecken näher rücken. In der aktuellen "Science" berichten die Forscher darüber.

    Sieben Jahre dauerte und Hunderte von Millionen Dollar kostete die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts – und dann hatten die Forscher die Erbinformationen eines einzigen Individuums zur Verfügung. Solche Dimensionen sind in der Grundlagenforschung hinnehmbar, in der angewandten Forschung und vor allem in der praktischen Medizin muss es jedoch wesentlich schneller und vor allem viel, viel preiswerter gehen. Das nationale Gesundheitsinstitut der USA hat daher von den Genlabors verlangt, sich Gedanken über eine Sequenziertechnik zu machen, die zum Preis von 1000 Dollar angeboten werden könne.

    Einen großen Schritt in diese Richtung hat jetzt ein US-Team der Harvard Medical School und der Washington University getan. Die Forscher entwickelten eine auf optischen Verfahren basierende Methode, die die Sequenzierung 100 Mal schneller als das bisherige Verfahren durchführt und nur ein Neuntel kostet. Statt der angepeilten 1000 Dollar kostet eine solche Genanalyse zwar immer noch 2,2 Millionen, aber der Weg zur preiswerten Analyse wurde begonnen. Das Verfahren basiert darauf, dass die vier Basen, die die Buchstaben unseres Erbguts darstellen, unter spezieller Beleuchtung in vier unterschiedlichen Farben aufleuchten. Das Erbgut wird, wie in der konventionellen Methode auch in winzige Schnipsel zerteilt, die dann allerdings durch computergesteuerte Mikroskope ausgelesen werden.

    Die US-Forscher erwarten, dass ihre Methode schon in den kommenden Monaten in den großen Gen-Zentren eingeführt wird, während die Verbreitung in den Kliniken noch etwas auf sich warten lassen. Gensequenzierung in der Arztpraxis bleibt allerdings auch mit dieser Methode noch Zukunftsmusik. Dabei könnte gerade so etwas große Vorteile bringen, etwa bei der genauen Anpassung einer medikamentösen Therapie an das Profil des Patienten. Schon heute werden bei bestimmten Krebsmedikamenten ausgewählte Gene analysiert, um die Reaktion des Patienten auf den Wirkstoff abzuschätzen. Bei den meisten Wirkstoffen müssten aber zahlreiche Gene überprüft werden, so dass eine Gensequenzierung sinnvoll wäre. Gleichzeitig muss allerdings auch gewährleistet sein, dass die Geninformationen nicht in unbefugte Hände geraten. Denn das komplette Erbgut kann außerordentlich viele Informationen über einen Menschen liefern, auch wenn daraus kein gläserner Mensch entsteht.

    [Quelle: Michael Lange]