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Schneller durch die Glasfaser

Die Deutsche Telekom beklagt einen erheblichen Schwund an Festnetzkunden: Allein im ersten Quartal dieses Jahres wanderten eine Million Nutzer zur Konkurrenz ab. Umso wichtiger ist es für das Unternehmen, sich bei der neuen, besonders schnellen Übertragungstechnik VDSL eine gute Ausgangsposition zu sichern.

Von Sascha Ott |
    Endlich einmal positive Schlagzeilen. Das wünscht sich die Telekom für ihr VDSL-Projekt. In den vergangenen Wochen wurde vor allem über die Kritik der EU und die Proteste der Konkurrenz berichtet. Jetzt soll endlich die neue Technik selbst im Vordergrund stehen. 50 Megabit pro Sekunde können über das "Very High Speed"-DSL übertragen werden.

    "Wenn Sie das mal mit Ihrem herkömmlichen ISDN-Anschluss vergleichen und sagen bis zu 50 Megabit – das ist etwa 800mal so schnell wie Ihr herkömmlicher ISDN-Anschluss."

    Michaela Ockenfels leitet das Projekt für die Telekom. Knapp drei Millionen Haushalte in 50 deutschen Städten sollen bis zum Jahresende an das neue Netz angeschlossen sein. Der Benutzer kann nicht nur deutlich schneller Bilder, Musik und Filme aus dem Internet herunter laden, sondern auch umgekehrt mit immerhin bis zu drei Megabit pro Sekunde Daten in das Netz hinein senden.

    "Stellen Sie sich vor, Sie können in einen laufenden Fernsehfilm eingreifen. Sie können zum Beispiel den weiteren Verlauf des Films beeinflussen. Zum Beispiel indem Sie abstimmen, wie soll der Film jetzt weitergehen an dieser Stelle. Also auf dieser Bandbreite, die wir mit dieser leistungsfähigen Infrastruktur zur Verfügung stellen, werden Angebote entstehen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können."

    VDSL ist so schnell, weil die Daten über weite Strecken durch Glasfaserkabel geschickt werden. Damit nicht überall die Straßen aufgerissen werden müssen, sollen die Glasfasern vor allem durch schon vorhandene unterirdische Rohrleitungen verlegt werden. Michael Rohé organisiert diese Bauarbeiten für den Westen Deutschlands.

    "Wir ziehen die Glasfaser von der Betriebsstelle zu einem so genannten technischen Gerät, ich nenne das mal Kabelverzweiger. Das sind die kleinen Kästen, die sie hier in den Orten sehen, die dort stehen. Und diese Glasfaser endet dort und von diesem Kabelverzweiger nehmen wir das schon vorhandene Netz zum Kunden."

    Entscheidend für die Geschwindigkeit des Netzes ist es, wie weit der Kunde von der nächsten Verzweigestelle entfernt wohnt. Schon im Abstand von knapp einem Kilometer halbiert sich die Übertragungsrate. Konkurrenten kritisieren bereits, die meisten Kunden könnten nicht mit einer höheren als der normalen DSL-Geschwindigkeit rechnen. Um das zu verhindern, werden zum Beispiel in Köln fast 2400 Verteilerkästen installiert. Für jeden Haushalt sollen so nur maximal 500 Meter über das herkömmliche Kupferkabel bis zum nächsten Knotenpunkt zu überbrücken sein.

    "Aber es muss eine Transformation stattfinden über eine Setup-Box. Die Signale müssen umgesetzt werden für diese Endgeräte. Und diese Setup-Box, die muss sich der Kunde zulegen."

    Wie viel dieser Media Receiver kosten soll, will die Telekom noch nicht verraten. Ebenso darf man gespannt sein, wie teuer der VDSL-Anschluss sein wird. Ob sich genügend Kunden für VDSL interessieren, hängt wohl vor allem von den inhaltlichen Angeboten ab. T-Online will ab Sommer Internet-Fernsehen mit rund 100 Sendern, Bundesligaspielen und Video-on-demand, also Filmen auf Abruf, anbieten. ARD und ZDF haben allerdings bereits angekündigt, dafür ihre Programme nicht zur Verfügung zu stellen. Abzuwarten bleibt auch die Entscheidung der EU-Kommission: Darf die Telekom selbst bestimmen, zu welchem Preis sie die neuen Leitungen ihren Konkurrenten zur Verfügung stellt oder muss die Regulierungsbehörde die Preise festsetzen. Noch einmal Michaela Ockenfels.

    "Wir haben natürlich ein großes Interesse daran, dass die immensen Investitionen uns auch irgendwie als Unternehmen wieder zugute kommen. Und natürlich wollen wir hier mit den Wettbewerbern zusammenarbeiten, wir wollen den Wettbewerbern auch attraktive Angebote machen, aber eben zu Marktkonditionen und nicht zu regulierten Konditionen."

    Bis der Streit mit der EU und den Konkurrenten entschieden ist, wird die Telekom schon einen großen Teil der für das Projekt geplanten drei Milliarden Euro investiert haben. Dieses Geld muss wieder reinkommen. Der Bonner Konzern kann also nur darauf hoffen, dass möglichst viele Kunden bereit sind noch mehr Geld auszugeben für noch mehr Filme und einen noch schnelleren Flug durch das Internet.