Archiv


Schneller muss nicht besser sein

In zwei Studien mit mehr als 700 Teilnehmern haben schwedische und französische Forscher die Effektivität verschiedener Arten der Strahlentherapie gegen Krebs verglichen und kamen dabei zu einem verblüffenden Ergebnis: In der Wirksamkeit unterscheiden sich die beschleunigte oder die konventionellen Radiotherapie danach kaum. Die Untersuchungen werden auf dem Europäischen Kongress für Strahlentherapie und Onkologie in Göteborg vorgestellt.

Von Christine Westerhaus |
    Der Kampf gegen schnell wachsende Tumoren ist ein Wettlauf mit der Zeit. Werden die Krebszellen nicht rasch genug zerstört, gibt es für die Patienten meist keine Hoffnung mehr. Um Betroffenen mit einer solch aggressiven Tumorform zu helfen, werden sie oftmals mit der sogenannten beschleunigten Strahlentherapie behandelt. Hierbei sind die Pausen zwischen den einzelnen Bestrahlungen verkürzt, das Tumorgewebe wird also intensiver bestrahlt. Der Nachteil dieser Methode ist jedoch, dass sie stärkere Nebenwirkungen hat als die konventionelle Strahlentherapie. Schwedische Forscher haben nun untersucht, ob diese Behandlung tatsächlich wirksamer ist. An der Studie haben mehr als 750 Patienten mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich teilgenommen. Erste Ergebnisse stellten die Forscher nun in Göteborg vor. Björn Zakrisson vom Universitätskrankenhaus in Umeå.

    " Wir konnten keine Unterschiede in der Wirksamkeit der beschleunigten oder der konventionellen Radiotherapie feststellen. Auch wenn die Studie noch nicht vollständig ausgewertet ist, scheint das ein sehr klarer Trend zu sein. Patienten, die mit der beschleunigten Form der Strahlentherapie behandelt wurden, hatten außerdem eine eingeschränkte Lebensqualität. Sie litten unter Schmerzen und hatten Schwierigkeiten zu schlucken. Wir werden unsere Patienten deshalb sehr wahrscheinlich in Zukunft nur mit der konventionellen Strahlentherapie behandeln. "

    Bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich kombinieren Ärzte diese Behandlung oftmals mit einer Chemotherapie. Hierbei werden dem Patienten zusätzlich Medikamente gegeben, die die Krebszellen am Wachstum hindern. Um die Behandlung zu intensivieren wird auch bei dieser Kombinationstherapie die Bestrahlung oftmals in kürzeren Abständen gegeben. Doch eine neue Studie aus Frankreich zeigt, dass das für die Patienten keinen Vorteil bringt. Jean Bourhis vom Gustave Roussy Krebsforschungsinstitut in Paris.

    " Bei der Kombination von Strahlentherapie und Chemotherapie macht es keinen Sinn, die Bestrahlung in kürzeren Zeitabständen durchzuführen. Die Wirksamkeit dieser Methode war in unserer Studie genauso gut wie bei der klassischen Radiotherapie. Das klingt vielleicht nicht nach einem spektakulären Resultat. Doch diese Ergebnisse sind sehr wichtig und sollten bei der Wahl der Behandlungsmethode beachtet werden. Denn bei der klassischen Strahlentherapie treten weniger Nebenwirkungen auf und das ist wichtig für den Patienten. "

    Die französischen Forscher haben sechs Jahre lang den Krankheitsverlauf von Krebspatienten verfolgt, die mit den unterschiedlichen Therapieformen behandelt wurden. Mehr als 800 Patienten mit Krebs im Kopf-Hals-Bereich haben an der Untersuchung teilgenommen. Bei allen protokollierten die Forscher auftretende Nebenwirkungen, ob der Krebs geheilt wurde und wie viele Menschen an den Folgen ihrer Krankheit starben. Bourhis:

    " Als wir mit der Untersuchung begonnen haben, konnte niemand sagen, welche Form der Strahlentherapie die sinnvollere ist. Wir gingen davon aus, dass die Kombination von Beschleunigter Strahlentherapie und Chemotherapie am effektivsten ist. "

    Deshalb überraschte es die Forscher, dass ihre Studie keinen Vorteil für die beschleunigte Radiotherapie zeigte, wenn sie mit der Chemotherapie kombiniert wurde. Jean Bourhis:

    " Genau das ist der Grund, warum diese Studien so wichtig sind. Denn sonst glauben wir einfach, dass eine Behandlung besser ist und machen es einfach immer so weiter. Erst wenn solche Untersuchungen den Nutzen einer Methode in Frage stellen, hat das Auswirkungen auf die Praxis. "

    Noch gelten in unterschiedlichen Kliniken unterschiedliche Behandlungsmethoden als Standard. Die beiden auf dem Estro-Kongress vorgestellten Studien haben nur den Effekt der beschleunigten Strahlentherapie auf Patienten mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich untersucht. Doch auch für andere Krebsarten sind solche Studien notwendig, betonen die Autoren.