Archiv


Schnelles Ende

Das Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen (IWF) stellt Wissenschaftsfilme für Lehre und Forschung zur Verfügung. Früher mussten sich dazu die Studierenden zu Filmvorführungen im Hörsaal treffen. Mittlerweile kann man sich die Filme per Download auf den heimischen PC laden. Doch dieser Service hat bald ein Ende.

Von Ulrich Kurzer |
    Der Weg zu Susanne Hummel führt vorbei an Vitrinen mit Knochenfunden und Mumien aus Grabungen. Die Biologin arbeitet am Institut für Historische Anthropologie der Uni Göttingen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Analyse alter DNA aus archäologischen Grabungen. Susanne Hummel hat überhaupt kein Verständnis für die Absicht des niedersächsischen Wissenschaftsministers, der die
    IWF in Göttingen abwickeln möchte:

    "Das, das wird schwere Schäden hinterlassen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir wünschen, dass es die IWF weiterhin gibt, und dass es weiterhin die Möglichkeit gibt, in Zusammenarbeit mit der IWF die Lehre durch die Medien, durch Bild- und Tonmedien zu unterstützen."

    Ohne die Medien der IWF wären wichtige Studieninhalte gar nicht zu vermitteln, sagt Susanne Hummel. Schließlich lassen sich Grabungen nicht ohne weiteres mit großen Gruppen Studierender besuchen. Über das Medium Film ist es aber möglich,

    "wichtige Aspekte, die im Laufe einer solchen Grabung auftreten, zur Bergung von Skeletten, zur sachgerechten, zum Beispiel das zu vermitteln, oder auf welche Beifunde zu achten ist, wie Präparation zu laufen hat. Das sind ja Prozesse, die ziehen sich im tatsächlichen Leben unter Umständen über Wochen hin"

    und im Film können die dann in relativ kurzer Abfolge gezeigt werden. Auch bei der Darstellung von Experimenten im Labor haben die Medien der Göttinger IWF für Susanne Hummel und die Studierenden einen sehr hohen Gebrauchswert:

    "Nehmen Sie die Arbeit an DNA, an alter DNA, die im Labor stattfindet, das ist so empfindliches Material, dass sie da einfach nicht mit größeren Gruppen von interessierten Studenten ins Labor gehen können und dort vor Ort das anschauen können, das würde dazu führen, dass die Probenmaterialien kontaminiert sind und das die Analysen verfälscht würden, und über diese filmische Darstellung können sie also auch 30, 40, 50 interessierten Studenten, das Laborexperiment sehr nahe bringen und können die praktisch wie live daran teilnehmen lassen."
    Während die Studierenden sich früher dafür extra zu einer Filmvorführung im Hörsaal einfinden mussten, können sie sich heute die meisten Filme der IWF per download auf den eigenen PC holen. Die IWF in Göttingen hat in den letzten Jahren viel Geld investiert, um diesen Vertriebsweg einzurichten und kontinuierlich auszubauen. Doch im niedersächsischen Wissenschaftsministerium scheint das bis heute nicht angekommen zu sein, klagt Walter Stickan aus der Geschäftsführung des Instituts:

    "Und was besonders traurig stimmt, ist, dass die Sicht auf die IWF letztens Endes immer noch eine alte Sicht ist, nämlich die Sicht des Instituts für den wissenschaftlichen Film, der Offline-Medien, der Zelluloidfilme irgendwo lagert, der letzten Endes museal agiert."
    Das Wissenschaftsministerium in Hannover hat vor einem Monat einen Abwicklungsplan für die IWF vorgelegt, der das Ende bedeutet. "Erhaltenswerte" Materialien des Instituts sollen in die Technische Informationsbibliothek nach Hannover verbracht werden. Kritiker befürchten, dass die Filme dort im Keller vermodern, weil das Ministerium kein Geld bereitstellt, um die Materialien auch verfügbar zu halten.

    In den letzten Monaten hatte es bei den 54 Beschäftigten der IWF noch Hoffnung gegeben, da auch eine "Göttinger Lösung" im Gespräch war. Doch eine Anbindung des Instituts an die Unibibliothek in Göttingen wird es nicht geben, soviel ist inzwischen klar.

    Denn Göttingen allein kann die IWF ohne finanzielle Unterstützung des Landes nicht schultern, erklärt Norbert Lossau, Direktor der Unibibliothek. Fakt ist,

    "dass wir im Moment keinerlei finanzielle Ressourcen zur Verfügung haben, um tatsächlich das IWF, Teile des IWF tatsächlich zu übernehmen."
    Heute entscheiden die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern endgültig über das Schicksal des Göttinger Instituts. So wie es aussieht, werden sie dem Abwicklungsplan aus Hannover zustimmen und die IWF zerschlagen. Das Institut wird dann bis 2010 abgewickelt.

    Laufende Projekte sollen bis dahin abgeschlossen werden und die 54 Mitarbeiter müssen sich nach neuen Arbeitgebern umsehen. Denn Niedersachsen will, so steht es im Abwicklungsplan, "so zügig wie möglich" mit dem Abbau der Arbeitsplätze beginnen.