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Schnellzug zum Morgenstern

Raumfahrt. - Zwar trägt die der innere Nachbarplanet der Erde den Namen der griechischen Liebesgöttin, doch die Bedingungen auf der Venus erinnern eher an die Hölle. Dennoch machen Forscher der heißen Dame Avancen: am Dienstag wird die Esa-Sonde VenusExpress ihre Destination erreichen.

Von Guido Meyer |
    Kein Punkt am Sternenhimmel ist so hell wie die Venus. Wir kennen sie als Morgenstern, je nach Jahreszeit auch als Abendstern, und Amerikaner und Sowjets haben sie in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals mit Raumsonden besucht. Nun ist die Alte Welt an der Reihe.

    "Dies ist unser erster Besuch bei der Venus, so wie MarsExpress unsere erste Sonde zum Roten Planeten war. VenusExpress wird sich die Nachbarschaft der Erde in der anderen Richtung vornehmen, nach innen, Richtung Sonne. In der Frühzeit unseres Sonnensystems haben sich die drei Planeten Venus, Erde und Mars stark geähnelt, wie Brüder und Schwestern in einer Familie. Dann ist die Venus jedoch gekippt. Ihr Klima hat sich so katastrophal verändert, dass sie heute unbewohnbar ist. Sie ist für uns genauso wichtig wie der Mars, um die besondere Stellung und die Bewohnbarkeit der Erde in unserem Sonnensystem zu verstehen. "

    Sagt David Southwood, der Wissenschaftliche Direktor von Europas Weltraumagentur Esa. Die Venus ist größer als der Mars, fast so groß wie die Erde. Sie ist jedoch nur halb so weit von der Sonne entfernt wie der Mars. Unter ihrer pemanenten Wolkendecke herrscht ein Treibhauseffekt, der wahrscheinlich durch von Vulkanen freigesetztes Kohlendioxid verursacht wurde. Es hängt wie eine Glocke über der Oberfläche und sorgt gemeinsam mit der nahen Sonne dafür, dass die Venus einem Backofen gleicht.

    "Wir reisen nicht nur an Plätze, an denen wir leben könnten. Schließlich fliegen wir auch zum Mond, der völlig unbewohnbar ist, der nicht einmal eine Atmosphäre hat. Das bedeutet aber nicht, dass er uns nicht interessieren sollte. Wir wollen die Geschichte und die Entwicklung der Planeten verstehen, insbesondere von denen, die uns nah sind."

    Während die Struktur der Venus-Oberfläche mittlerweile weitgehend bekannt ist, sollen die Infrarot-Kameras an Bord von VenusExpress zum Beispiel die Vulkane näher untersuchen, sie anhand ihrer Wärmeabstrahlung erkennen und so herausfinden, ob sie noch aktiv sind. Die Venus Monitoring Camera (VMC) soll bis zum Ende der Mission eine globale Temperaturkarte der Venus erstellen. Diese Kamera hat das Max-Planck-Institut für Planetenforschung in Katlenburg-Lindau entwickelt. Es ist das einzig neue Instrument an Bord der Sonde - die restliche Hardware wurde von der Schwestersonde MarsExpress recycelt. Thomas Schirmann, Chef-Ingenieur von VenusExpress, in Diensten des Raumfahrtkonzerns EADS Astrium in Toulouse.

    "Wir wissen, dass Infrarot-Instrumente uns viel über die Atmosphäre der Venus verraten können. Da wir solche Spektromenter bereits für MarsExpress und auch für die Kometensonde Rosetta entwickelt haben, gibt es in Europa große Unterstützung dafür, sie auf dieser Mission wieder zu verwenden."

    Bevor es dazu kommen kann, muss das Raumschiff jedoch erst einmal vom Schwerefeld des Planeten eingefangen werden. Am Dienstagvormittag, nach einer fünfmonatigen, 400 Millionen Kilometer langen Reise wird Europas Raumsonde gegen 9.19 Uhr die Bremstriebwerke zünden. Nach fünfzig Minuten sind sie ausgebrannt. Dann wird die Sonde vom Schwerefeld der Venus eingefangen und erreicht zunächst einen elliptischen Orbit, der bis Anfang Mai auf eine Kreisform gebracht werden soll. Zwei Venus-Jahre, fünfhundert Erdentage lang, soll VenusExpress dann aus der Umlaufbahn heraus den Planeten beobachten und den dicken Wolkenschleier der Venus ein wenig weiter lüften. Und auch die NASA hat die Venus wiederentdeckt.

    "Es gibt bei uns Studien für einen Venus-Lander. Die Nasa will zurück zur Venus und untersucht derzeit verschiedene Szenarien. "

    Dan Rasky vom Ames Research Center in Kalifornien. Mitte der 80er Jahre waren die Sowjets zuletzt mit ihren Verena- und Vega-Sonden auf der Venus gelandet. Ein neuer Lander könnte in möglichen einstigen Seebetten nach fossilen Überresten von Leben auf der Venus suchen.