Archiv


Schock an der TU Darmstadt

Die Nachricht schlug wie eine Bombe ein: Johann-Dietrich Wörner, der beliebte Präsident der Technischen Universität Darmstadt, legt sein Amt nieder und wird Vorstandvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Mit Wörner tritt einer der profiliertesten deutschen Hochschulrektoren ab – ein Mann, der bis zuletzt gegen Studiengebühren stritt.

Von Ludger Fittkau |
    "Wörner ist ein Glücksfall für diese Universität und seine demnächst zwölf Jahre Amtszeit sind eine Glückssträhne. Wenn er jetzt geht hat er ganz viel bewegt. Für die Hochschule bedeutet das zunächst einen Schock."

    Professor Christof Dipper spricht das aus, was die meisten Angehörigen der Technischen Universität Darmstadt wohl denken. Weil er die überwältigende Zuneigung seiner Hochschule spürt, fällt Johann-Dietrich Wörner der Schritt, den Darmstädter Präsidentenstuhl zu räumen, sichtlich nicht leicht:

    "Natürlich berührt es mich, aber ich bin gleichzeitig auch glücklich darüber, dass es Leute gibt, die das etwas traurig finden. Es wäre doch viel schlimmer, wenn alle sagen würden, endlich ist er weg."

    Durch seinen kooperativen Führungsstil und sein Engagement für die bundesweit modellhafte Autonomie der Darmstädter Uni war der scheidende Unipräsident bei allen Gruppen der südhessischen Hochschule gleichermaßen respektiert. Im Land und im Bund bekam er in der letzten Zeit deutlich mehr Gegenwind zu spüren – vor allem beim Thema Studiengebühren, die er konsequent ablehnte.
    Johann-Dietrich Wörner fand zum Beispiel in der Hochschulrektorenkonferenz immer weniger Mitstreiter gegen das Bezahlstudium. Geht er, weil er sich in dieser Frage auf verlorenem Posten fühlt?

    "Nicht auf verlorenem Posten. Aber richtig ist: In den zwölf Jahren, die ich jetzt aus der Position des Präsidenten das Ganze beobachten konnte, hat sich die Hochschulpolitik in Deutschland dramatisch verändert. Und die Studienbeiträge sind vielleicht ein kleines Zeichen."

    Doch an der Veränderung der deutschen Hochschulpolitik hat der Darmstädter Uni-Präsident selbst kräftig mitgewirkt. Er gehörte zum Beispiel zu denjenigen, die die Exzellenzinitiative des Bundes immer wollten und unterstützten - auch, weil er seine Technische Universität Darmstadt gerne im Kreis der Spitzenuniversitäten gesehen hätte. Geht er, weil Darmstadt in der ersten Runde des Elitewettbewerbs nicht erfolgreich war?

    "Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Wir haben es nicht ganz geschafft, aber es ist noch längst nicht verloren und ich gehe davon aus, dass wir in der nächsten Runde noch einmal gut punkten können."

    Es sei einfach die neue berufliche Herausforderung als künftiger Chef des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR), die ihn gereizt habe, begründet Wörner seinen Rücktritt von der Darmstädter Uni-Spitze.

    Christof Dipper ist nun einer derjenigen, die einen neuen Präsidenten für die TU Darmstadt suchen müssen. Der Geschichtsprofessor ist Sprecher des "Demokratischen Forums" der Universität. Dies ist eine der beiden Professorengruppen, die maßgeblich bei der Wahl eines neuen Uni-Chefs mitreden werden. Doch Johann-Dietrich Wörner sei mit einer Gabe ausgestattet, die es jedem schwer macht, ihm nachzufolgen, glaubt Christof Dipper:

    "Mit einer großartigen Gabe in den letzten Jahren, ein Wir-Gefühl erzeugt zu haben. Er hinterlässt insofern außerordentlich große Fußspuren und ich kann mir nicht so recht im Augenblick vorstellen, dass jemand ihn beerbt, der ihn in allen diesen und noch anderen jetzt nicht genannten Hinsichten folgen kann."

    Johann-Dietrich Wörner jedenfalls hat sich fest vorgenommen, seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger im Darmstädter Präsidentenamt nicht reinzureden. Und es klingt fast schon wieder wie eine Kampfansage Richtung Hochschulpolitiker in Bund und Ländern, was er auf die Frage antwortet, ob er künftig auch zu Themen wie Studiengebühren oder Hochschulentwicklung allgemein schweigen wird:

    "Warten sie mal ab!"