Davon kann sich jetzt der Besucher des Deutschen Architektur Museums überzeugen. Dabei macht der Gang deutlich, dass es dem Kurator der Präsentation, Wolfgang Voigt, nicht um eine Revision geht. Im DAM, mit seinen Fotos, Zeichnungen und Modellen, ist Schmitthenner als widerstandsfähiger Traditionalist abgebildet.
Die Präsentation zeigt in elf Abteilungen: Schmitthenners Architektur hat nie die Nachbarschaft eines gehissten Monumentalismus gesucht. Seine Bauten, dem Mittelmaß genauso wie dem Maßstablosen abgeneigt, kennen keine hochlodernden Pathosformeln - wie sie überhaupt auf peitschende Theatralik verzichten. Aber was dann? Traditionelle Moderne, so könnte man sagen. Sicherlich handelt es sich bei dem Begriff um eine Hilfskonstruktion - die dennoch deutlich macht, dass man Schmitthenner zu den Modernen zählen muss, trotz seiner Widerstände gegen die Architekturavantgarde seiner Zeit. Trotz seiner kompromisslosen Frontstellung gegen diejenigen Architekten, die 1927 bei der berühmten Stuttgarter Weißenhofsiedlung ein Manifest des Neuen Bauens errichten sollten. Schmitthenner, Mitte vierzig, damals längst ein ausgewiesener Siedlungsarchitekt in der Nähe Berlins, in Dresden-Hellerrau oder Breslau, hatte sich mit so modernen Techniken wie Normierung und Typisierung höchst erfolgreich befasst.
Daran erinnert die Ausstellung ebenso wie an seine Verwaltungsbauten, überhaupt seine Stadtmonumente, denen jedoch die Neigung zum Heroischen abgeht. Nein, keine Atmosphäre dräuender Posen. Schmitthenner hat einige Garagen und Raststätten im Heimatschutzstil entlang der Autobahnen errichtet. Er hat Vorschläge zum Umbau von historischen Innenstädten gezeichnet, ohne dabei furchtbare Gauforen zu entwerfen. Das Deutsche Architektur Museum zeigt nicht zuletzt: Das NSDAP-Mitglied war nicht beteiligt an entsetzlichen Planungen.
Transparentzeichnungen und Handskizzen, dazu Fotos und Modelle konfrontieren den Besucher mit dem, was Schmitthenner als "Das sanfte Gesetz in der Baukunst" verstand. Unter dem Titel veröffentlichte er 1941, sich auf Adalbert Stifter berufend, einen Vortrag. Mit ihm legte er eine Spur aus: überhaupt nicht kongruent mit irgendwelchen drakonischen Symmetrievorstellungen. Erst recht nicht konform mit dem Achsenwahn der Nazis. Wer sich durch diese Ausstellung bewegt, wird mit einer exklusiven Studie der Materialien und angemessenen Proportionen konfrontiert. Sicher, das geschah unterm weit ausgreifenden Walm- oder Satteldach. Wie überhaupt Schmitthenners Rage angesichts der Zumutungen einer Moderne, die auf Symbole einer existentiellen Obdachlosigkeit setzte, enorm waren. Bei ihm dagegen: Schauräume maßvoll eingesetzter Elemente und bezwingender Detaillierungen. Hier ein Rücksprung, dort ein angedeuteter Ehrenhof. Und das alles mit raffinierten Irritationen für Symmetrien und Achsen.
Sicher, Schmitthenner baute mit seinen großbürgerlichen Villen alles andere als lauschige Orte. Wenn man Gelegenheit hat, die eine oder andere Villa auch heute von innen zu sehen, so sucht man mit ihnen hochgradig sublimierte Horste einer hehren Bauästhetik auf. Im Grunde so etwas wie Widerstandnester eines auratischen Materialeinsatzes und gelinden Behagens.
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