Antisemitismus und blinden Israel-Hass dürfe man niemals dulden, sagte der Bundeskanzler in einer Videobotschaft. So sei es etwa nicht hinnehmbar, wenn Bürger jüdischen Glaubens sich nicht mehr mit einer Kippa aus dem Haus trauten. "Den Jüdinnen und Juden hier in Deutschland gilt die volle Solidarität unseres Staates – und die Solidarität aller Anständigen in diesem Land", betonte Scholz.
Der Kanzler forderte erneut einen Waffenstillstand im Nahen Osten, damit die Zivilbevölkerung im Gazastreifen besser geschützt und versorgt werden könne und die israelischen Geiseln freikämen. Es sei in den vergangenen Tagen nicht einfacher geworden, die weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern.
Schuster: "Neuer Tiefpunkt der Menschlichkeit in unserer Gesellschaft"
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, äußerte sich entsetzt über Jubelszenen auf deutschen Straßen nach dem Raketenangriff des Iran auf Israel und über Aufrufe zu offenen Israel-Hass-Protesten rund um den Jahrestag des Hamas-Terrors vom 7. Oktober. Es handle sich um einen neuen Tiefpunkt der Menschlichkeit in unserer Gesellschaft, sagte Schuster den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Wer angesichts des Jahrestags dieses grausamen Anschlages nicht in der Lage sei, wenigstens ein Stück Empathie für Jüdinnen und Juden, für die Menschen Israels, zu empfinden, der werde es nie tun. Wenn man das in Deutschland nicht klar erkenne und benenne, hätten alle ein gewaltiges Problem. Dann drohe die offene Gesellschaft, in der die Menschenwürde über allem stehe, zu fallen, meinte Schuster.
Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur kritisierte Schuster, dass die Hemmschwelle, zu Gewalt gegen Juden aufzurufen und auch auszuüben, sinke. Er sprach von einer erschütternden Entwicklung, "die wir nicht einfach so hinnehmen können". Anti-Zionismus sei als Schlachtruf wieder salonfähig geworden.
Baerbock sagt Israel und seinen Bürgern "volle Unterstützung" zu
Bundesaußenministerin Baerbock schrieb in einem Gastbeitrag für "Bild am Sonntag", auch für Deutschland sei der 7. Oktober eine Zäsur gewesen. Es beschäme sie, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland seitdem unsicherer fühlten und dass iranische Raketen gegen den Staat Israel auf deutschen Straßen gefeiert würden, betonte Baerbock.
Die Grünen-Politikerin sagte dem Staat Israel und seinen Bürgerinnen und Bürgern die volle Unterstützung Deutschlands zu: "Wir stehen an Eurer Seite. Eure Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson." Die Hamas habe mit ihrem brutalen Angriff eine ganze Region an den Abgrund gebracht.
Bundesweit Kundgebungen zur Erinnerung an den 7. Oktober und gegen den Gaza-Krieg
Die islamistische Hamas und andere dschihadistische Gruppen hatten Israel am 7. Oktober überfallen und etwa 1.200 Menschen getötet. Etwa 240 Menschen wurden als Geiseln genommen. Kurz darauf begannen die israelischen Angriffe im Gazastreifen. Ihnen sollen laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium seither mehr als 41.800 Menschen zum Opfer gefallen sein.
Für den Jahrestag sind bundesweit Kundgebungen angemeldet, zur Erinnerung an den Terrorüberfall der Hamas auf Israel, aber auch gegen den dadurch ausgelösten Gazakrieg. In Berlin bereitet sich die Polizei auf einen Großeinsatz mit 2.000 Einsatzkräften vor.
Hier erzählen Überlebende und Angehörige von Geiseln, wie die traumatischen Erlebnisse sie bis heute begleiten.
In diesem Dossier haben wir weitere Beiträge zum Überfall der Hamas und dem Jahr danach zusammengestellt.
Diese Nachricht wurde am 06.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.