Dienstag, 23. April 2024

Evangelischer Kirchentag
Scholz verteidigt geplante Verschärfung des EU-Asylrechts

Beim Evangelischen Kirchentag stehen heute europa- und bundespolitische Themen im Mittelpunkt. In einem Podiumsgespräch verteidigte Bundeskanzler Scholz den Kompromiss der EU-Innenminister zur Reform des europäischen Asylsystems. Gegner der Reform unterzeichneten eine Resolution.

12.06.2023
    Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Podium auf dem evangelischen Kirchentag
    Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Podium auf dem evangelischen Kirchentag (epd / IMAGO / Thomas Lohnes)
    Der vereinbarte Solidaritätsmechanismus sei fairer als das jetzige System, sagte Scholz. Auch müsse es möglich sein, jemandem, der nach Prüfung der Sachlage keinen Schutzstatus habe, sagen zu können, dass er wieder zurückgehen müsse. Zuvor hatte der Berliner Bischof Stäblein kritisiert, dass der Asylkompromissder EU-Staaten keine Ausnahmen für Kinder und Familien vorsieht. Am Rande des Kirchentags gab es zahlreiche Proteste gegen die Pläne, über die noch mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden muss. Zahlreiche Teilnehmer unterzeichneten eine Resolution und sprachen von einem "Frontalangriff auf den Rechtsstaat und das Flüchtlingsrecht".

    Kritik im Publikum an der Klimapolitik

    Scholz verteidigte auch das Tempo der Bundesregierung auf dem Weg in die Klimaneutralität. Protestrufen aus dem Publikum, die der Regierung Versagen beim Klimaschutz vorwarfen, entgegnete Scholz, es handele sich um das ehrgeizigste Modernisierungsprogramm seit vielen Jahrzehnten in Deutschland.
    Im Hinblick auf eine Beendigung des Kriegs in der Ukraine äußerte sich Scholz pessimistisch. Nach seiner Einschätzung gibt es derzeit keine Aussicht auf eine Verhandlungslösung. Dennoch wolle er in der nächsten Zeit erneut mit dem russischen Präsidenten Putin telefonieren, sagte der Kanzler auf dem Evangelischen Kirchentag.

    Baerbock fordert klare Worte

    Außenministerin Baerbock verteidigte die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine und ihr weltweites Werben um die Verurteilung des russischen Angriffskriegs. Würde man als Weltgemeinschaft schweigend ignorieren, dass ein Mitglied des UNO-Sicherheitsrats den Weltfrieden gefährde, "wäre das eine Einladung an alle Autokraten auf der Welt", sagte Baerbock in Nürnberg. Um den Weltfrieden in anderen Regionen zu sichern, sei es deswegen essenziell, dass man Farbe bekenne.
    Solange die Ukraine deutsche Unterstützung benötige bei der Durchsetzung ihres Rechts, in Frieden und Freiheit zu leben, "so lange werden wir sie unterstützen", sagte Baerbock. Gleichzeitig räumte sie ein Hadern mit Entscheidungen für Waffenlieferungen ein. Ethische Verantwortung bedeute aber immer, nicht nur zu bedenken, was die Konsequenzen von Handeln sind, "sondern auch meines Nichthandelns".

    Positive Zwischenbilanz der Veranstalter

    Der Präsident des Kirchentags, de Maizière, zog eine positive Zwischenbilanz. Auf dem Kirchentag treffe sich die Mitte der Gesellschaft, sagte der frühere Bundesminister im Deutschlandfunk. Die Themen seien ernst, aber die Menschen seien dabei heiter. Christen seien hoffnungsfrohe Menschen, aber in dieser verzagten und verstörten Welt müsse man die Zuversicht zuerst finden, sagte de Maizière mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die Klimakrise. Man wolle auch Hoffnung stiften, das gehe als Signal von diesem Kirchentag aus.
    Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag endet morgen mit einem Gottesdienst auf dem Nürnberger Hauptmarkt.
    Diese Nachricht wurde am 10.06.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.