Friedbert Meurer: Zweimal im Jahr tagt der sogenannte Arbeitskreis Steuerschätzung, brütet über lange Zahlenkolonnen und sagt dann voraus, wie hoch wohl die Steuereinnahmen des Staates ausfallen werden. Heute kommt ein sattes Plus heraus.
Hier am Deutschlandfunk-Telefon begrüße ich jetzt Carsten Kühl, er ist der Landesfinanzminister von Rheinland-Pfalz (SPD). Guten Morgen, Herr Kühl.
Carsten Kühl: Schönen guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Haben Bund, Länder, Kommunen das Tal der Tränen durchschritten?
Kühl: Nein, haben wir leider nicht. Erfreulich ist, dass wir es etwas schneller zu durchschreiten scheinen, als wir noch vor wenigen Monaten erwarten konnten. Aber Tatsache ist auch, dass wir infolge der Finanzkrise insbesondere, aber auch infolge der Steuersenkungen der Jahre 2008/2010 noch deutlich hinter dem hinterherhinken, was in einer Normalsituation, in einer konjunkturellen Normallage sich in den letzten drei, vier Jahren entwickelt hätte.
Meurer: Ist das jetzt das typische Verhalten eines Finanzministers, immer mal ein bisschen die Hand draufhalten und so tun, als sei kein Geld in der Kasse?
Kühl: Nein, das ist es nicht, weil es empirisch relativ leicht nachweisbar ist. Üblicherweise in einer konjunkturellen Normalsituation steigt das Steueraufkommen circa um drei Prozent. Das hat was damit zu tun, dass das Sozialprodukt wächst und es entsprechend einen Anstieg bei den Steuern gibt. Danach hätten wir im Durchschnitt in den letzten Jahren über die Jahre hinweg circa zehn Prozent von 2008 bis 2011 Steuermehreinnahmen haben müssen. Tatsächlich werden wir am Ende des Jahres 2011 - trotz der günstigen Prognose - unter dem Steueraufkommen des Jahres 2008 liegen, und das ist gewaltig.
Meurer: Will sagen, Sie misstrauen dieser Zahl 136 Milliarden Euro mehr in vier Jahren?
Kühl: Nein, ich misstraue dieser Zahl nicht. Nur ohne diese Verbesserung, die sich in den 136 Milliarden ausdrückt, hätten wir länger gebraucht, bis wir wieder auf den, ich sage mal, Normalpfad gekommen wären. Jetzt geht es ein Stück weit schneller. Aber wir haben auf der Einnahmeseite des Staates fiskalisch noch immer eine Krisensituation. Das mag manchem schwer verständlich sein, wenn man zurecht in der Zeitung liest, dass die Wirtschaft wieder hohe Wachstumszahlen hat. Es lässt sich aber relativ einfach begründen und erklären, warum das so ist.
Meurer: Man fragt sich aber zum Beispiel, haben Sie schon ausgerechnet, wie viel Geld Sie mehr kriegen, wie viel von den 136 Milliarden Rheinland-Pfalz bekommt?
Kühl: Ja klar! Wir bekommen circa 2,3 Milliarden mehr.
Meurer: Das ist doch was!
Kühl: Das ist was! Wir bekommen schneller 2,3 Milliarden mehr, als wir nach der letzten Prognose erwarten konnten. Das macht manches leichter, aber das, was es leichter macht, ist der notwendige Konsolidierungsprozess, dass wir möglicherweise in der Lage sind, wieder früher die verfassungsmäßig vorgegebenen Grenzen auf dem Weg zu der Schuldenbremse 2020 – da dürfen die Länder keine Schulden mehr machen – zu erreichen. Aber was es nicht erlaubt ist, dass wir über neue Ausgabenprogramme oder über einen Stopp oder eine Revision unserer Konsolidierungsstrategie nachdenken.
Meurer: Ist ausschließlich weniger Schulden machen und nichts von den Mehreinnahmen für Investitionen oder Bildung nehmen sozial?
Kühl: Es geht darum, wenn man konsolidiert, dass man nicht dort konsolidiert und kürzt, wo es unsozial wäre, und Rheinland-Pfalz achtet sehr genau darauf, dass wir gerade im Bereich der Bildung, wo wir in den vergangenen Jahren unseren politischen Schwerpunkt gelegt haben, jetzt nicht durch Konsolidierung etwas kaputt machen. Das heißt, man muss dann eher in die Bereiche gehen, wo man eben nicht seine politischen Schwerpunkte in dem Maße setzt. Aber für große Ausgabenprogramme kann kein Raum sein. Wir werden automatisch mehr ausgeben müssen, weil wir mehr Versorgungsempfänger haben, weil bestimmte Ausgaben im Sozialbereich eben auf gesetzlicher Basis funktionieren und nicht disponibel sind. Aber es besteht kein Raum für neue politische Schwerpunkte in einem Maße von mehreren Millionenbeträge. Das ist nicht möglich.
Meurer: Die Linkspartei, die bei Ihnen nicht mehr im Landtag vertreten ist, aber natürlich im Bundestag, sagt, machen wir doch die Drittel-Lösung, ein Drittel Schuldenabbau, ein Drittel Soziales, ein Drittel Energiewende. Was entgegnen Sie da?
Kühl: Ich sage, für eine solche Relation ist kein Raum. Ich denke, der Weg muss sein, dass wir die Energiepolitik, weil wir die Wende weg vom Atomstrom haben wollen, nicht so sehr in den Konsolidierungsprozess einbeziehen. Das gleiche gilt, wie ich finde, für die Sozialsysteme. Es kann nicht sein, dass die Schwächsten der Gesellschaft die Folgen der Finanzkrise und letzten Endes der Finanzspekulationen, denn das ist der Kern unserer aktuellen Haushaltskrise, bezahlen. Aber der umgekehrte Weg wäre falsch, denn die Stabilisierung der Finanzen ist nicht nur in der Verfassung vorgegeben, sondern sie macht auch ihren Sinn vor dem Hintergrund der Zinsbelastungen und dem Einengen von Spielräumen, die damit verbunden sind, wenn man eben nichts tut, wenn man nicht konsolidiert.
Meurer: Ich spreche mit dem Landesfinanzminister von Rheinland-Pfalz, Carsten Kühl. – Herr Kühl, sind für Sie Steuerentlastungen, zum Beispiel Abschaffung oder Milderung der Kalten Progression, die die mittleren Einkommen belastet, Tabu?
Kühl: Die Kalte Progression ist ein unerfreulicher Nebeneffekt eines an sich wünschenswerten progressiven Einkommenssteuertarifs, weil mit einer wachsenden Wirtschaft Leute dann real mehr besteuert werden, ohne dass sich am Tarif etwas verändert. Insofern ist es normal und richtig, dass man in gewissen Zeitabständen dort Korrekturen vornimmt. Aber auch hier muss man sagen, das geht dann, wenn man es sich leisten kann, und ich bin der Auffassung, dass wir es uns in einem großen Stil derzeit nicht leisten können und deswegen akzeptieren müssen, solange man den Konsolidierungsprozess fahren muss, dass wir hier keine großen Spielräume haben.
Meurer: Anderer Vorschlag, den Solidaritätszuschlag abschaffen. Eine Mehrheit der Deutschen ist dafür. Letzte Umfrage: zwei Drittel. In Ostdeutschland ist es ungefähr pari pari, die Hälfte sagt abschaffen, die Hälfte weitermachen. Was meinen Sie?
Kühl: Da der Solidaritätszuschlag im Kern kein zweckgebundener Zuschlag ist für Ausgaben in den neuen Bundesländern, sondern einfach sozusagen die Steuerkraft des Bundes stärkt, ist er eigentlich in der Diskussion genauso zu behandeln wie eine Veränderung des Einkommenssteuertarifs. Es wäre jetzt wohlfeil für mich als Länderfinanzminister zu sagen, ja das kann man machen, weil im Gegensatz zu den anderen Einkommenssteuerbestandteilen der Soli alleine dem Bund zusteht. Also ich würde im Grunde genommen Herrn Schäuble Ratschläge geben, seine Einnahmen zu reduzieren.
Ich vermute, da er konsolidieren muss, kann er sich das genauso wenig leisten und die Bürgerinnen und Bürger werden es noch eine Zeit lang, bis der Konsolidierungsprozess abgeschlossen ist, akzeptieren müssen, dass dieser Solidaritätszuschlag gezahlt wird.
Meurer: Herr Kühl, Sie plädieren heute Morgen fürs Sparen. Ist das auch eine Konsequenz daraus, dass, wenn man sich mal so die Zahlen, das Ranking anguckt, Rheinland-Pfalz bei der Pro-Kopf-Verschuldung auf dem, ich glaube, viertletzten Platz liegt?
Kühl: Also das kommt immer darauf an, welche Statistik man zugrunde legt. Rheinland-Pfalz liegt ungefähr dort, wo andere vergleichbar große Flächenländer aus dem Westen Deutschlands liegen, also ungefähr so wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen.
Rheinland-Pfalz hatte zwei Dinge zu bewältigen. Auf der einen Seite haben wir uns vorgenommen, die Bildungspolitik weit voranzubringen; das haben wir in den vergangenen Jahren getan, das hat uns viel Geld gekostet. Das Zweite ist: Rheinland-Pfalz ist ein Land, was wie kein anderes durch die militärische Konversion belastet worden ist, das heißt durch den Abzug amerikanischer, englischer Streitkräfte, durch die Reduzierung der Bundeswehr. Wir hatten über 600 Standorte, die im Rahmen der Konversion neu gestaltet werden mussten, einer zivilen Nutzung zugeführt werden mussten. Das hat uns über zwei Milliarden Euro gekostet, das ist eine ganze Menge Geld für ein Land wie Rheinland-Pfalz. Und dann haben wir wie alle unter der Finanz- und Wirtschaftskrise gelitten.
Deswegen müssen wir jetzt eine Wende herbeiführen wie andere auch. Wir sind uns dessen bewusst. Man darf nie vergessen: Wir haben uns alle, Bund, Länder und Kommunen, gemeinsam mit der neuen Verfassung, mit der Schuldenregelung eine anspruchsvolle, eine sehr ehrgeizige, eine sehr auf Konsolidierung orientierte neue Regel gegeben, und wenn wir das wollen – was wir in die Verfassung schreiben, das sollten wir wollen -, dann müssen wir auch in manchen saueren Apfel beißen.
Meurer: Carsten Kühl, Landesfinanzminister in Rheinland-Pfalz (SPD), zu den Zahlen, die heute der Arbeitskreis Steuerschätzung präsentieren wird. Herr Kühl, danke schön nach Mainz und auf Wiederhören!
Kühl: Gerne.
Hier am Deutschlandfunk-Telefon begrüße ich jetzt Carsten Kühl, er ist der Landesfinanzminister von Rheinland-Pfalz (SPD). Guten Morgen, Herr Kühl.
Carsten Kühl: Schönen guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Haben Bund, Länder, Kommunen das Tal der Tränen durchschritten?
Kühl: Nein, haben wir leider nicht. Erfreulich ist, dass wir es etwas schneller zu durchschreiten scheinen, als wir noch vor wenigen Monaten erwarten konnten. Aber Tatsache ist auch, dass wir infolge der Finanzkrise insbesondere, aber auch infolge der Steuersenkungen der Jahre 2008/2010 noch deutlich hinter dem hinterherhinken, was in einer Normalsituation, in einer konjunkturellen Normallage sich in den letzten drei, vier Jahren entwickelt hätte.
Meurer: Ist das jetzt das typische Verhalten eines Finanzministers, immer mal ein bisschen die Hand draufhalten und so tun, als sei kein Geld in der Kasse?
Kühl: Nein, das ist es nicht, weil es empirisch relativ leicht nachweisbar ist. Üblicherweise in einer konjunkturellen Normalsituation steigt das Steueraufkommen circa um drei Prozent. Das hat was damit zu tun, dass das Sozialprodukt wächst und es entsprechend einen Anstieg bei den Steuern gibt. Danach hätten wir im Durchschnitt in den letzten Jahren über die Jahre hinweg circa zehn Prozent von 2008 bis 2011 Steuermehreinnahmen haben müssen. Tatsächlich werden wir am Ende des Jahres 2011 - trotz der günstigen Prognose - unter dem Steueraufkommen des Jahres 2008 liegen, und das ist gewaltig.
Meurer: Will sagen, Sie misstrauen dieser Zahl 136 Milliarden Euro mehr in vier Jahren?
Kühl: Nein, ich misstraue dieser Zahl nicht. Nur ohne diese Verbesserung, die sich in den 136 Milliarden ausdrückt, hätten wir länger gebraucht, bis wir wieder auf den, ich sage mal, Normalpfad gekommen wären. Jetzt geht es ein Stück weit schneller. Aber wir haben auf der Einnahmeseite des Staates fiskalisch noch immer eine Krisensituation. Das mag manchem schwer verständlich sein, wenn man zurecht in der Zeitung liest, dass die Wirtschaft wieder hohe Wachstumszahlen hat. Es lässt sich aber relativ einfach begründen und erklären, warum das so ist.
Meurer: Man fragt sich aber zum Beispiel, haben Sie schon ausgerechnet, wie viel Geld Sie mehr kriegen, wie viel von den 136 Milliarden Rheinland-Pfalz bekommt?
Kühl: Ja klar! Wir bekommen circa 2,3 Milliarden mehr.
Meurer: Das ist doch was!
Kühl: Das ist was! Wir bekommen schneller 2,3 Milliarden mehr, als wir nach der letzten Prognose erwarten konnten. Das macht manches leichter, aber das, was es leichter macht, ist der notwendige Konsolidierungsprozess, dass wir möglicherweise in der Lage sind, wieder früher die verfassungsmäßig vorgegebenen Grenzen auf dem Weg zu der Schuldenbremse 2020 – da dürfen die Länder keine Schulden mehr machen – zu erreichen. Aber was es nicht erlaubt ist, dass wir über neue Ausgabenprogramme oder über einen Stopp oder eine Revision unserer Konsolidierungsstrategie nachdenken.
Meurer: Ist ausschließlich weniger Schulden machen und nichts von den Mehreinnahmen für Investitionen oder Bildung nehmen sozial?
Kühl: Es geht darum, wenn man konsolidiert, dass man nicht dort konsolidiert und kürzt, wo es unsozial wäre, und Rheinland-Pfalz achtet sehr genau darauf, dass wir gerade im Bereich der Bildung, wo wir in den vergangenen Jahren unseren politischen Schwerpunkt gelegt haben, jetzt nicht durch Konsolidierung etwas kaputt machen. Das heißt, man muss dann eher in die Bereiche gehen, wo man eben nicht seine politischen Schwerpunkte in dem Maße setzt. Aber für große Ausgabenprogramme kann kein Raum sein. Wir werden automatisch mehr ausgeben müssen, weil wir mehr Versorgungsempfänger haben, weil bestimmte Ausgaben im Sozialbereich eben auf gesetzlicher Basis funktionieren und nicht disponibel sind. Aber es besteht kein Raum für neue politische Schwerpunkte in einem Maße von mehreren Millionenbeträge. Das ist nicht möglich.
Meurer: Die Linkspartei, die bei Ihnen nicht mehr im Landtag vertreten ist, aber natürlich im Bundestag, sagt, machen wir doch die Drittel-Lösung, ein Drittel Schuldenabbau, ein Drittel Soziales, ein Drittel Energiewende. Was entgegnen Sie da?
Kühl: Ich sage, für eine solche Relation ist kein Raum. Ich denke, der Weg muss sein, dass wir die Energiepolitik, weil wir die Wende weg vom Atomstrom haben wollen, nicht so sehr in den Konsolidierungsprozess einbeziehen. Das gleiche gilt, wie ich finde, für die Sozialsysteme. Es kann nicht sein, dass die Schwächsten der Gesellschaft die Folgen der Finanzkrise und letzten Endes der Finanzspekulationen, denn das ist der Kern unserer aktuellen Haushaltskrise, bezahlen. Aber der umgekehrte Weg wäre falsch, denn die Stabilisierung der Finanzen ist nicht nur in der Verfassung vorgegeben, sondern sie macht auch ihren Sinn vor dem Hintergrund der Zinsbelastungen und dem Einengen von Spielräumen, die damit verbunden sind, wenn man eben nichts tut, wenn man nicht konsolidiert.
Meurer: Ich spreche mit dem Landesfinanzminister von Rheinland-Pfalz, Carsten Kühl. – Herr Kühl, sind für Sie Steuerentlastungen, zum Beispiel Abschaffung oder Milderung der Kalten Progression, die die mittleren Einkommen belastet, Tabu?
Kühl: Die Kalte Progression ist ein unerfreulicher Nebeneffekt eines an sich wünschenswerten progressiven Einkommenssteuertarifs, weil mit einer wachsenden Wirtschaft Leute dann real mehr besteuert werden, ohne dass sich am Tarif etwas verändert. Insofern ist es normal und richtig, dass man in gewissen Zeitabständen dort Korrekturen vornimmt. Aber auch hier muss man sagen, das geht dann, wenn man es sich leisten kann, und ich bin der Auffassung, dass wir es uns in einem großen Stil derzeit nicht leisten können und deswegen akzeptieren müssen, solange man den Konsolidierungsprozess fahren muss, dass wir hier keine großen Spielräume haben.
Meurer: Anderer Vorschlag, den Solidaritätszuschlag abschaffen. Eine Mehrheit der Deutschen ist dafür. Letzte Umfrage: zwei Drittel. In Ostdeutschland ist es ungefähr pari pari, die Hälfte sagt abschaffen, die Hälfte weitermachen. Was meinen Sie?
Kühl: Da der Solidaritätszuschlag im Kern kein zweckgebundener Zuschlag ist für Ausgaben in den neuen Bundesländern, sondern einfach sozusagen die Steuerkraft des Bundes stärkt, ist er eigentlich in der Diskussion genauso zu behandeln wie eine Veränderung des Einkommenssteuertarifs. Es wäre jetzt wohlfeil für mich als Länderfinanzminister zu sagen, ja das kann man machen, weil im Gegensatz zu den anderen Einkommenssteuerbestandteilen der Soli alleine dem Bund zusteht. Also ich würde im Grunde genommen Herrn Schäuble Ratschläge geben, seine Einnahmen zu reduzieren.
Ich vermute, da er konsolidieren muss, kann er sich das genauso wenig leisten und die Bürgerinnen und Bürger werden es noch eine Zeit lang, bis der Konsolidierungsprozess abgeschlossen ist, akzeptieren müssen, dass dieser Solidaritätszuschlag gezahlt wird.
Meurer: Herr Kühl, Sie plädieren heute Morgen fürs Sparen. Ist das auch eine Konsequenz daraus, dass, wenn man sich mal so die Zahlen, das Ranking anguckt, Rheinland-Pfalz bei der Pro-Kopf-Verschuldung auf dem, ich glaube, viertletzten Platz liegt?
Kühl: Also das kommt immer darauf an, welche Statistik man zugrunde legt. Rheinland-Pfalz liegt ungefähr dort, wo andere vergleichbar große Flächenländer aus dem Westen Deutschlands liegen, also ungefähr so wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen.
Rheinland-Pfalz hatte zwei Dinge zu bewältigen. Auf der einen Seite haben wir uns vorgenommen, die Bildungspolitik weit voranzubringen; das haben wir in den vergangenen Jahren getan, das hat uns viel Geld gekostet. Das Zweite ist: Rheinland-Pfalz ist ein Land, was wie kein anderes durch die militärische Konversion belastet worden ist, das heißt durch den Abzug amerikanischer, englischer Streitkräfte, durch die Reduzierung der Bundeswehr. Wir hatten über 600 Standorte, die im Rahmen der Konversion neu gestaltet werden mussten, einer zivilen Nutzung zugeführt werden mussten. Das hat uns über zwei Milliarden Euro gekostet, das ist eine ganze Menge Geld für ein Land wie Rheinland-Pfalz. Und dann haben wir wie alle unter der Finanz- und Wirtschaftskrise gelitten.
Deswegen müssen wir jetzt eine Wende herbeiführen wie andere auch. Wir sind uns dessen bewusst. Man darf nie vergessen: Wir haben uns alle, Bund, Länder und Kommunen, gemeinsam mit der neuen Verfassung, mit der Schuldenregelung eine anspruchsvolle, eine sehr ehrgeizige, eine sehr auf Konsolidierung orientierte neue Regel gegeben, und wenn wir das wollen – was wir in die Verfassung schreiben, das sollten wir wollen -, dann müssen wir auch in manchen saueren Apfel beißen.
Meurer: Carsten Kühl, Landesfinanzminister in Rheinland-Pfalz (SPD), zu den Zahlen, die heute der Arbeitskreis Steuerschätzung präsentieren wird. Herr Kühl, danke schön nach Mainz und auf Wiederhören!
Kühl: Gerne.

