Archiv


Schonender Anbau

Ein Kutter fährt auf der Nordsee. Links und rechts am Kutter hängen Netze in das Wasser hinunter. Die Besatzung fischt Jungmuscheln von einer wilden Miesmuschelbank. Die Besatzmuscheln werden dann wieder auf Kulturflächen ausgebracht, die ständig unter Wasser liegen und günstigere Bedingungen bieten. Nach ein bis zwei Jahren sind sie ausgewachsen, werden abgeerntet und verkauft. Die Fischer haben allerdings nicht in jedem Jahr Glück. Saisonale Standortschwankungen wie Wassertemperatur, Nahrungsangebot und Freßfeinde verhindern beispielsweise, dass Jungmuscheln am Meeresboden siedeln können. Einen Ausweg verspricht ein Projekt des Wilhelmshavener Forschungszentrums "Terramare". Saatmuscheln lassen sich auch im strömungsreichen Fahrwasser vor Wilhelmshaven kultivieren und zwar an langen Leinen. Projektleiter Uwe Walter beschreibt das System.

Von Andreas Klose |
    Ein dickes Seil das von Schwimmkörpern an der Wasseroberfläche gehalten wird und über Verankerungsketten und Taue an schweren Gewichten, seien es Anker oder Betonklötze, verankert ist, um am Ort zu bleiben. Verschiedene Arten von Tauen möglichst großer Oberfläche, die hängt man dann an diese Leinen in das Wasser in die Strömung und dann driften halt die Muschellarven zu bestimmten Zeiten des Jahres vorbei, wenn sie in großen Mengen vorkommen, und siedeln sich halt an. Auf die Art gewinnt man halt relativ einfach Muschelnachwuchs für die Muschelfischerei.

    Vier Jahre lang leitete Biologe Uwe Walter das Projekt "Aquakultur von Miesmuscheln im Nordseefahrwasser vor Wilhelmshaven". Fest steht, dass an den Langleinen große Mengen junger Miesmuscheln besonders im Sommer siedelten.Während im gleichen Zeitraum im Wattenmeer weniger Saatmuscheln zu finden waren. Inwieweit Langleinenfarmen die kommerziellen Interessen von Muschelfischern befriedigen können, beurteilt deren Sprecherin Manuela Gubernator bislang kritisch.

    Nein, das ist keine echte Alternative und wir haben es auch nicht so gesehen und unterstützen es auch nicht so. Das soll eventuell in Jahren mit schlechtem Besatz-muschelbestand, wo uns keine Muscheln zu Verfügung stehen, um die Kulturen zu belegen, vielleicht einen gewissen Ausgleich eine Erleichterung eine Kompensation bringen. Außerdem, es gibt noch immer den großen Knackpunkt, dass bislang nicht belegt wurde, dass die Muscheln auch wirklich erfolgreich auf Kulturen ausgebracht werden können. Also rein technische Schwierigkeiten.

    Mittlerweile gibt es Maschinen, die die Saatmuscheln von den Leinen streifen. Bislang fehlt aus Sicht der Fischerei allerdings der letzte Beweis, ob die gezüchteten Muscheln auf den Kulturen haften bleiben, um später abgeerntet werden zu können. Außerdem, können überhaupt soviel Langleinen in das Wattenmeer hineingestellt werden wie benötigt werden und können die Systeme schweren Stürmen trotzen, gibt Manuela Gubernator zu bedenken. Rentabel scheint es dennoch zu sein oder zu werden, das Projekt ist verlängert worden. Die Europäische Union, das Land Niedersachsen und ein Hooksieler Fischereibetrieb engagieren sich finanziell. Projektleiter Uwe Walter.

    Bislang haben wir das kleinskalig gemacht und können zwar sagen soundso viel würde jetzt ein Kilogramm Saatmuscheln kosten, aber das ist nicht der Weisheit letzter Schluß, da sind sicherlich noch Möglichkeiten drin, um die Preise auf eine Größenordnung herunterzubringen, die sich realistisch darstellt und die dann auch wirtschaftlich sein könnte.

    Von der neuen Form der Miesmuschelzucht könnte dann auch die Umwelt profitieren, ergänzt Volker Wachendörfer Naturschutzreferent der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Seine Organisation förderte bislang das Projekt. Denn Miesmuscheln ernähren sich aus den Trübstoffen des Wassers, das sie auf die Art reinigen. Außerdem, Muschelbänke bieten einen Lebensraum für zahlreiche Organismen und bilden die Nahrungsgrundlage vieler Vögel. Da die Fischer auch im Nationalpark "Niedersächsisches Wattenmeer" Jungmuscheln fischen, sollte an das biologische Gleichgewicht und die Fischerei gedacht werden. Volker Wachendörfer.

    Hier im niedersächsischen Wattenmeer hat man ja auch so etwas wie eine Kultur-landschaft und man muß schon sehen, dass man die Leute die hier leben in die Entwicklung miteinbindet und insofern sind diese Kooperationen ganz wichtig. Für die Fischer ist das natürlich ein Riesenvorteil, wenn die auf regelmäßig anfallende Muschelbrut zurückgreifen können, die man eben mit dieser Langleinenkultur erreichen kann. Das wäre auf alle Fälle das Positive für die Fischerei. Positiv für den Naturschutz ist das die Muschelbänke entlastet werden im Wattenmeer.