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Schont die Wälder und die menschliche Gesundheit

Dass es um die Regenwälder weltweit nicht zum Besten steht, ist bekannt. Ein Grund für die Abholzung: der ständig steigende Bedarf an Holz als Energie zum Kochen. Dieser Raubbau könnte gestoppt und damit der Regenwald gerettet werden, sagen zwei Wissenschaftler der Universität Hohenheim. Sie haben den weltweit ersten Kocher entwickelt, der allein mit Pflanzenöl betrieben werden kann.

von Tina Löschner | 05.08.2002
    Er sieht aus wie ein Campingkocher. Und funktioniert auch wie ein solcher. Einziger Unterschied: statt Kerosin wird Pflanzenöl verbrannt. Möglich macht das ein spezieller Verdampfer, erklärt der Hohenheimer Professor für Agrartechnik in den Tropen Werner Mühlbauer:

    Das sind gebogene Rohre und das ist eigentlich das Geheimnis, das auch zum Patent angemeldet ist, das sind also zwei Rohre ineinander und das ganze wird noch verchromt und wir erreichen mit der Formgebung und der Materialauswahl, dass wir das Öl auf 320 bis 350 Grad erwärmen können, es verdampft und wird sauber verbrannt.

    Dass Pflanzenöl sauber und vollständig verbrannt wird - das war das größte technische Problem. Fünf Jahre haben Mühlbauer und sein Mitarbeiter an der Lösung gefeilt, jetzt ist der Prototyp des Ökokochers fertig und sozusagen serienreif. Und funktioniert mit allen Pflanzenölen gleichermaßen: ob mit Soja, Raps-, Sonnenblumen, Kokos- oder Rhizinusöl. Vergleichsweise billige Rohstoffe, im Gegensatz zu dem Mineralöl, das in vielen Ländern in Südostasien, Südamerika oder Afrika teuer importiert werden muss. Und auch der Anbau der Pflanzen ist problemlos, sagt Elmar Stumpf:

    Agrarwissenschaftliche Untersuchungen in Guatemala haben ergeben, dass sie, wenn sie einen Mischanbau von Bohnen und Mais haben, wenn sie in diesen Mischanbau noch die Rhizinuspflanze pflanzen, dann gibt's nur minimale Verluste im Ertrag, das bewegt sich zwischen vier und fünf Prozent und darüber hinaus können sie auf einem halben Hektar, was durchaus eine Größe ist, die Kleinbauern zur Verfügung haben, ungefähr drei Viertel des Jahreskochenergiebedarfs einer Familie mit Rhizinusöl decken.

    Angesichts des Brennholzmangels, der weltweit in vielen Entwicklungsländern herrscht, eine echte Alternative. Denn Fakt ist: Die Bevölkerung wächst und damit auch der Bedarf an Brennholz. Allein auf den Philippinen verbraucht eine Familie durchschnittlich über zwei Tonnen Feuerholz im Jahr - das sind, gerechnet auf das ganze Land, über 38 Millionen Kubikmeter Holz. Werner Mühlbauer:

    Die Frauen, die das Brennholz sammeln, die müssen inzwischen in einigen Regionen bis zu zwanzig Kilometer laufen, um überhaupt noch Brennholz sammeln zu können, das Holz wird deshalb immer teurer, immer knapper und oft ist es so, dass das Essen weniger kostet als die Energie, die man benötigt, um es zu kochen. Dazu kommt: das Kochen über dem offenen Feuer, auf dem 3-Steine-Herd, ist gesundheitsschädlich: Die Frauen, die sind dort der gleichen Belastung ausgesetzt, wie wenn sie 200 bis 300 Zigaretten pro Tag rauchen würden und da können sie sich vorstellen, dass sich das auf die Atemwege auswirkt und auf die Augen.


    Die Emissionswerte des Hohenheimer Pflanzenölkochers hingegen entsprechen deutschen Standards und liegen, so Elmar Stumpf...

    ...hinsichtlich der Kohlenwasserstoffemission sowie der Kohlenmonoxidemission um den Faktor 500 bis 1000 niedriger wie die Emissionen vom offenen Holzfeuer.

    Kein Gestank und kein Ruß, dafür ist der Ökokocher Wok-geeignet und so stabil, dass der TÜV seine Freude daran hätte, meint Mühlbauer:

    Wir haben im Prinzip keine Abstrahlung mehr, d.h. die Frau kann sich nicht mehr so leicht verbrennen wie an anderen Geräten, nur der Teil, der heiß werden muss, nämlich der Kochtopf, wird warm, alles andere ist handwarm.

    Der Druckbehälter wird mittels einer Hand- oder Fahrradpumpe aufgepumpt, der Verdampfer mittels einer geringen Menge Spiritus vorgeheizt. Das ist erforderlich, weil beispielsweise Kokosöl erst bei 188 Grad verdampft, während Petroleum nur 88 Grad benötigt. Doch mit dreieinhalb Litern Pflanzenöl kann der Kocher dann bis zu 40 Stunden brennen. Und als wäre das alles nicht genug, ist der Ökokocher auch noch so konstruiert, dass er leicht zu reinigen ist und lange hält - Jahrzehnte, verspricht Elmar Stumpf. Erste Tests auf der Philippineninsel Leyte hätten zudem gezeigt, dass der Kocher bei der Bevölkerung gut ankomme. Und offensichtlich auch bei der Firma Bosch Siemens Hausgeräte - die ist an der Produktion des Kochers nämlich interessiert. Die Hohenheimer Erfindung - für knapp 2 Milliarden Menschen weltweit kann sie ein Fortschritt sein. Und für die Regenwälder eine echte Chance.