
Das Fernsehprogramm der BBC läuft bei Familie Simpson in Bochum den ganzen Morgen. Auf dem Frühstückstisch steht nur noch der Laptop und überträgt die Frühsendung aus Großbritannien. Die Müslischalen sind zur Seite geschoben. Das Handy liegt auf dem Tisch. Dort treffen ständig Nachrichten von Freunden aus Schottland ein. Doch schon früh war die Sache klar: eine Mehrheit gegen die Unabhängigkeit.
"Ich bin enttäuscht."
Der 40-jährige Douglas Simpson hätte sich die Unabhängigkeit für die Schotten sehr gewünscht. Der Berufsmusiker lebt zwar mit seiner Frau und zwei Kindern schon seit mehr als zehn Jahren in Deutschland, ist im Herzen aber weiterhin Schotte:
"Ich war lange Zeit dagegen. Meine Mutter und mein Bruder sind total dagegen. In der letzten Zeit habe ich meine Meinung geändert."
Unabhängiges Schottland stände alleine da
Seine Mutter Alice Simpson wohnt in der Nähe von Dundee. Sie ist gerade zu Besuch bei ihrem Sohn in Bochum und jetzt erst einmal sehr erleichtert. Sie macht sich Sorgen, dass ihr Land alleine dastehen könnte. "Wir kämpfen gegen den Islam" sagt sie. Weitere Gefahren drohen von den großen Blöcken Russland und China. Sie hat Angst, Schottland könnte in den weltweiten Konflikten gefährdet sein.
Ihr Sohn Douglas sieht sich vielmehr als Europäer. Und weil die anti-europäischen Tendenzen der Engländer bei der Europawahl so deutlich wurden, hat sich Simpsons Haltung verändert:
"Wenn Großbritannien weg von Europa ist, wäre es nicht besser, wenn Schottland weg von England ist? Das ist für mich wichtig. Ich arbeite und wohne in Europa. Ich arbeite und lebe da. Und wenn Schottland ein Teil davon sein kann, ist das ideal."
Das Abstimmungsergebnis von 55 Prozent gegen und 45 Prozent für die Unabhängigkeit, spiegelt auch in etwa das Verhältnis in der Familie. Zwei Kinder haben mit Ja, eines mit Nein abgestimmt, genauso wie die 16-jährigen Enkelinnen, erzählt Alice Simpson.
"Es ist ein tolles Land"
Douglas Simpson meint, man wird sich bald wieder einigen. In der Familie und in Schottland. Aber die Abstimmung über die Unabhängigkeit werde trotzdem Kreise ziehen:
"Das ist wichtig für ganz Europa. Nicht nur für die baskischen Regionen, für Italien, für Belgien. Europa hat einen Wake-Up-Call bekommen."
Auch in Großbritannien werden sich die Schotten nicht so einfach abspeisen lassen, meint er. Und den Stolz auf ihre Nation lassen sich die Schotten ohnehin nicht nehmen.
"Es ist schon ein tolles Land. Die Leute sind stolz. Egal was passiert."
Zum Feiern der Unabhängigkeit hatte er schon einen Sekt kalt gestellt. Der wird nun nicht getrunken. Seine Mutter hat aber einen guten Whisky aus Schottland mitgebracht. Von dem wollen sie gemeinsam einen Schluck nehmen.