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Schottische Regionalwahl
Im Schatten der Brexit-Debatte

Die Schotten sind Umfragen zufolge in der Mehrheit europafreundlich und gegen einen Austritt aus der EU, über den die Briten Ende Juni in einem Referendum abstimmen werden. Die Schottische Nationalpartei hofft, dass ihr diese Angst vor einem Brexit in die Hände spielt - morgen bei der Wahl zum schottischen Parlament.

Von Friedbert Meurer | 04.05.2016
    Der britische Premier sitzt während der Abschlusspressekonferenz zum EU-Gipfel in Brüssel vor einer Wand mit dem Schriftzug "europäisch".
    Gilt in Schottland als unsozial: Der britische Premierminister David Cameron. Am 23. Juni will er die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen lassen. (afp / Emmanuel Dunand)
    Ein Wahlspot der Schottischen Nationalpartei: Mhairi Black wirbt um die Stimmen der First Time Voters, der Erstwähler und –wählerinnen, deren Interessen von den Tories in London missachtet würden. Sie selbst wurde im Alter von nur 20 Jahren zur jüngsten Abgeordneten im britischen Unterhaus gewählt.
    Nicola Sturgeon, die schottische Regierungschefin von der SNP, ruft die Jungen zur Wahl auf. Erstmals dürfen 16- und 17-jährige das schottische Parlament mitwählen. 2013 hatte Sturgeons Partei das Wahlgesetz geändert. Junge Wähler begeisterten sich für die Idee von einer Unabhängigkeit. Und sie sind trotz der Niederlage weiter politisiert.
    "Wenn die Menschen ihre Meinung ändern, z. B. vor dem Hintergrund, dass uns die Tories aus der Europäischen Union herausreißen wollen gegen unseren Willen. Und wenn dann klar wird, die Unabhängigkeit ist zur Präferenz für eine Mehrheit der schottischen Bevölkerung geworden, dann hat kein Politiker das Recht, sich dem demokratischen Willen der Schotten in den Weg zu stellen."
    Ein zweites Referendum fordert also die Schottische Nationalpartei. Vielleicht, unter bestimmten Umständen, nicht jetzt, höhnt dagegen Kezia Dugdale, die Vorsitzende der schottischen Labour-Partei:
    "2011 haben in Ihrem Manifest auf Seite eins 15 Wörter ausgereicht, um ein Referendum zu fordern. Jetzt brauchen Sie in ihrem Wahlmanifest auf Seite 24 schon 210 Wörter dafür: Vielleicht ja, vielleicht nein, wir sind nicht sicher, vertraut uns oder fragt lieber die Meinungsforscher. Es gibt so viele Menschen, die vom Referendum und der Vergangenheit wegwollen."
    Ziel der Tories: das Vereinigte Königreich zusammenzuhalten
    Manche Beobachter meinen, die SNP könne froh sein, dass es 2014 nicht zur Unabhängigkeit gekommen ist. Das Thema bleibt so am Lodern. Die schottischen Nationalisten werden ihre Mehrheit im Parlament in Edinburgh noch weiter ausbauen. Es geht um die Plätze dahinter. Labour ist dabei in der größten Bedrängnis.
    Das war 2011, bei den letzten Regionalwahlen in Schottland. Labour verliert in einem Wahlkreis drei Prozent. Und das war nur der Auftakt. Die Unterhauswahl 2015 wurde zum Desaster. Einst hatte Labour in Schottland dominiert, letztes Jahr gingen mit zwei Ausnahmen alle Sitze an die SNP. Nun droht der einst stolzen Arbeiterpartei auch noch die Schmach, hinter den Tories auf Platz 3 im Parteienspektrum zurückzufallen.
    Ruth Davidson ist die Vorsitzende der schottischen Konservativen.
    "Viele Leute können sich nicht überwinden, konservativ zu wählen", fragt der Moderator. Ihr Problem ist, dass die Tories als scheußlich und unangenehm gelten, oder? ‑ Was wir sagen, ist, wir wollen etwas tun, und wenn Sie uns wählen, geht es nicht darum, ein Tory zu sein. Lasst uns darauf fokussieren, was für die Menschen wirklich wichtig ist."
    Camerons Politik gilt als unsozial
    Ruth Davidson ist in Schottland beliebt, sie lebt mit einer Frau zusammen, ist Kickboxerin – das entspricht nicht unbedingt dem gängigen elitären Tory-Klischee. Ihre Wahlkämpfer stellen sich lieber als Mitglieder des Team Ruth Davidson vor, als sich als ungeliebte Tories im linken Schottland zu outen.
    "Es ist eine Botschaft mit Herz und Verstand. Ich und andere kümmern uns leidenschaftlich darum, das Vereinigte Königreich zusammenzuhalten."
    Das nehmen die Schotten David Cameron, ihrem ungeliebten Premierminister, schon lange nicht mehr ab. Seine Politik gilt als unsozial und dann kamen auch noch zuletzt die Berichte über ein anrüchiges privates Konto in einer Steueroase auf den Bahamas. In den letzten Wochen hat sich Cameron nördlich der Grenze zu Schottland jedenfalls kaum mehr blicken lassen.