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Schreiben statt sprechen

Technik. – Die Verkehrsdichte auf vielen Flughäfen steigt rasant an, so stark, dass die Kommunikationsinfrastruktur damit nicht Schritt halten kann. Schon heute dauert es bis zu 30 Sekunden, bis sich Tower und Piloten per Funk über einzelne Schritte verständigt haben, weil die Frequenzen dicht sind. Am Münchener Flughafen wird die Entlastung per Email erprobt.

Von Wolfgang Nitschke | 24.10.2005
    So geht es im Luftverkehr weltweit zu - der Fluglotse gibt den Piloten Anweisungen, die Piloten müssen die Anweisungen bestätigen. Oder: Ein Pilot fragt beim Tower nach der Startgenehmigung, der Tower bestätigt die Frage und teilt dem Piloten dann eine Startbahn zu. Doch das kann an großen Flughäfen dauern, erklärt Martin Köppl von der Deutschen Flugsicherung.

    "Zu bestimmten Tageszeiten, ist der Luftverkehr sehr hoch. Sprechfunkverkehr funktioniert nach dem Prinzip des Walkie-Talkies - alle können zuhören, aber gezielt kann die Flugsicherung immer nur mit einem Piloten sprechen. Das heißt, zu bestimmten Zeiten kann es durchaus vorkommen, dass ein Pilot, der an die Flugsicherung eine bestimmte Anforderung hat, mehrmals versuchen muss, auf eine hoch frequentierte Radiofrequenz zu kommen, um seine Anforderung an die Flugsicherung los zu werden. Also wenn wir am Beispiel dieses Arbeitsplatzes, an dem die Anlassfreigabe für den Piloten erteilt wird, und der Pilot die Anweisung bekommt, wie er den Flughafen zu verlassen hat, dann kann diese Anweisung und das Zurücklesen des Piloten, was notwendig und vorgeschrieben ist, um Missverständnisse zu vermeiden, bis zu 30 Sekunden in Anspruch nehmen. Und wenn man am Münchener Flughafen von ca. 500 Abflügen am Tag ausgeht, dann weiß jeder sofort, wie lange das insgesamt über den Tag verteilt dauern kann."

    Schriftlich jedoch geht die Sache schneller - der Pilot schickt eine Art E-Mail an den Tower und bekommt die Anweisungen direkt auf seinen Monitor, kann also auch immer ein zweites Mal nachlesen, was die Flugsicherung geschrieben hat. Natürlich kommunizieren Flugzeug und Tower nicht über das normale Internet - auch die schriftlichen Mitteilungen werden über Funkfrequenzen übertragen, aber eben deutlich schneller als ein Gespräch. Im Flugverkehr reicht es aber nicht schnell zu sein - ein solches Kommunikationssystem muss hundertprozentig funktionieren und darf nie abstürzen. Köppl:

    "Das ist natürlich ein ganz wesentlicher Faktor, den wir betrachten müssen. Und aus diesem Grunde gibt es bei solchen Systemen eine so genannte Sicherheitsbewertung. Wie sicher läuft so ein System? Sind Zugriffe von außen möglich? Das System läuft ausgesprochen sicher, das sind die ersten Erfahrungen die wir dazu sagen können, es läuft sehr stabil, also diesbezüglich haben wir gar keine Probleme."

    Welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, ist natürlich Geschäftsgeheimnis, aber unabhängig von technischen Sicherheitstools - im Flugverkehr sind Nachrichten schon deshalb kaum zu fälschen, weil alles quittiert werden muss. Würde jemand von außen einem Piloten eine Nachricht schicken, bekommt der Tower eine Quittung für eine Anweisung, die er nicht erteilt hat und die Sache fliegt auf. Noch wird Datalink für die Kommunikation zwischen Flugsicherung und Pilot nur am Boden verwendet - in der Luft wird gefunkt. Aber Wetterdaten und ähnliche Zusatzinformationen für die Passagiere können entsprechend ausgerüstete Maschinen schon heute auch in der Luft schriftlich anfordern. In Zukunft soll aber auch in der Luft die Kommunikation in schriftlicher Form möglich werden - überall auf der Welt - Anfragen gibt es auch von Fluggesellschaften und Flughäfen aus Entwicklungsländern. Martin Köppl warnt aber vor Aktionismus:

    "Luftverkehr wird nach bestimmten Standard abgewickelt, was die Sicherheit angeht und zwar in alle Richtungen. Das wird immer die Betrachtungsweise sein, wie kann ich meine Sicherheitsstandards halten. Aber ich bin mir sicher, dass Datalink, in dieser Form, wie wir es jetzt haben, nicht das Ende der Fahnenstange sein wird. Da ist technisch sicherlich mehr drin."

    Immerhin 30 Prozent der Abflüge in München werden inzwischen schon über Datalink abgewickelt - Tendenz steigend.