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Schritt für Schritt

Als Nicolas Berggruen am 8. Juni den Kaufvertrag für die Karstadt-Kette unterschreibt, sind zunächst alle erleichtert. Ob das Traditionsunternehmen aber auch weiterhin die Türen für seine Kunden öffnen kann, könnte sich an den Mieten entscheiden. Ohne Mietnachlass, das machte Berggruen bald klar, platzt der Handel.

Eine Sendung von Friederike Schulz und Helmut Frei | 28.07.2010
    Wie immer am Abend ist die Fußgängerzone auf der Breiten Straße in der Kölner Innenstadt gut besucht. Die Passanten gehen mit schnellen Schritten vorüber, einige schieben ungeduldig die großen Schwingtüren von Karstadt auf, um vor Ladenschluss schnell noch ein paar Besorgungen zu machen. Mechthild Lenzen und ihr Mann haben dagegen schon alles eingekauft, mit einer großen Karstadt-Tüte verlässt das Ehepaar das Warenhaus.

    "Das Angebot ist ganz gut hier, ich kaufe schon mal was in der Lebensmittelabteilung und oben in der Dekorationsabteilung und Handtücher, das kaufe ich gerne hier."

    Seit heute Mittag sind die Chancen wieder gestiegen, dass das Traditionsunternehmen auch weiterhin die Türen für seine Kunden öffnen wird. Endgültig entschieden ist aber noch nichts. Und wahrscheinlich wird es bis zu einer Einigung mit allen Gläubigern auch noch viel länger dauern als geplant. Bisher hieß es, dass die Zitterpartei für die Beschäftigten am 10. August vorüber sein sollte. Bis zu diesem Termin hatte das Amtsgericht Essen den Parteien Zeit gegeben, alles unter Dach und Fach zu bringen. Nun wird diese Frist wohl wieder verstreichen – es ist die vierte.

    Aber immerhin: Ein Teil der Gläubiger hat heute zugestimmt, dass "Highstreet", der Besitzer der Karstadt-Immobilien, dem Investor Nicolas Berggruen bei einer wesentlichen Forderung entgegenkommen kann: Der Miethöhe.

    Die Miete für die Karstadt-Warenhäuser liegt, je nach Standort, bei bis zu 23 Prozent des Umsatzes – dabei gelten in der Branche zehn Prozent als Obergrenze. Ohne Mietnachlass, das machte Berggruen klar, platzt der Handel.

    Das aber würde aller Voraussicht nach für das Unternehmen bedeuten: Karstadt in seiner jetzigen Form wird zerschlagen. Und für den Vermieter Highstreet: viele leer stehende Immobilien. Denn einen Nachmieter für die riesigen Warenhausklötze in deutschen Innenstädten zu finden, ist alles andere als einfach.
    Der Vermieter, Highstreet, hatte deshalb angeboten, die Miete für die kommenden drei Jahre um 160 Millionen Euro zu senken und dann noch mal um 230 Millionen. Dem Konsortium – hinter dem unter anderem die Deutsche Bank und Goldman Sachs stehen, gehören 86 der 120 Karstadt-Immobilien.

    Doch Highstreet konnte diese Entscheidung nicht allein fällen. Es brauchte wiederum die die Zustimmung seiner Geldgeber – darunter auch die der Essener Valovis Bank. Früher: Karstadt-Hypothekenbank.

    Die aber fürchtet bei der Festschreibung der niedrigeren Mieten im Grundbuch um die Rückzahlung ihres 850 Millionen Euro Kredits. Doch damit Karstadt gerettet werden kann, muss auch sie noch zustimmen.

    Zu hohe Mieten. Für Karstadt ein altes Problem. Die horrenden Kosten für die Immobilien hatten schon maßgeblich dazu beigetragen, dass der Mutterkonzern Arcandor Insolvenz anmelden musste – 20 Prozent des Umsatzes sind selbst für ein florierendes Unternehmen kaum zu stemmen. Dabei sollte es eigentlich ein Befreiungsschlag für den verschuldeten Konzern sein, als er seine Immobilien verkaufte, um sie zurückzumieten. So verkaufte es jedenfalls der damalige Konzernchef Thomas Middelhoff im Dezember 2005.

    "Diese Transaktion, die wir erwägen, wird dazu führen, dass der Konzern Ende 2006 schuldenfrei sein wird. Das heißt für alle diejenigen, die das Wort 'angeschlagen' so lieben, dass sie es irgendwann in die Schublade zurückschieben müssten."

    Mit dem Verkauf der Immobilien ist Middelhoff damals zwar die Schulden tatsächlich los, muss aber die Häuser fortan für 280 Millionen Euro im Jahr zurückmieten. Dennoch bezeichnet er Arcandor bis zu seinem Abgang Anfang 2009 als Erfolgsmodell. Sein Nachfolger, Karl-Gerhard Eick, merkt schnell, dass er auf einem riesigen Schuldenberg sitzt und nichts mehr zu retten ist. Der Ruf nach Staatshilfen verhallt ungehört – im Juni 2009 folgt die Pleite.

    "Für die Mitarbeiter bedeutet das zunächst mal keinen Arbeitsplatzverlust. Wir werden dafür kämpfen, dass so wenig wie möglich Arbeitsplätze verloren gehen. Und eines ist auch sicher: Die Mitarbeiter, die wir am Ende des Insolvenzverfahrens bei uns noch beschäftigen, sind sicherer als bei unseren Wettbewerbern."

    Kurze Zeit später wirft Eick das Handtuch, nicht ohne eine Abfindung in Millionenhöhe mitzunehmen. Seither hat der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg das Sagen. Der studiert die Bilanzen und schüttelt den Kopf: Sein Team habe mit der Lupe nach Substanz gesucht, aber nichts gefunden. Görg versucht dennoch, eine Zerschlagung von Karstadt zu verhindern und findet schließlich einen solventen Interessenten: Nicholas Berggruen. Einen smarten, undurchschaubaren Milliardär, der uneigennützig 25.000 Arbeitsplätze retten will. Als Nicolas Berggruen am 8. Juni den Kaufvertrag unterschreibt, wechselt er entgegen seinen Gewohnheiten tatsächlich ein paar Worte mit den wartenden Journalisten.

    "Es freut mich, hier zu sein. Leider ist mein Deutsch nicht so gut, deswegen sage ich nur ein bisschen. Ich will sagen, dass wir vorwärts gehen mit Karstadt, das finde ich sehr aufregend – für Karstadt und auch für mich und meine Gruppe."

    Die Nachricht war eine Überraschung: Den Namen Berggruen verband die deutsche Öffentlichkeit bis dahin eher nicht mit der Sanierung von Warenhäusern. Bekannt war vor allem Berggruen Senior – der jüdische Kunstsammler und Mäzen, der im Jahr 1936 in die USA emigrierte. Nicolas Berggruen ist der ältere von zwei Söhnen aus zweiter Ehe. Jahrgang 1961. Der Retter von Karstadt kokettiert damit, nicht gern shoppen zu gehen und nur fünf Anzüge und zehn weiße Hemden zu besitzen. Eine eigene Wohnung hat er nicht, er lebt in Hotels zwischen San Francisco, Berlin und Los Angeles. Die Distanzen dazwischen bewältigt er mit seinem Privatflugzug. Sein Vermögen wird auf 2,2 Milliarden Dollar geschätzt.

    Trotz seines Erfolgs steht Nicolas Berggruen nicht gern im Rampenlicht, das Interesse an seiner Person im Zusammenhang mit Karstadt scheint ihm regelrecht peinlich zu sein, gesteht er im Interview mit der ARD.

    "Wir haben angefangen mit Karstadt, ich habe nie gedacht, dass das so eine große Sache sein wird hier in Deutschland. Ich bin da ein bisschen embarrassed, weil das nicht die Idee ist. Ich bin an positivem Wandel und Taten interessiert, nicht so sehr an Image."
    Ob Berggruen den Wandel tatsächlich herbeiführen kann, muss er erst noch beweisen. Immerhin, die Etappen seiner bisherigen Karriere klingen wie die Verwirklichung des amerikanischen Traums: Nach Abschluss eines Bachelors in International Business and Finance in New York arbeitet er als Immobilienhändler, ehe er sich selbstständig macht. Er kauft Aktien, Immobilien und marode Unternehmen. 1984 gründet er seine Immobilien-Holding und einen lukrativen Hedgefonds. Einer seiner großen Erfolge ist die Sanierung des Brillenherstellers FGX International, den er für acht Millionen Dollar erwirbt und nach ein paar Jahren für 400 Millionen verkauft. Später wird er Präsident einer sogenannten Blanko-Scheck-Gesellschaft, deren einziger Zweck es ist, das Geld ihrer Anleger zu vermehren, ohne dass die erfahren, womit. Börsenwert des Unternehmens: eine Milliarde Dollar.

    Ihn deswegen als profitorientierten Spekulanten abzustempeln, der sein Geld mit undurchsichtigen Börsengeschäften verdient, greift jedoch zu kurz. Berggruen beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Philosophie, hat ein Forschungsinstitut gegründet, das sich der Stärkung demokratischer Institutionen verschrieben hat und saniert mit Vorliebe verfallene Gründerzeitbauten in Berlin. 2007 kauft er den insolventen Möbelhersteller Schieder und macht sich so auch in Deutschland einen Namen als Retter in der Not. Das ist vielleicht auch der Grund, warum die 25.000 Karstadt-Mitarbeiter nur zu gern seinem Versprechen glauben wollen.

    "Das Herz hängt ja an der Firma. Ich bin jetzt schon lange dabei, viele Kollegen draußen sind schon lange dabei; und die machen sich einfach Sorgen um ihre Zukunft."

    Michael Markowski, ist Betriebsratsvorsitzender bei Karstadt in Stuttgart. Warenhaus und Sporthaus, zusammen 380 Beschäftigte. Das Geschäft läuft. Eigentlich gute Aussichten. Michael Markowski ist ehrlich. Ihm persönlich wäre ein anderer Investor lieber gewesen. Das Konsortium Highstreet, dem ja auch viele der Immobilien gehören. Weil mit Highstreet möglicherweise der italienische Unternehmer Borletti ins Boot gekommen wäre. Und der ist anders als der junge Berggruen kein Greenhorn in Sachen Warenhaus, sondern ein alter Fuchs. Zur Borletti-Gruppe gehören unter anderem die italienischen Kaufhäuser Rinascente sowie der Pariser Konsumtempel Printemps mit seinen Niederlassungen.

    Und dieser Erfahrungen könnte sich als entscheidender Faktor erweisen. Denn das Warenhausgeschäft ist schwierig geworden, überall in Europa. Das alte Warenhausmotto "Tausendfach alles unter einem Dach" hat ausgedient. Es funktionierte in Zeiten des Mangels, als allein schon die reine Warenfülle ein Argument war. Heute herrscht Überfluss und die Warenhäuser müssen sich in dieser Warenwelt neu orientieren: Ungelenke Ozeandampfer, die sich gegen moderne Containerfrachter und schnittige Kreuzer behaupten müssen. Deutschland ist da keine Ausnahme, sagt Michael Gerling vom Europäischen Handels-Institut EHI in Köln.

    "Wir hatten schon mal Marktanteile der Warenhäuser, die an die 20 Prozent herangingen. Heute sind wir bei einem Marktanteil von weniger als drei Prozent angekommen."

    Damals in der Nachkriegszeit gab es noch keine Einkaufszentren auf der Grünen Wiese. Die Warenhäuser hatten Hochkonjunktur und führten sogar Teppiche, Möbel, Lampen. Nicht nur Badehosen, sondern auch Luftmatratzen und Zelte, Wolle und Strickmaschinen für den Hausgebrauch. Mit den Warenhäusern kamen Neuerungen wie Wühltische und Sonderangebote, Schnellrestaurants und Selbstbedienung endlich auch in der Provinz an. Sogar die bürgerliche Sittsamkeit halfen Warenhäuser zu lockern, indem sie Miederwaren, sogenannte Reizwäsche, offen ausstellten, was für alteingesessene Geschäfte unvorstellbar gewesen wäre. Claudia Kuitert-Glück erinnert sich daran, wie ihre Stadt endlich ein richtiges Warenhaus bekam - mit mehreren Stockwerken und zahlreichen Abteilungen.

    "Rolltreppen gab´s dann die erste in Tuttlingen. Des war scho a tolles Gefühl, jo. Mir hett dacht, jetzt passiert mal etwas in Tuttlingen, der Fortschritt oder so, aber s´isch eigentlich eher negativ, s´sich rückwärts ganga eher, die ganze Jahre dann."

    Vor einem Jahr dann der große Schock. Im württembergischen Tuttlingen und in vielen anderen Städten schließen die Hertie-Warenhäuser für immer. Ein britischer Investor hatte sie erst wenige Jahre zuvor von Karstadt übernommen. Aber auch Karstadt und Kaufhof geben Standorte auf. Offenbar schrumpft die Warenhaus-Branche derzeit auf eine Größe, die sie vor der schier uferlosen Expansion der 1960er und 70er-Jahre hatte. Schließungsgefährdet sind bei Kaufhof wie Karstadt nicht erst seit heute Standorte, an denen sich beide Unternehmen beispielsweise in einer Fußgängerzone direkt Konkurrenz machen.

    Die Warenhäuser wetteifern aber nicht nur unter sich um dieselbe Kundschaft. Ihr Revier ist die breite Mitte der Gesellschaft. Sie konkurrieren auch mit Discountern und trendigen Fachgeschäften. Es wird gefährlich eng, meint Michael Gerlach vom Europäischen Handels-Institut EHI in Köln:

    "Die Mitte ist eigentlich im Moment der gefährdete Bereich. Wenn wir gucken, was am Markt funktioniert, dann sehen wir, dass Premium-Konzepte gut funktionieren – wirklich ganz hochwertig. Und wir sehen, dass absolut preisaggressive Konzepte wunderbar funktionieren. Ich denke, die Kaufhäuser müssten auch versuchen, sich etwas hochwertiger zu positionieren. Das bringt der Standort mit sich, das bringt die Serviceerwartung der Kunden mit sich. Man kann nicht mit Discountern mithalten im Preis, das ist absolut unmöglich; man muss versuchen, nach oben Anschluss zu halten. Und ich red' jetzt nicht vom absoluten Premium-Segment wie KaDeWe, aber man muss besser sein als der Durchschnitt im Markt."
    Da kann Werner Studer nur beipflichten. Er ist Geschäftsführer der IGDS, einer Organisation, in der führende Warenhausunternehmen der Welt zusammengeschlossen sind.

    "Es bewegt sich eben der gesamte Markt. Gerade Karstadt hat eigentlich einen guten Job in der Mitte immer gemacht, mussten sich aber auch nach oben ausdehnen, um mit den Kunden zu gehen."


    Und so bewegte sich Karstadt in den vergangenen Jahren ständig zwischen mehreren Konzepten. Es gab die kleinen und oft vernachlässigten Filialen, die ein britischer Investor unter dem Namen Hertie weiterführte und dann aufgeben musste, aber auch die sogenannten Premiumhäusern KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München.

    An diesem Ende des Spektrums soll nichts an die schnöde Karstadt-Wirklichkeit erinnern. Der neue Investor will sie nun in eine eigene Gruppe ausgliedern. Kritiker werfen Nicholas Berggruen deshalb vor, er wolle in Wirklichkeit den Konzern zerschlagen: in einen imageträchtigen, lukrativen Teil und den unattraktiven ertragsschwachen Rest. Dabei umfassen Warenhausmarken wie Karstadt seit jeher sowohl berühmte Warentempel in der Großstadt als auch provinzielle Durchschnittsfilialen.

    Aber viele Warenhausmanager haben offenbar ihre Zielgruppe aus dem Blick verloren. Unten im Erdgeschoss wird auf billig gemacht und oben auf edel. Vieles passe nicht zusammen, sagt Werner Studer aus Zürich:

    "Was schiefgelaufen ist, meiner Ansicht nach, ist dieses Auseinandertriften vom Topmanagement und dann, was auf der Fläche passiert. Ich sag jetzt ein bisschen übertrieben: Das Headquarter, das entscheidet alles; und auf der Fläche, die sollen dann mal ausführen, nicht."

    Anspruch und Wirklichkeit driften im Warenhaus also oft auseinander, beklagt Joachim Zentes von der Universität Saarbrücken.

    "Eines der zentralen Probleme war und ist, dass man zwar zum Teil in der Tat exklusive Ware vorfindet, sie finden aber auf der Fläche kaum noch einen, der sie überhaupt beraten kann, geschweige denn kompetent beraten kann."

    Viele Warenhäuser haben zunehmend auf schlecht ausgebildete und preiswerte Hilfskräfte gesetzt. Statt auf Fachpersonal wie Helga Bollmoor. Seit vielen Jahren arbeitet sie in der Strumpfabteilung des Warenhauses Sämann in der Provinzstadt Mühlacker. Zurückhaltend müsse sie sein, aber jederzeit ansprechbar.
    "Mir bediene unsere Leute – und des schätzet die natürlich au und kommet durch des au gern hierher. Wenn die Leute nicht bedient werra möchtet, geht mer dann weg; mer isch ja da, wenn was braucht wird."

    Wie viele Warenhäuser hat auch Sämann in Mühlacker das Sortiment gestrafft. Teppiche und Lampen gibt es schon lange nicht mehr, dafür aber eine respektable Abteilung für Bademode und Unterwäsche, die einen Hauch von Großstadt ins ländliche Mühlacker bringt. Für den Einzelhandelsforscher Andreas Kaapke ist das der richtige Weg:

    "Wenn das Warenhaus schafft, in zwei, drei Warengruppen die Nummer eins, zwei oder drei zu sein, dann hats ne Chance. Wenn ich überall nur der fünfte Anbieter bin, das ist auf Dauer zu wenig."

    Allerdings wäre es in vielen Fällen für Warenhäuser fatal, sich nur auf Mode zu spezialisieren. Denn längst haben Firmen wie Hennes und Mauritz oder Zara die Fußgängerzonen erobert.

    Für die großen Warenhäuser bleibt daher nur, ihr Sortiment zu straffen, aber dennoch vielfältig zu bleiben:

    "Das Warenhaus in Deutschland ist immer noch ein Warenhaus mit einem sehr breiten Sortiment. Wenn wir in die USA zum Beispiel schauen, dann haben wir bei den Warenhäusern sehr konzentrierte Sortimente. Im Wesentlichen auf Mode, dann auf Wohnaccessoires. Und das war's dann eigentlich schon. Wir haben heute immer noch Bücher in unseren Warenhäusern, Schreibwaren, Porzellan, Juwelierartikel und, und, und. Also immer noch ein breites Sortiment."

    Mit welchem Konzept Nicolas Berggruen dafür sorgen will, dass die 120 Karstadt-Filialen wieder schwarze Zahlen schreiben, ist bislang unklar. Das Exposé, das der Investor dem Gläubigerausschuss präsentierte, wirkt reichlich dünn. Es umfasst gerade mal neun Seiten. Zum Businessplan heißt es, man strebe eine "Fokussierung auf die Bereiche Fashion, Living, Sports, Personality" an. Die Läden sollten modernisiert und die Zusammenarbeit zwischen Filialen und Zentrale neu organisiert werden – nach ausgetüftelter Strategie klingt das nicht.

    "Wir wollen zwar global denken, aber lokal handeln. Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich durch ein partnerschaftliches Miteinander aller Stake-Holder, insbesondere der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Berggruen plant deshalb: Abläufe zu entbürokratisieren und damit für den Einzelnen Zusammenhange transparenter zu machen."

    Es war daher wohl vor allem die Zusage, dass er keine weiteren Häuser schließen wolle, die den Gläubigerausschuss für ihn stimmen ließ. Dazu sein finanzieller Hintergrund: 2,2 Milliarden Euro stehen wohl einfach für sich. 240 Millionen Euro will Nicolas Berggruen in den kommenden drei Jahren in Karstadt investieren. Zudem hat er angedeutet, dass er im Notfall bereit ist einzuspringen, sollte zusätzlicher Liquiditätsbedarf entstehen.

    Kurz nach 20 Uhr in der Kölner Fußgängerzone. Ein Karstadt-Mitarbeiter schließt die Tür des Warenhauses ab. Mechthild Lenzen und ihr Mann sitzen mit ihren Einkäufen beim Italiener nebenan und trinken Cappuccino. Die Rentnerin sieht den letzten Kunden nach, die mit großen Karstadt-Tüten bepackt zur U-Bahn gehen. Wäre schade, wenn es das Haus bald nicht mehr geben würde, sagt sie.